Trotz der gewonnenen Meisterschaft hat sich der FC Bayern München vom Vorstandsvorsitzenden Oliver Kahn und Sport-Vorstand Hasan Salihamidzic getrennt. Salihamidzic war beim letzten Saisonspiel gegen den 1. FC Köln vor Ort und stellte sich danach in einer kleinen Medienrunde, in der auch unsere Redaktion anwesend war, den Fragen.

Ein Interview

Herr Salihamidzic, sprechen wir zunächst einmal über das Sportliche: Wie haben Sie diese 95 Minuten erlebt?

Hasan Salihamidzic: Ich bin wirklich stolz auf die Truppe. Die Jungs haben das hervorragend gemacht. Das war eine schwierige Situation für alle – für die Spieler, den Trainer, uns alle. Heute hat man den wahren Charakter der Mannschaft gesehen. Wir können schwierige Situationen meistern. Das war grossartig. Ich war eigentlich darauf eingestellt, Dortmund zu gratulieren, denn sie hätten nur zu Hause gewinnen müssen. Ich muss sagen, dass es mir menschlich auch leidtut. Aber ich glaube, unsere Jungs haben es auch verdient. Besonders in der Hinrunde haben sie grossartige Leistungen gebracht, als beste Mannschaft Europas sehr viele Tore geschossen und einen offensiven Fussball gespielt. In der Rückrunde hatten wir Probleme. Mit dem neuen Trainer haben wir versucht, noch einmal etwas Anderes zu machen. Das hat zum Ende funktioniert. Ich freue mich für Thomas (Tuchel, Anm.d.Red.). Aber Julian (Nagelsmann, Ex-Trainer) hat auch eine Hand an der Schale. Natürlich sind wir alle traurig gewesen, als Julian gehen musste. Aber auch ihm gratuliere ich. Wir schätzen ihn, er ist ein richtig guter Trainer. Aber es gibt Situationen im Fussball, in denen so etwas sein muss. Das fiel mir am schwersten.

Nun hat der Verein kommuniziert, dass man sich trotz des laufenden Vertrags von Ihnen und Oliver Kahn trennt. Wie haben Sie das aufgenommen?

Es gab ein Gespräch mit dem Aufsichtsrat. Ich hätte natürlich gerne weitergemacht, weil ich einfach stolz auf diese Mannschaft bin. Sie hat Qualität, Charakter und Stärke. Aber es gibt solche Situationen im Fussball, das haben wir auch nach dem Trainerwechsel gemerkt. Thomas hat alles versucht, auch in der Champions League und im Pokal. Das war schwierig. Trotzdem sind wir Meister geworden. Ich akzeptiere die Entscheidung natürlich, hätte aber gerne weitergemacht. Ich wollte mit dieser Mannschaft unbedingt noch einmal die Champions League gewinnen. Für mich ist das heute emotional, das ist keine einfache Situation. Trotzdem wünsche ich viel Erfolg und möchte mich bei der Mannschaft ganz herzlich bedanken. Das war eine tolle Reise mit vielen Titeln, die wir emotional gewonnen haben. Sechs Meisterschaften in sechs Jahren ist eine gute Zahl, zudem haben wir die Champions League gewonnen. Aber der FC Bayern steht über allem. Ich habe gute Gespräche mit Uli (Hoeness) und Herbert (Hainer, Präsident) geführt. Ich möchte der Freund des FC Bayern bleiben und wünsche mir, dass der FC Bayern erfolgreich bleibt.

Sie waren direkt nach dem Spiel in der Kabine. Haben Sie mit der Mannschaft gesprochen?

Ja, ich habe natürlich vor der Mannschaft gesprochen. Das war ein sehr emotionaler Moment. Ich habe von ganz vielen dieser Jungs die Transfers gemacht. Das sind grossartige Jungs. Du lebst ja mit denen und wächst jeden Tag zusammen. Du hast schöne Momente, aber natürlich auch unangenehme Gespräche, die man führen muss. Manchmal hat es Spass gemacht, manchmal nicht. Aber wir sind zusammengewachsen. Deshalb habe ich mich in Ruhe verabschiedet. Der FC Bayern wird immer in meinem Herzen bleiben.

Was nehmen Sie aus der Zeit beim FC Bayern mit?

Ich habe viel gelernt – viel gelernt über Menschen, viel gelernt über Führung, viel gelernt über Stärken und Schwächen in den Positionen. Ich werde immer an diese Zeit zurückdenken. Der FC Bayern ist etwas Besonderes und wird immer Erfolg haben – immer! Ganz egal, wer da ist. Ich bin sehr stolz auf diese Zeit, weil wir viele gute Dinge erreicht haben.

Wie planen Sie nun? Brauchen Sie einen langen Urlaub, eine Auszeit oder eine neue Perspektive?

Ich hatte den Vertrag verlängert, hätte gerne weitergemacht und wollte unbedingt noch einmal die Champions League gewinnen. Das tut mir richtig leid. Aber ich werde nicht tief fallen, ich habe viele Projekte. Ich werde jetzt natürlich erst einmal Urlaub machen. Und dann werde ich ein paar Dinge machen oder aufschreiben, die ich in den sechs Jahren schon immer machen wollte. Und ich hoffe, dass die Fans mich in guter Erinnerung behalten. Wir haben eine gute Mannschaft aufgebaut. Und ich glaube, wir hatten in dieser Saison auch die beste Mannschaft Europas, die am Ende eben Probleme hatte. Aber dennoch war die Arbeit gut. Und ich bin mir sicher, sie werden in den nächsten Jahren die Champions League gewinnen.

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