Schnörkellos teilte Ralf Rangnick in einer Pressemitteilung mit: Er will Nationaltrainer in Österreich bleiben. Für Bayern München die dritte Absage in wenigen Wochen. Sportvorstand Max Eberl gerät in Erklärungsnot.

Pit Gottschalk
Eine Kolumne
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Das ist ein schwerer Schlag für den FC Bayern: Auch Ralf Rangnick will nicht Trainer beim Rekordmeister werden und bleibt lieber Nationaltrainer in Österreich. Die dritte Absage nach Xabi Alonso, Vereinstrainer bei Bayer Leverkusen, und Julian Nagelsmann, Bundestrainer beim DFB.

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Die Bayern sind jetzt in Erklärungsnot. Der Sportvorstand Max Eberl muss eine gute Begründung liefern, warum die Rangnick-Verpflichtung in letzter Minute gescheitert ist. Den Zustand des FC Bayern wird man sonst in fünf Buchstaben beschreiben müssen: Chaos.

Man wird im Verein jetzt alles tun, damit das Wort Chaos nicht in den Umlauf kommt. Aber das wird nicht zu verhindern sein. Chaos ist per Definition "völliges Durcheinander". Nichts beschreibt die Trainersuche des FC Bayern besser.

Ralf Rangnick will Nationaltrainer in Österreich bleiben

Rangnick betont, dass er seine Zukunft in Österreich sieht, er deshalb keine Veränderung will und obendrein keine Doppelbelastung mit EM-Vorbereitung und Kaderplanung beim FC Bayern. Komisch ist: Beide Argumente kannte er schon während der Gespräche mit den Bayern-Bossen.

Die Absage am Mittwochabend kann nicht in einem direkten Zusammenhang mit der Champions League stehen. Das Unentschieden am Tag zuvor gegen Real Madrid zeigte sogar, wozu die Mannschaft, wenn sie Lust hat, fähig ist. Die Allianz-Arena bebte vor Glückseligkeit.

Da drängt sich die Frage auf: Will denn keiner Bayern-Trainer werden? Das sicher nicht. Nur wer jetzt den Job von Thomas Tuchel übernimmt, weiss: Er ist nicht die zweite, sondern sogar die dritte Wahl gewesen. Man ahnt, wie dessen Standing vor dem Star-Ensemble sein wird.

Es ist ja auch schwierig. Bayern steht zwar im Halbfinale der Champions League und hat nach dem 2:2 im Hinspiel am kommenden Mittwoch gute Chancen, im Rückspiel gegen Real Madrid ins Endspiel am 1. Juni einzuziehen. Aber dem Kader steht der grösste Umbruch seit Jahren bevor.

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Ein Trainer, der Teil dieser Lösung sein will, muss seine Arbeit jetzt Anfang Mai beginnen, wenn die ersten Gespräche mit Spielern und Beratern laufen. Er muss vom Vorstand eingebunden werden, wenn Kandidaten bei der EM 2024 auf dem Transfermarkt drängen.

Ja, Max Eberl und sein Sportdirektor Christoph Freund könnten die Aufgabe rein theoretisch und in Rücksprache mit den Grosskopferten im Aufsichtsrat erledigen. Aber die Spieler wollen neben Geldfragen auch die eine entscheidende Frage beantwortet wissen: Wie plant der Trainer mit mir?

Weiter mit Thomas Tuchel?

Ohne Trainer kann man keine überzeugende Antwort geben. Schlimmer noch: Der Trainer, wie auch immer er heissen wird, will ja Einfluss auf den Kader haben; er muss mit ihm arbeiten. Man hat bei Tuchel gesehen, was passiert, wenn ein Trainer nehmen muss, was er kriegt: nichts Gutes.

Deswegen mit Thomas Tuchel weitermachen? Auch das: theoretisch möglich. Aber die Bayern müssten intellektuell schon einige Verrenkungen unternehmen, damit der Trainer, der vorher zum Bleiben nicht gut genug war, nach drei Absagen plötzlich genau der richtige Mann sein soll.

Mal abgesehen davon: Tuchel hat zuletzt so viel Demütigung erfahren (Stichwort: Uli Hoeness), dass er die laufende Saison allenfalls abwickeln will und dann froh ist, seine Koffer packen zu können. Zurück bleibt der FC Bayern: rat- und trainerlos.

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