Mit João Palhinha verpflichtet der FC Bayern München seinen Wunschspieler. Der Portugiese verschärft den Konkurrenzkampf im Mittelfeld – zum Leidwesen einiger prominenter Mitspieler.

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Er war vor einem Jahr der grosse Wunschspieler von Thomas Tuchel. João Palhinha wäre die sogenannte "Holding Six" gewesen, die laut des damaligen Trainers dem FC Bayern München gefehlt hat. Fast hätte der Wechsel bereits damals stattgefunden.

Der Portugiese war sich mit dem FC Bayern einig und hatte den Medizincheck in München bestanden. Doch sein englischer Verein FC Fulham liess den Transfer am letzten Tage des Transferfensters platzen, weil sie keinen passenden Ersatz finden konnten. Palhinha musste schweren Herzens zurück nach London reisen.

Doch die Verbindung riss nicht ab, wie Sportdirektor Christoph Freund auf der Vereinswebsite erklärt: "Wir haben ihn weiter auf dem Radar gehabt, haben immer wieder Spiele von ihm beobachtet und wir hatten auch immer wieder persönlichen Kontakt. Über die ganzen letzten zehn Monate ist das nie abgerissen." Der Grund dafür sei nicht zuletzt, "dass er ein richtig guter Typ ist und dass er unbedingt zum FC Bayern München wollte".

Palhinha ist der fünftteuerste Transfer in der Geschichte der Bayern

Tuchel ist zwar nicht mehr Trainer des FC Bayern. Aber offenbar hat auch der neue Coach Vincent Kompany Verwendung für den 29-Jährigen. Palhinha unterzeichnete beim deutschen Rekordmeister einen Vertrag über vier Jahre. Die Ablöse soll bei 51 Millionen Euro liegen und könnte durch Bonuszahlungen auf 56 Millionen Euro ansteigen. Er ist nun der fünftteuerste Transfer der Vereinsgeschichte.

Sportvorstand Max Eberl erklärt im selben Interview: "Er ist ein zentraler Mittelfeldspieler, der vor der Abwehr abräumt, wie man so schön sagt. Ein Spieler, der für Struktur sorgt, der durch seine Präsenz und Passsicherheit eben auch im Spielaufbau eine wichtige Rolle einnehmen kann, der also wirklich im Herzen des Spiels eine sehr, sehr wichtige Funktion übernehmen wird – defensiv wie offensiv. Deswegen ist das ein Puzzlestück, das uns für die neue Saison guttun wird."

Freund führt die Stärken von Palhinha weiter aus: "Er ist sehr zweikampfstark, sehr kopfballstark und vor allem ein richtig guter Charakter. Er ist ein Leader." Palhinha gilt als ein Spielertyp, der im Kader des FC Bayern bislang nicht zu finden ist. Er richtet den Fokus auf die Defensivarbeit, gewinnt viele Bälle und kann dadurch Gegenangriffe des Gegners früh unterbinden.

Gleichzeitig ist der portugiesische Nationalspieler, der bei der Europameisterschaft 2024 in vier von fünf Spielen in der Startelf stand, auch ein guter Spielgestalter. Er ist für seine Mitspieler jederzeit anspielbar, hat eine gute Spielübersicht und ist passsicher, leitet mit seinen hohen Pässen gerne auch Seitenverlagerungen ein. Im Viertelfinale gegen Frankreich, das erst im Elfmeterschiessen verloren wurde, hatte er eine Passquote von 93 Prozent.

Er motivierte Ronaldo vor dem Elfmeterschiessen

Zudem gilt Palhinha als ein mannschaftsdienlicher Charakter. Als sein Mitspieler Cristiano Ronaldo im EM-Achtelfinale gegen Slowenien den Elfmeter in der Verlängerung verschossen hatte, hat er den Superstar mit dazu motiviert, im Elfmeterschiessen erneut anzutreten.

"Wir haben Cristiano gesagt, dass er den nächsten Elfmeter reinmachen wird - und genau das hat er gemacht. Er hat sich den Ball genommen und ist zum ersten Elfmeter angetreten. Das zeigt, was er für eine Persönlichkeit ist", sagte Palhinha später der Presse.

Überhaupt ist es für ihn ein besonderes Erlebnis, mit seinem Idol zusammenzuspielen: "Als ich ein Junge war, habe ich ihn im Fernsehen gesehen und jetzt spiele ich mit ihm. Es ist sehr cool. Es ist ein Traum, den ich in meinem Leben hatte."

Palhinha definiert sich als "aggressiver Spieler"

Mit dem Wechsel nach München erfüllt sich nun ein weiterer Kindheitstraum. "Ich spiele nun für einen der absoluten Topclubs in Europa, damit ist für mich ein Traum in Erfüllung gegangen", sagte er. Welche Stärken er einbringen kann? "Ich gebe alles auf dem Spielfeld. Ich mag es, Bälle zurückzuerobern und zu grätschen. Ich bin ein aggressiver Spieler und spiele auch gerne lange Bälle. Ich werde alles für den Verein geben", kündigte er an.

Palhinha dürfte im defensiven Mittelfeld des FC Bayern gesetzt sein und den Konkurrenzkampf somit weiter anheizen. Joshua Kimmich wurde bereits Anfang des Jahres vom defensiven Mittelfeldspieler zum Rechtsverteidiger umfunktioniert und übernahm diesen Part auch in der deutschen Nationalmannschaft. Sofern er überhaupt in München bleibt – sein Vertrag endet in einem Jahr – dürfte er wohl weiterhin in der rechten Verteidigung agieren.

Laimer, Goretzka oder Pavlovic: Wer wird der Nebenmann von Palhinha?

Als Nebenleute für Palhinha auf der Doppel-Sechs kämen dann Leon Goretzka, Aleksandar Pavlovic und Konrad Laimer infrage. Laimer könnte vom Typ her Palhinha zu ähnlich sein, ist ebenfalls ein typischer Balleroberer.

Von der Spielweise könnte der Portugiese gut mit Goretzka harmonieren, weil dieser mehr Offensivdrang hat und gerne in den Strafraum vordringt. Dies könnte das Mittelfeld des FC Bayern schwer ausrechenbar machen. Palhinha würde dann den defensiveren Part übernehmen, könnte sich aber gelegentlich auch vorne einschalten. In der zurückliegenden Premier-League-Saison gelangen ihm vier Tore - zwei mit seinem rechten Fuss und zweimal per Kopf.

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Allerdings wird der FC Bayern die Entwicklung des 20-jährigen Pavlovic nicht behindern wollen, der als Eigengewächs zur Identifikationsfigur und zum Führungsspieler aufgebaut werden soll. Pavlovic ist ein klassischer Ballverteiler, der allerdings vergangene Saison mit zwei Toren und zwei Vorlagen (19 Einsätze) auch gute Ansätze im Offensivspiel gezeigt hat. Kann er daran anknüpfen, könnte er sich gut mit Palhinha ergänzen.

Trainer Kompany wird in der Saisonvorbereitung gefordert sein, den richtigen Nebenmann für Palhinha zu finden. Genug Auswahl hat er auf jeden Fall.

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