Der Weg in die Startelf schien Joao Palhinha beim FC Bayern dauerhaft versperrt. Nach der Verletzung von Aleksandar Pavlovic rückt der portugiesische 50-Millionen-Mann mindestens bis zum Ende des Jahres voll ins Rampenlicht. Ist der Portugiese stark genug?

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Es war Vincent Kompany offenbar ein Anliegen. Normalerweise spricht der junge belgische Coach aus Prinzip nicht über die Stärken und Schwächen von Einzelspielern. Selbst expliziten Nachfragen weicht der 38-Jährige im Normalfall aus und verweist auf Mannschaftsgeist und Teamleistung. Nach der schweren Schulterverletzung von Senkrechtstarter Aleksandar Pavlovic fiel Kompany aber aus der Reihe. "Er war bisher wahrscheinlich unser bester Spieler", sagte Kompany nach dem 4:0-Sieg gegen den VfB Stuttgart – nur um nachzulegen, dass die aktuelle Verletzung nichts an der grossen Karriere ändern werde, die Pavlovic vor sich habe.

An Pavlovic bisher kein Vorbeikommen

Kompany wollte mit Sicherheit auch ein mutmachendes Signal in Richtung Pavlovic senden, doch der Bayern-Trainer hat durchaus einen Punkt. Pavlovic war zwar nur an einem der bisher 37 Pflichtspieltoren der Münchner beteiligt, doch ihm schien es bisher am leichtesten zu fallen, die durchaus anspruchsvollen Vorgaben Kompanys umzusetzen.

Pavlovic und Musiala – das sind die Spielöffner im Münchner Offensivspiel. Musiala durch seine Drehungen und Wendungen und Pavlovic durch seine einmalige Fähigkeit den Ball aus hohem Gegnerdruck so weiterzuspielen, dass danach häufig grosse Räume für einen Mitspieler entstehen. Der 20-Jährige spielte dabei meist abgeklärt wie ein alter Hase. Kein Wunder, dass der eigentliche Königstransfer des Sommers – Joao Palhinha - da meist nur staunend auf Bank sitzen durfte. Doch das ändert sich jetzt.

Mit Palhinha im Zentrum neben Kimmich wird sich Bayerns Spiel fraglos verändern. Der 29-Jährige ist für einen Spieler, der über 50 Millionen Euro Ablöse gekostet hat, bemerkenswert schnörkellos. Der Portugiese ist ruhig, abgeklärt, eher Abräumer als Spielgestalter. Er spielt die sicheren Pässe und geht weniger Risiko als Pavlovic. Seine grösste Stärke hat er aber in einem Bereich, der Kompany ebenfalls besonders wichtig ist: im Gegenpressing.

Erinnerungen an Javi Martínez

Palhinha lauert häufig rund 10-20 Meter hinter der Angriffslinie und entscheidet dann situativ, ob er mit vollem Risiko auf den Ballgewinn geht oder in die Konterverteidigung zurückfällt. Wenn der portugiesische Nationalspieler sich für einen Versuch zur Balleroberung entscheidet, dann rappelt es.

Schon gegen Stuttgart war nach seiner Einwechslung für Pavlovic zu sehen, dass er sich nicht zu schade ist, den Ball auch mal über die Seitenlinie zu grätschen, wenn das heisst, dass der Angriff gestoppt werden kann. Diese Kompromisslosigkeit gepaart mit gutem Auge und Spielgefühl war der Grund, warum die Münchner schon im Vorjahr vieles versucht haben, um Palhinha vom FC Fulham nach München zu locken. Damals noch vergebens.

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Vom Spielertypus weckt der in der Jugend von Sporting Lissabon ausgebildete 1,90-Meter-Mann durchaus Erinnerungen an Javi Martínez, der 2012 ebenfalls als defensivstarker zentraler Mittelfeldspieler nach München kam und damit eine grosse Lücke schloss.

Seine Verpflichtung galt als Schlüssel für den Gewinn der Champions League 2013 bei dem Martínez vor allem in den Duellen mit Xavi und Andrés Iniesta vom FC Barcelona im Halbfinale seine grossen Tage hatte. Martínez hielt Bastian Schweinsteiger den Rücken frei und machte Bayerns Spiel stabiler. Er war ein echter Königstransfer. Ähnliches wird nun auch von Palhinha als Partner von Joshua Kimmich erwartet.

Direkte Duelle mit Yamal und Pedri

Er wird in den kommenden Wochen viel Spielzeit bekommen, um seinen Wert unter Beweis zu stellen. Schon gegen Barcelona in der Champions League wird er gefordert sein. Dort wird er es nicht nur mit Spielmacher Pedri (21) zu tun bekommen, sondern auch mit Superstar Lamine Yamal (17). Es wird vor allem Palhinhas Aufgabe sein, Anspiele auf den rechten Flügel zu unterbinden oder – wenn es nicht anders geht – dort Yamal gemeinsam mit Alphonso Davies zu doppeln und Durchbrüche zu verhindern.

Es geht von 0 auf 100 für Palhinha. Er muss jetzt zeigen, dass er kein teurer Luxustransfer für die Bayern ist – wie mancher bereits spottete. Er muss zeigen, dass er das sein kann, was die Bayern-Verantwortlichen in ihm sehen: Einen echten Königstransfer.

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