Serge Gnabry hat ein schwieriges Jahr hinter sich. Sogar ein Abschied beim FC Bayern stand im Raum. Nun ist der torgefährliche Offensivmann zurück und plötzlich wieder erste Wahl in München. Macht er so weiter, kommt auch Julian Nagelsmann nicht mehr lange an ihm vorbei.

Steffen Meyer
Eine Kolumne
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Es ist dann doch schon ganz schön lang her, dass Serge Gnabry auf dem Fussballplatz Schlagzeilen schreiben konnte. Ein Tor im Viertelfinale der Champions League gegen den FC Arsenal im April fällt einem ein. Kurze Zeit später musste der Angreifer jedoch – wie passend für die letzten Monate – verletzt den Platz verlassen.

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Es war eine richtige Seuchensaison 2023/2024. Fünf Verletzungen sorgten dafür, dass für Gnabry am Ende gerade einmal fünf Startelfeinsätze und nur drei Tore in der Bundesliga zu Buche standen.

In jeder seiner sieben Bundesligasaisons hatte Gnabry zuvor mindestens zehn Tore erzielt. Übrigens auch schon vor seiner Bayern-Zeit in Bremen und Hoffenheim. Durch einen Unterarmbruch, Hüftprobleme und gleich drei schwere Muskelverletzungen verpasste Gnabry weite Teile der Saison und am Ende auch die EM im eigenen Land.

Der Ausflug zur Fashion Week hängt Gnabry immer noch nach

Die Saison davor lief statistisch zwar besser, hielt jedoch zwei echte Tiefpunkte parat. Bei der WM in Katar stand Gnabry in allen drei Spielen in der Startelf und ging mit der deutschen Mannschaft unter.

Wenige Wochen später, im Januar 2023, sorgte er mit einem Kurztrip zur Pariser Fashion Week an seinem freien Sonntag für einen mittelschweren Aufschrei. "Amateurhaft" nannte es der damalige Bayern-Vorstand Hasan Salihamidzic in einem seltenen öffentlichen Ausbruch.

Die Sache mit Paris hing ihm nach. Der Trip wurde zum Symbol für eine angeblich charakterschwache und satte Bayern-Mannschaft oder noch besser gleich für eine ganze Spielergeneration, die sich zu viel um Social Media und Frisuren und zu wenig um den sportlichen Erfolg kümmert. War das fair? Natürlich nicht. Aber so ist das manchmal mit Symbolen. Einmal in den Köpfen festgesetzt, bekommt man sie schwer wieder weg.

Gnabry bekam unfreiwillig die Chance auf einen Neustart

Insofern mag die lange Pause nach der erneuten Verletzung im Halbfinale der Champions League gegen Real Madrid im Mai dieses Jahres Gnabry trotz all der Bitterkeit über die verpasste EM auch gutgetan haben. Es war die Chance auf einen Neustart.

Anders als die EM-Fahrer absolvierte er die komplette Vorbereitung mit dem neuen Coach Vincent Kompany und konnte sich beweisen. Lange wurde darüber spekuliert, ob Gnabry nach der enttäuschenden Vorsaison ein heisser Wechselkandidat für den Sommer werden würde. Danach sieht es aktuell nicht mehr aus. Gnabry, der neben seinem herausragenden Abschluss vor allem von seiner Schnelligkeit lebt, wirkt fit. Spritzig. Explosiv. Und er hat das Vertrauen von Kompany.

Gnabry überzeugte bislang in der noch jungen Saison

In beiden Pflichtspielen der Saison stand der Angreifer in der Startelf. Einmal rechts. Einmal links auf dem Flügel. Gegen Ulm bereitete er einen Treffer vor. Gegen Wolfsburg sorgte er mit seinem Treffer zum 3:2 in einem komplizierten Spiel für die Entscheidung und verhinderte so einen Fehlstart.

Es war ein typischer Gnabry. Von der Aussenlinie rückte er in der 82. Minute mit viel Tempo im Rücken der Wolfsburger Verteidigung in den Strafraum. Wunderbar freigespielt von Kane, nahm er den Ball in hohem Tempo mit und schoss aus spitzem Winkel ins lange Eck.

Soll man jemandem in 20 Jahren einmal den Spieler Serge Gnabry erklären, dann kann man ihm einfach dieses Tor zeigen. Es ist sinnbildlich für das, was Gnabry kann. Hohes Tempo, Zug zum Tor und dieser herausragende platzierte Abschluss, der ihn vor allem von Konkurrenten wie Kingsley Coman oder Leroy Sané unterscheidet.

Serge Gnabry, im Herzen ein Strafraumstürmer

Gnabry ist keiner, der eine tiefstehende Defensive mit spektakulären Dribblings aufreisst. Er ist kein Kreativer, der aus dem Nichts und allein grosse Momente erschafft. Gnabry ist im Herzen ein Strafraumstürmer mit dem Körperbau und der Geschwindigkeit eines Flügelspielers. Es geht immer schnörkellos Richtung Tor. Das macht ihn für Trainer so spannend.

Dass Julian Nagelsmann ihn zunächst nicht für die anstehenden Spiele in der Nations League gegen Ungarn und die Niederlande nominiert hat, sollte er als Motivation verstehen, so weiterzumachen wie zum Start in die neue Saison.

Gnabrys Comeback in der DFB-Elf ist nur eine Frage der Zeit

Dann kommt Nagelsmann, der jeden torgefährlichen Spieler gut gebrauchen kann, ohnehin nicht mehr lang an ihm vorbei. Die zusätzliche Trainingszeit könnte ihm sogar weiter Auftrieb geben, sich bei Kompany richtig festzuspielen und körperlich noch stärker zu werden.

Gnabry greift jedenfalls wieder an. Nicht nur um die Geschichte mit der Fashion Week hinter sich zu lassen, sondern endlich wieder auf dem Platz zu zeigen, was ihn ausmacht. Tempo. Und vor allem: Tore.

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