- Uli Hoeness verteidigt öffentlich WM-Ausrichter Katar - und wird dafür kritisiert.
- Die Geschäftsbeziehungen des FC Bayern mit dem Emirat sind eng und sorgen auch in München für Zündstoff. Eine Spurensuche.
Uli Hoeness macht es wieder: Der Ehrenpräsident des FC Bayern zieht die Aufmerksamkeit auf sich, während es in der Bundesliga für die Münchner nicht läuft. Mit einem gewohnt hemdsärmeligen Anruf in der Live-Sendung des Fussball-Talks "Doppelpass" brachte er sich ins Gespräch.
WM-Gastgeber Katar: Uli Hoeness verteidigt das Emirat
Konkret: Als bei Sport1 eifrig über die Winter-WM (20. November bis 18. Dezember 2022) in Katar diskutiert wurde, rief Hoeness spontan an. Der 70-Jährige verteidigte vehement den WM-Gastgeber, während der frühere Geschäftsführer der Deutschen Fussball Liga (DFL), Andreas Rettig, die Kataris scharf kritisierte. Denn: Das Emirat steht im Verdacht, auf den WM-Baustellen Gastarbeiter auszubeuten.
FC Bayern: Polarisierendes Emirat Katar ist Partner der Münchner
Damit nicht genug:
Und das unter allerbesten Bedingungen in der spektakulär anmutenden Aspire Academy von Doha. Die Geschäftsbeziehungen sind entsprechend eng. Als 2013 erste Berichte über angebliche Menschenrechtsverletzungen auf den WM-Baustellen die Runde machten, war Vereinsikone Franz Beckenbauer einer derer, die beschwichtigten. "Also, ich hab noch keinen einzigen Sklaven in Katar gesehen. Die laufen alle frei rum", sagte der Weltmeister-Trainer von 1990 nach einem Besuch des nur 2,7 Millionen Einwohner zählenden Landes.
Unter Regie von Hoeness wurden die Beziehungen zum Emirat trotz der bedenklichen Menschenrechtslage ausgeweitet. 2018 stachen die Qatar Airways die deutsche Lufthansa als Premiumsponsor aus. Und das, weil das katarische Staatsunternehmen laut "Sport Bild" pro Jahr 20 Millionen Euro für ein Sponsoring-Logo auf dem Ärmel der Fussballer zahlt. Bei der Lufthansa sollen es 2,5 Millionen Euro jährlich gewesen sein. Der Deal, der 2023 ausläuft, brachte den Bayern demnach insgesamt 100 Millionen Euro ein. Für vergleichsweise wenig Werbefläche. Das Engagement brachte aber auch die organisierte Fanszene auf die Barrikaden.
FC Bayern: Konflikt mit Ultras wegen Sponsoring von Katar
Es ist ein Konflikt, der auf der letzten Jahreshauptversammlung am 25. November 2021 eskalierte. Das Gros der etwa 800 (von insgesamt 293.000) anwesenden Mitgliedern gehörte den Ultras an. Die organisierten Fans hatten im Vorfeld einen Antrag eingebracht, der eine Verlängerung des Sponsorings von Qatar Airways über 2023 verhindern sollte. Vergeblich. Unter fragwürdigen Bedingungen wurde der Antrag von Vereinsseite schlicht nicht zugelassen. Dabei werden Berichte über angebliche Menschenrechtsverletzungen des autoritären Staatsapparates in Katar detaillierter.
Laut einem Bericht von Amnesty International aus dem Dezember 2021 heisst es etwa zu den Gastarbeitern: "15.021 Nicht-Katarer sind zwischen 2010 und 2019 gestorben – in allen Altersgruppen, aus allen Gründen und in allen Berufen." Bei der JHV 2021 wollte das Präsidium von Hoeness-Nachfolger
"Bayern München hat mit Qatar Airways eine Partnerschaft, und ich war da auch nie ein Pharisäer, wenn ich das mal so sagen darf. Wir haben gutes Geld aus diesem Vertrag bekommen", erklärte der frühere Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge damals dem WDR. Dieses Geld sei wichtig, "um die Spieler zu bezahlen, damit man auch gute Qualität auf dem Platz hat". Das Thema erfährt Brisanz, da der Bundesliga-Gigant finanziell unter Druck steht.
FC Bayern: Münchner stehen international finanziell unter Druck
Seit Monaten machen
Während die Bayern seit Sommer 2019 ein Transferminus von rund 227 Millionen Euro angesammelt haben, betrug das liquide Vermögen Ende 2021 laut Vereinsangaben 209 Millionen Euro. Das ist viel. Aber genug, um mit reinen Investoren-Klubs mithalten zu können? Das steigert die Bedeutung des Katar-Sponsorings für den Klub erheblich. Das weiss Hoeness sicherlich. Am 15. Oktober ist die JHV 2022. Es könnte wieder brisant werden.
Verwendete Quellen:
- JHV 2021 des FC Bayern
- Abendzeitung München: Scharfe Kritik an Hainer und Kahn
- www1.wdr.de: Karl-Heinz Rummenigge - Der Fussball gehört vielen
- t-online.de: Wie ein tiefer Graben den FC Bayern durchzieht
- merkur.de: Ein Jahr vor der Katar-WM: Tausende Tote und "sklavenähnliche Zustände"?
- Sport 1: Doppelpass (25. September 2022)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.