Uli Hoeness spricht über die Transferpläne des FC Bayern und stellt klar: Weitere neue Spieler gibt es erst bei Verkäufen. Der sportlichen Leitung macht er es damit nicht unbedingt einfacher.

Eine Analyse
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Erstaunlich ruhig ging es zuletzt beim FC Bayern zu. Mit Hiroki Ito tüteten Sportvorstand Max Eberl und Sportdirektor Christoph Freund einen Transfer ein, den wohl niemand so wirklich auf dem Zettel hatte. Hinzu kamen die beiden Starverpflichtungen von Michael Olise und Joao Palhinha.

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Der gross angekündigte Umbruch beim FC Bayern, er schreitet voran. Und all das ohne allzu grosse Störgeräusche.

Für diese könnte nun aber Bayerns Ehrenpräsident Uli Hoeness sorgen – wieder einmal. Beim Besuch des Amateurklubs SV Seligenporten am vergangenen Wochenende sprach der Bayern-Patron vom Tegernsee über viele Themen, unter anderem auch über die Transferpolitik des deutschen Rekordmeisters.

"Wir haben beim FC Bayern keinen Geldscheisser."

Uli Hoeness, Ehrenpräsident des FC Bayern

"Der Max Eberl und der Christoph Freund wissen ganz genau, dass nur dann weitere neue Spieler zum FC Bayern kommen können, wenn der eine oder andere prominente Abgang verzeichnet wird. Wir haben beim FC Bayern keinen Geldscheisser", sagte Hoeness dem "Kicker" zufolge. Für die drei bisherigen Neuzugänge haben die Münchner schon knapp 130 Millionen Euro ausgegeben.

Uli Hoeness
Uli Hoeness bei der Veranstaltung in Seligenporten. Unter anderem sprach Bayerns Ehrenpräsident über die Transferpolitik der Münchner. © IMAGO/Sportfoto Zink/Wolfgang Zink

"Ich habe die letzten Tage ständig davon gelesen, da kommt der für 90 Millionen, der für 50 und der für das", sagte Hoeness und stellte klar: "Das ist alles Blödsinn! Es kommt überhaupt kein Spieler mehr, wenn nicht vorher ein, zwei oder drei Spieler gehen."

Wenn kein Spieler mehr verkauft werden würde, "können wir demnächst mit einem Gelenkbus zu den Spielen fahren", sagte Hoeness über die Neuzugänge, die für einen vermeintlich grösseren Kader sorgen. Dass mit Eric Maxim Choupo-Moting und Bouna Sarr aufgrund nicht verlängerter Verträge aber auch schon zwei Spieler weg sind, hatte Hoeness bei seiner flammenden Transfer-Rede unerwähnt gelassen.

Etliche Spieler gelten beim FC Bayern als Verkaufskandidat

Viele Topstars, auch vermeintlich unumstrittene Spieler, sind infolge des angepeilten Umbruchs im Team längst nicht mehr unantastbar. So gehören unter anderem Kingsley Coman, Matthijs de Ligt, Dayot Upamecano, Leon Goretzka, Serge Gnabry, Alphonso Davies und auch Joshua Kimmich zu den möglichen Verkaufskandidaten.

Auch Sportvorstand Eberl stellte nun nochmals klar, dass beim FC Bayern kaum noch ein Spieler eine Stammplatz-Garantie habe. Es gelte "einfach ganz generell, dass der Profifussball ein Leistungssport ist – wir können keinem Spieler per se sagen: 'Hey, du bist der, der gesetzt ist'", sagte Eberl der "Welt am Sonntag" in Richtung Kimmich oder Goretzka.

Mit Kimmich habe man sich laut Eberl "darauf verständigt, dass wir nach seinem Urlaub miteinander reden. Dass Joshua grosse Verdienste für den FC Bayern hat, steht ausser Frage. Trotzdem muss jeder beim FC Bayern den Kampf um den Stammplatz annehmen."

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Hoeness-Aussagen könnten Eberls Verhandlungen erschweren

So oder so: Wirklich leichter ist das Projekt Kaderumbruch für Eberl und Freund nach den neuesten Hoeness-Aussagen nicht geworden. Im Gegenteil: Denn spätestens jetzt dürfte jeder interessierte Klub wissen, dass die Bayern Spieler verkaufen müssen. Die Ablöse könnte dadurch gedrückt werden. Die Verhandlungsposition für den deutschen Rekordmeister ist bei möglichen Spielerverkäufen jedenfalls nicht besser geworden.

