Jamal Musiala steht vor dem endgültigen Durchbruch beim FC Bayern und soll später im Jahr auch bei der WM in Katar auf der Weltbühne für Deutschland glänzen. Was macht den jungen Bayern-Star auf dem Platz so besonders und welche Rolle kann er in der neuen Saison spielen?

Steffen Meyer
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht des Autors dar. Hier finden Sie Informationen dazu, wie wir mit Meinungen in Texten umgehen.

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Natürlich muss man sich erst einmal bremsen, wenn man über einen 19-Jährigen jungen Fussballer spricht. Karrieren im Fussball sind nur selten linear. Nicht jedes Versprechen löst sich am Ende ein. Mancher zerbricht am Druck, an Verletzungen oder einer Mischung aus beidem. Deshalb soll sich dieser Text über Jamal Musiala nicht um die Zukunft drehen. Nicht um Prognosen oder Hochrechnungen, sondern um den Status quo.

Jamal Musiala ist schon jetzt auf dem Sprung zur absoluten Weltklasse. Es braucht nicht viel Fantasie, nicht viel Vorstellungskraft. Es reicht der Blick auf seine Leistungen im Hier und Jetzt. So wie am vergangenen Samstag im Supercup gegen RB Leipzig. Musiala überragte in einem lebhaften Spiel mit einem Tor, einer Vorlage und unzähligen Durchbrüchen, Dribblings und Torschussvorbereitungen. "Weltklasse", nannte das Trainer Julian Nagelsmann nach der Partie. Zu Recht. Zum Bundesliga-Auftakt des deutschen Rekordmeisters gegen Eintracht Frankfurt am Freitagabend rechnen viele mit einem Platz in der Startelf für den neuen Nationalspieler.

Jamal Musiala: Auf allen Mittelfeldpositionen einsetzbar

Nun geht es bei Musiala jedoch nicht nur um ein Spiel. Der 19-Jährige gehört schon jetzt zum erweiterten Stamm der Nationalelf und durfte in der Nations League im Sommer viel Spielzeit unter seinem Förderer Hansi Flick sammeln. Musiala kommt für mehrere Offensivpositionen infrage. Am wohlsten fühlt er sich in sehr engen Räumen rund um den Strafraum auf der Zehn. Er kann jedoch auf dem Flügel starten und sich von dort die Gelegenheiten und Druchbruchsmomente suchen oder tiefer von der Sechs in einer etwas strategischeren, nachstossenden Rolle. Gegen Leipzig driftete er am Samstag immer wieder vom Flügel in zentralere Positionen und machte den Gegner durch seine wunderbaren Drehungen und Ballmitnahmen geradezu verrückt.

Es gibt weder im Bayern-Kader noch in der Nationalelf einen Spieler mit seinem Fähigkeitenprofil. Das macht ihn auch für die Konkurrenz innerhalb des Kaders so gefährlich. Gutes Dribbling, guter Torabschluss, das findet man häufiger. Aber Musialas Beweglichkeit und Ballgewandtheit, die es ihm ermöglicht gegen zwei oder drei Verteidiger Lösungen zu finden und sich vor allem aus Pressingsituationen der gegnerischen Sechser herauszuwinden – das macht ihn einzigartig.

Fähigkeiten in Deutschland kein zweites Mal zu finden

Schaut man sich seine Stärken auf dem Platz an, würde man eigentlich eher einen kleinen, wendigen Spieler mit niedrigem Körperschwerpunkt á la Thiago erwarten. Doch Musiala ist 1,83 Meter gross und damit nicht viel kleiner als ein Innenverteidiger wie Dayot Upamecano. Die recht langen Beine und Arme, der wendige, super bewegliche Körper gepaart mit einer extrem engen Ballführung und explosiven Antritten – diese Mischung macht sein Spiel so besonders und für Zuschauer sofort auffällig.

Unter kritischer Beobachtung steht vor allem noch seine Defensivarbeit. Musiala ist seit seinem Debüt vor zwei Jahren körperlich stärker und robuster geworden. Doch sein Verhalten im Defensivkollektiv, die Wachsamkeit in Gegenpressing-Situationen, die Konstanz im Zweikampfverhalten – das sind Dinge, die er weiter verbessern kann. Die am Ende auch massgeblich darüber entscheiden, ob er beim FC Bayern und der Nationalmannschaft dauerhaft in wichtigen Spielen für die Startelf gesetzt ist. Auch hier war das Spiel gegen Leipzig ein extrem positiver Fingerzeig.

Echter Herausforderer für Müller und Co.

Vor dem Bundesliga-Auftakt gegen Frankfurt wird nun viel diskutiert, welchem etablierten Top-Spieler Musiala Spielzeit klauen wird. Leroy Sané? Serge Gnabry? Kingsley Coman? Oder vielleicht sogar Thomas Müller? Ähnlich wie der extrem erfahrene Müller hat Musiala den Vorteil, dass sein Spiel nur schwer zu kopieren ist. Sané, Coman und Gnabry haben zwar auch etwas unterschiedlich ausgeprägte Stärken und Schwächen, doch im Prinzip kann man sie auf dem Flügel auf hohem Niveau durchwechseln, ohne dass sich das Spiel dadurch massgeblich verändert. Gegen Teams mit hoch positionierten Aussenverteidigern hat der explosive Coman Vorteile. Vor allem gegen starke Sechser-Kombinationen und tief stehende Gegner spricht jedoch viel für Musiala, der rund um den Strafraum auch ohne viel Anlauf Defensivriegel brechen und Torgefahr erzeugen kann. In der Nationalmannschaft gilt das sowieso.

Nagelsmann wird die erste Saisonphase nutzen, um unterschiedliche Kombinationen rund um Neuzugang Sadio Mané auszuprobieren. Musiala ist da schon jetzt auf Augenhöhe, muss jedoch beweisen, dass er Leistungen wie gegen Leipzig nicht nur einmal pro Monat, sondern regelmässig hintereinander auf den Platz bringt. Nagelsmann, der bisher viel Wert darauf gelegt hat, Musiala behutsam aufzubauen und körperlich nicht zu überfordern, sollte ihm nun mehr Chancen geben, das Niveau der letzten Wochen konstant auf den Platz zu bringen.

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Musiala hat "confidence" in sein Spiel

"Confidence" – also Vertrauen oder Zuversicht, das ist so ein Schlüsselwort von Jamal Musiala in seinen herrlichen deutsch-englisch vermischten Interviews, die unter Bayern-Fans wegen ihrer entwaffnenden Fröhlichkeit und Ungeschliffenheit längst Kult sind. Vertrauen und Zuversicht sind auch die Basis für sein Spiel.

Musiala wirkt kurz vor dem Saisonstart bereit für den nächsten Schritt im Klub, aber auch in der Nationalmannschaft. Er ist zurzeit der aufregendste Name im deutschen Profifussball.

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