Leon Goretzka hat beim FC Bayern München eigentlich kaum eine Perspektive, erzielte aber am Dienstag gegen Dinamo Zagreb als Einwechselspieler ein Tor. Ob er sich doch zurück in die Mannschaft kämpft? Das Beispiel Serge Gnabry beweist, dass dies möglich ist.

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Er liess sich keine Emotionen anmerken. Nachdem Leon Goretzka am Dienstagabend im Spiel gegen Dinamo Zagreb den Ball zum 9:2 ins Tor geköpft hatte, verzichtete er zunächst auf das Jubeln. Umso mehr freuten sich die Mitspieler mit ihm. Aleksandar Pavlović konnte ihm dann sogar ein Lächeln und ein paar Faxen entlocken.

Bei den Fans geniesst Goretzka weiterhin einen hohen Stellenwert. Dies zeigte sich nicht nur daran, dass sein Treffer von den Zuschauern besonders laut gefeiert wurde. Beim Auslaufen gab es erneut Sprechchöre für ihn. Der 29-Jährige schien beim FC Bayern eigentlich keine Zukunft mehr zu haben. Hat sich das möglicherweise geändert?

"Er ist wichtig für uns, er wird auch noch wichtig sein. Er ist beliebt in der Mannschaft", erklärte Trainer Vincent Kompany bei DAZN und lobte die Arbeitseinstellung von Goretzka: "Es gäbe keine Möglichkeit, in die Mannschaft reinzukommen, wenn man nicht alles dafür tut. Er macht das gut, die anderen machen das auch gut."

Konkurrenzkampf: Fünf Spieler für zwei Positionen

Klar ist, dass der FC Bayern im zentralen bzw. defensiven Mittelfeld ein Überangebot an Spielern hat. Für zwei Positionen gibt es fünf Kandidaten. Kompany sprach am vergangenen Wochenende auf Nachfrage unserer Redaktion von einem "Luxus. Wir haben mit (Joao) Palhinha einen sehr guten Spieler, (Joshua) Kimmich war auch topp, wir haben Konrad Laimer, dann mit Aleksandar Pavlović ein überragendes Talent, und auch Leon Goretzka, ganz wichtig."

Da Kimmich als Dreh- und Angelpunkt im Spiel des FC Bayern gesetzt ist, konkurrieren vier Mitspieler um den Platz an seiner Seite. Pavlovic scheint dafür momentan erste Wahl zu sein, Sommer-Neuzugang Palhinha die Alternative. Goretzka und Laimer sind daher Stand heute nur Ergänzungsspieler.

"Ich glaube nicht, dass es am Trainer liegt", sagte der frühere Bayern-Spieler und heutige DAZN-Experte Michael Ballack. "Der Trainer lässt immer die elf besten Spieler spielen. Und dann die Spieler, die es verdient haben, reinzukommen. Es war eine vereinspolitische Entscheidung, in der Sommerpause ihm nahezulegen, den Verein zu verlassen."

Sportvorstand Max Eberl erklärte am vergangenen Sonntag im "Doppelpass" von "Sport1" noch einmal die Situation: "Pavlovic hat sich im Zentrum zum Stammspieler und deutschen Nationalspieler entwickelt. Den Transfer von Palhinha haben wir ihm (Goretzka) angekündigt. Und es ist der Plan, Kimmich zurück ins Zentrum zu stellen. Wir haben jetzt fünf Mittelfeldspieler, Leon ist einer davon. Und von der Ausgangslage hat er es am schwersten."

Dass im Sommer kein Transfer zustande kam, dürfte auch mit dem hoch dotierten Vertrag von Goretzka zusammenhängen. Nur wenige Vereine sind dazu in der Lage, Gehälter wie der FC Bayern zu zahlen. "Und die Vereine, die das könnten, schauen mittlerweile auch ganz genau hin. Es wird ganz genau analysiert, ob der Spieler passt", sagte Eberl.

Goretzka soll 2021 Angebot von Real Madrid vorgelegen haben

Es ist noch gar nicht so lange her, da stand Goretzka bei einigen Top-Vereinen ganz oben auf dem Wunschzettel. Zur Zeit seiner Vertragsverlängerung im September 2021 hatte Goretzka laut einem Bericht der "Sport Bild" ein Angebot von Real Madrid vorliegen. Die Madrilenen sollen ein Jahresgehalt von 10 Millionen Euro netto geboten haben. Dennoch entschied sich Goretzka für eine Vertragsverlängerung in München bis zum Sommer 2026.

In München wird sein Jahreseinkommen in dem Bericht auf 17 Millionen Euro brutto geschätzt. Allerdings soll sein Grundgehalt bei 13 Millionen Euro liegen.

Die weiteren vier Millionen Euro wären nur bei einer hohen Anzahl an Pflichtspielen zu erreichen. Die Summe würde sich alle sieben Pflichtspiele erhöhen, bis 35 Partien erreicht sind. Dies dürfte in seiner aktuellen Situation allerdings nur schwer möglich sein.

Der frühere Bayern-Spieler Stefan Effenberg wunderte sich im "Doppelpass", dass Goretzka München nicht verlassen hat. "Warum entscheidet sich ein Spieler dafür, im Verein zu bleiben, obwohl ihm klar nahegelegt wird, verlasse bitte den Verein, du bist nur die Position Nummer 5? Der Junge ist 29 und hat noch das Ziel, vielleicht auf den WM-Zug für 2026 draufzuspringen. Dass er jetzt über Monate hinweg vielleicht ein- oder zweimal in der Startelf stehen wird, macht für mich null Sinn."

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Das Beispiel Serge Gnabry als Mutmacher

Andererseits ist der Fussball schnelllebig. Das Beispiel Serge Gnabry beweist, wie schnell der Stellenwert eines Spielers innerhalb einer Mannschaft steigen kann. Der Flügelspieler schien nach seiner verletzungsintensiven Saison beim FC Bayern ebenfalls keine Zukunft mehr zu haben. Doch es kam anders.

"Serge Gnabry hat gesagt, er nimmt den Kampf an, ist Stammspieler momentan, spielt herausragend, ist gesund und topfit", erklärte Eberl. "Dann wird er bei uns auch Stammspieler bleiben."

Dieses Beispiel könnte Goretzka Mut machen. "Wenn Leon bei uns ist und kämpft und Dinge passieren…", sagte Eberl, ohne den Gedankengang zu Ende zu führen. Er stellte in Bezug auf Goretzka noch einmal klar: "Er ist nicht aussen vor, er ist komplett mit dabei. Aber wie wir es erwartet haben, haben die anderen ein Stück weit die Nase vorne."

Doch wer weiss: Vielleicht war der Treffer gegen Zagreb für Goretzka ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Verwendete Quellen

  • Sport Bild (38/2024): Die Gehaltstabelle der Bayern
  • DAZN.com: Bayern München – Dinamo Zagreb
  • Sport 1 Doppelpass (15.09.2024)
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