Auch auf die Verhandlungen mit möglichen Wunschspielern könnte sich die Transfer-Aussage von Hoeness auswirken. Denn Spieler und Berater wissen nun, dass Eberl und Freund vorerst die Hände gebunden sind – sollten keine Spieler verkauft werden. Anvisierte Wunschtransfers wie der von Oranje-Star Xavi Simons könnte damit erstmal ins Stocken geraten. Im schlechtesten Fall geht die Spielerseite dann mit anderen Interessenten ins Gespräch.

Wieder einmal wird der Bayernführung die Arbeit durch einen öffentlichen Hoeness-Auftritt erschwert – denn wirklich notwendig waren die Aussagen zu den Transferplänen der Münchner eigentlich nicht.

Ähnlich lief es auch, als Hoeness vor einigen Monaten den damaligen Bayerntrainer Thomas Tuchel öffentlich kritisiert hatte und ihm vorwarf, zu wenig auf junge Spieler zu setzen. Auch zur monatelangen Trainersuche beim FC Bayern hatte sich der Bayern-Patron geäussert.

"Alles, was er macht, macht er immer für den FC Bayern".

Max Eberl in der "Welt am Sonntag" über Uli Hoeness

Trotzdem nimmt Eberl den Ehrenpräsidenten in Schutz. Er wolle "mit allem Nachdruck klarstellen, dass er zuletzt viel zu oft Kritik ausgesetzt war – beispielsweise im Zusammenhang mit der Trainersuche oder bei angeblich angedachten Spielertransfers –, die nicht nur falsch, sondern auch noch völlig unangebracht war. Alles, was er macht, macht er immer für den FC Bayern", sagte Eberl der "Welt am Sonntag" – also noch vor den Aussagen von Hoeness in Seligenporten.

Dass der Verein "hier unter solchen Voraussetzungen" arbeiten kann, sei "nicht zuletzt Uli Hoeness zu verdanken", betonte Eberl. Und gerade der 72-Jährige sei es auch gewesen, der "dem FC Bayern durch seinen jahrzehntelangen Einsatz diesen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber vielen anderen Bundesligisten erarbeitet hat".

Deshalb befinde sich der deutsche Rekordmeister in diesem Sommer "in einer komfortablen Situation", sagte Eberl: "Zwar muss am Ende der Transferperiode auch bei uns das Verhältnis zwischen Ein- und Ausgaben stimmen, denn das ist die wirtschaftliche DNA des FC Bayern. Aber wir können es uns auch mal erlauben, erst zu kaufen, ohne schon vorher Spieler verkauft zu haben."

Eberl spricht von intensivem Austausch mit dem Aufsichtsrat

Den Austausch mit dem Aufsichtsrat, dem auch Hoeness und der frühere Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge angehören, bezeichnete Eberl als "intensiv". Der sportlichen Leitung werde "durch sie die Kraft gegeben, Dinge zu entscheiden. Wir wären naiv und dumm, würden wir uns von ihnen keinen Rat holen. Uns allen geht es um den Erfolg, deshalb ist es wichtig, dass wir uns alle Gedanken machen, wie wir ihn erreichen und welchen Weg wir gehen wollen."

Uli Hoeness
Uli Hoeness äusserte sich nach einer mehrmonatigen Pause gewohnt deutlich zu den aktuellen Themen beim FC Bayern. © IMAGO/Sportfoto Zink/Wolfgang Zink

Von einem "radikalen Umsturz" in Bezug auf den Kader will Eberl nicht sprechen. Ein "anderer Wind" wehe "aufgrund neuer Verantwortlicher" aber schon. Denn neben Eberl steht mit Vincent Kompany auch ein neuer Trainer an der Seitenlinie der Münchner.

Auch wenn öffentlich möglicherweise nichts davon zu hören sein wird: Intern dürfte der Hoeness-Auftritt bei Eberl und Freund nicht gerade für Freudensprünge gesorgt haben. Nach der titellosen und damit enttäuschenden Saison wird die schwierige Aufgabe der Neuausrichtung beim FC Bayern nun noch schwerer als ohnehin schon.

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