Der Vertragspoker um Jamal Musiala gerät für den FC Bayern zur Hängepartie. Holger Badstuber sieht zwar den grossen Wert, den Musiala für den FC Bayern hat, warnt aber seinen Ex-Verein gleichzeitig vor zu grossen Zugeständnissen.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Holger Badstuber dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

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Jamal Musiala ist eines der grössten Versprechen im Weltfussball. Schnell, kreativ, torgefährlich - er verkörpert all das, was in der Offensive gefragt ist. Für den FC Bayern ist er mehr als nur ein Spieler, er soll das Gesicht der Zukunft werden. Vor allem, wenn Säulen wie Thomas Müller und Manuel Neuer ihre Karrieren irgendwann beenden. Doch genau hier liegt die Schwierigkeit: Die Vertragsverhandlungen mit Musiala entwickeln sich zu einer Bewährungsprobe - nicht nur für den Spieler, sondern auch für den Rekordmeister selbst.

Max Eberl spricht öffentlich von "guten Gesprächen", doch hinter den Kulissen ist klar, dass sich die Bayern-Bosse auf ein echtes Poker-Duell einlassen müssen. Musialas Seite kennt den Marktwert ihres Klienten nur zu gut - schliesslich hat der Spieler Angebote aus Ligen vorliegen, die finanziell längst in anderen Sphären agieren. Die Bundesliga ist in dieser Hinsicht nicht auf Augenhöhe mit der Premier League oder La Liga, und auch die sportliche Attraktivität hat nachgelassen.

Leichtes Spiel für den Spieler, schweres Spiel für den Verein

Für Musiala ist die Situation denkbar günstig, der Druck liegt eindeutig beim Verein. Musiala hat eine Vielzahl an Optionen, um seine Karriere zu gestalten. Die entscheidende Frage ist: Wie weit darf der FC Bayern gehen, um einen Spieler wie Musiala zu halten, ohne die eigenen Prinzipien zu verraten?

Der FC Bayern darf sich nicht von einem 21-Jährigen diktieren lassen, welche Werte und Rahmenbedingungen im Verein gelten. Musiala ist ein herausragender Spieler, aber der Club muss immer grösser sein als ein einzelner Akteur. Es ist deshalb entscheidend, dass die Verantwortlichen klare Grenzen ziehen, wenn es um Gehalt, Ausstiegsklauseln und Verhandlungsspielräume geht. Natürlich ist es eine Gratwanderung, zu stur darf man nicht sein, sonst riskiert man, das grösste Talent der letzten Jahre zu verlieren. Aber die Balance muss stimmen - sowohl finanziell als auch in der Aussendarstellung.

Didi Hamann hat vor Kurzem kritisiert, dass Bayern sich mit Aussagen wie "Musiala ist unser Messi" selbst in eine schlechte Verhandlungsposition gebracht hat. Und da ist durchaus etwas dran.

Hochmut kommt vor dem Fall

Solche Vergleiche können schnell gegen einen Verein verwendet werden. Der Spieler und seine Berater hören solche Lobeshymnen natürlich mit, und sie werden diese nutzen, um Forderungen zu untermauern. Die Bayern müssen aufpassen, dass sie nicht zu viele Zugeständnisse machen und dabei die langfristige Identität des Clubs gefährden.

Musialas Forderungen werfen zudem die Frage auf, wie sich diese Summe auf die übrige Mannschaft auswirken würde. Spieler wie Joshua Kimmich, die seit Jahren auf höchstem Niveau spielen und sich für den Verein zerreissen, könnten ebenfalls Ansprüche anmelden. Und dann? Kommt es zu einer Spirale, die das Gehaltsgefüge nachhaltig beschädigt?

Hier liegt der Schlüssel. Bayern muss klare Leitlinien entwickeln, welche Spieler in Zukunft den Kern der Mannschaft bilden sollen. Musiala und Kimmich sind ohne Frage zwei zentrale Figuren, um die sich das Team in den kommenden Jahren drehen sollte. Aber es darf nicht nur um die Höhe des Gehalts gehen. Der Verein muss ein Paket schnüren, das auch sportlich und kulturell überzeugt.

Grundsätzlich gilt: Der FC Bayern ist mehr als ein Arbeitgeber. Er ist ein Symbol - für Erfolg, für Tradition, für Werte, die im Fussball immer seltener werden. Spieler wie Musiala haben die Möglichkeit, Teil dieser Geschichte zu werden. Teil eines Vereins, der für Jahrzehnte des Triumphs steht und dessen Stars nicht nur sportlich, sondern auch menschlich prägen, was diesen Club so besonders macht.

Tritt Musiala in grosse Fussstapfen?

Musiala könnte mit Kimmich und anderen deutschen Nationalspielern eine neue Achse bilden - ähnlich wie es einst Philipp Lahm und Basti Schweinsteiger getan haben. Diese Achse kann Halt geben und die Philosophie des Vereins in die Zukunft tragen.

Ich würde ihnen sagen: Ihr könnt irgendwann beim FC Bayern in einem Atemzug mit Beckenbauer, Rummenigge, Matthäus, Lahm, Schweinsteiger, Neuer und Müller genannt werden und zur Legende werden. Wollt ihr das oder nicht?

Bei Spielern wie Neuer und Müller ist die Situation anders. Beide haben über ein Jahrzehnt alles für den Verein gegeben und unzählige Titel gewonnen. Hier geht es weniger um Verhandlungen, sondern vielmehr um den Respekt vor ihrer Leistung. Bayern wird einen Weg finden, um diese Legenden würdig zu verabschieden, wenn die Zeit dafür gekommen ist.

Spannender ist die Situation bei Alphonso Davies und Leroy Sané. Die Vertragsgespräche mit Davies starteten holprig, was vor allem an einer gewissen Selbstüberschätzung seinerseits lag. Mittlerweile ist etwas Ruhe eingekehrt, doch ich erwarte von Davies mehr UND vom Club eine ganz klare Sicht auf die Situation und eine Grenze.

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Sané's Talent kommt nicht zur Geltung

Bayern braucht Spieler, die sich mit dem Club identifizieren und die nötige Demut mitbringen, um Teil dieser Mannschaft zu sein. Ein klares Bekenntnis zum Verein wäre ein wichtiges Signal.

Bei Sané bleibt hingegen vieles unklar. Sein Potenzial ist unbestritten, doch zu oft scheint er dieses nicht voll auszuschöpfen. Der Turbo zündet einfach nicht so, wie man es sich erhofft. Vielleicht liegt das auch an der fehlenden Hierarchie auf den Aussenbahnen: Mit Coman, Sané, Gnabry und Tel hat Bayern fast ein Überangebot an Offensivspielern für diese Positionen. Wenn Sané sein Potenzial nicht bald konstant abruft und viele Scorerpunkte liefert, dann könnte es für ihn eng werden. Dauerhafte Leistung auf höchstem Niveau ist der Weg.

Für Max Eberl und das Bayern-Management sind die Vertragsgespräche ein echter Härtetest. Der FC Bayern ist mehr als ein Arbeitgeber - er ist eine Institution.

Am Ende zählt nur eines: Der FC Bayern bleibt. Der Verein ist grösser als jede Vertragsverhandlung, grösser als jedes Talent. Und genau deshalb wird Bayern auch diese Herausforderung meistern - ohne seine Identität zu verlieren.

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