Franck Ribéry ist bislang der grosse Gewinner der Saisonvorbereitung des FC Bayern. Unter Trainer Carlo Ancelotti spielt er gross auf, scheint wieder die Leichtigkeit vergangener Jahre zurückzugewinnen. Erleben wir noch einmal die grosse Zeit des Dribbel-Künstlers?

Mehr News zur Bundesliga

Es war fast so, als wäre der junge Franck Ribéry zurückgekehrt. Beim Testspiel gegen den AC Mailand in Chicago traf der 33-Jährige doppelt. Trainer Carlo Ancelotti lobte in der "Bild"-Zeitung: "Ribéry war einer der Besten." Dass das Spiel nach Elfmeterschiessen mit 3:5 verloren wurde, war lediglich eine Randnotiz. Wichtiger ist der Hoffnungsschimmer, dass Ribéry wieder zur alten Klasse zurückfindet.

Seine Schnelligkeit, seine Ballsicherheit, seine Dribbelstärke, seine gute Spielübersicht, seine Beidfüssigkeit – all das machte den Franzosen zu einem Weltklassespieler. 2013 befand er sich auf dem Höhepunkt. Er gewann mit den Bayern das Triple, hatte sogar gute Chancen auf den Ballon d'Or für den besten Fussballer der Welt. Dass Ribéry hinter den Weltstars Cristiano Ronaldo und Lionel Messi lediglich auf Platz 3 landete, sorgte bei manchen für Unverständnis.

Besonders bei Ribéry war die Enttäuschung gross. In der "Bild" sagte er damals: "Alle sagen mir, ich hätte gewinnen müssen. Aber gut, jetzt muss ich den Kopf oben halten." Ob nun Zufall oder nicht: Nach dem enttäuschenden Wahl-Ergebnis sank der Stern des Ballkünstlers. Verletzungen warfen ihn immer wieder zurück. Die Leichtigkeit auf dem Spielfeld ging verloren.

Unter Guardiola fehlte Ribéry die menschliche Bindung

Erschwerend kam das angespannte Verhältnis zwischen ihm und Trainer Pep Guardiola hinzu. Bei einer Pressekonferenz sagte Ribéry in Richtung Ex-Trainer: "Ich bin keiner, dem man immer sagt, du musst das auf dem Platz so oder so machen. Ich muss frei auf dem Platz sein."

Zudem fehlte ihm bei Guardiola die menschliche Bindung. Ein persönliches Gespräch hier, ein motivierender Klapps dort – für den harmoniebedürftigen Ribéry ist das wichtig. Bei Guardiola gab es das nicht, bei Ancelotti hingegen jetzt schon. Der neue Trainer wisse eben, "wie man mit grossen Spielern umgeht. Er ist richtig cool und locker, ein grosser Trainer mit viel Erfahrung."

Ribéry starker Auftritt gegen den AC Mailand war kein Einzelfall. Schon seit dem Trainingsbeginn wirkt der Franzose wie ausgewechselt. Er ist fit, wirkt voller Elan und (besonders wichtig) macht einen glücklichen Eindruck. Er macht Spässe mit seinen Mannschaftskameraden und lacht herzhaft. So befreit war er in den Trainingseinheiten unter Guardiola selten zu sehen.

"Ich fühle mich frei, voll motiviert", sagt der Linksaussen zum "kicker". Das gute Verhältnis zum Trainer scheint eine Motivationsspritze zu sein: "Man muss mir das Fussballspielen nicht mehr beibringen. Es kommt auf Dinge wie Vertrauen, Respekt und Nähe an, dann kann ich nicht nur 100 Prozent geben, sondern 150 Prozent."

Dass auch Uli Hoeness wieder häufiger im Umfeld des Rekordmeisters zu sehen ist, vielleicht bald sogar wieder Präsident sein wird, dürfte ihm ebenfalls gefallen. Hoeness zählt für Ribéry zu den wichtigsten Vertrauenspersonen. Kurz gesagt: München könnte für den Superstar wieder zur Wohlfühloase werden.

Auch Ancelotti scheint die Qualitäten von Ribéry zu schätzen. Bei einer Pressekonferenz sagte er: "Ribéry ist ein fantastischer Spieler. Ich mag seinen Stil, mag es, wie er fokussiert ist. Er kann noch sehr wichtig werden für uns."

Zum Saisonstart könnte Ribéry eine wichtige Rolle spielen

Besonders zum Saisonstart könnte der ehemalige französische Nationalspieler gefordert sein. Der zweite Linksaussen Douglas Costa kann aufgrund einer Oberschenkelverletzung nicht im gewohnten Masse an der Saisonvorbereitung teilnehmen. Überhaupt konnte der Brasilianer in der vergangenen Rückrunde nicht an seine starke Hinrunde anknüpfen.

Zwar könnte auch Kingsley Coman mit Ribéry um die Position auf der linken Seite konkurrieren. Vergangene Saison wurde der 20-Jährige häufiger dort eingesetzt. Doch ist er vom Ursprung her eher ein Spieler für die rechte Seite. In beiden Fällen scheint Ribéry also gewisse Vorteile zu haben.

Nicht wegdiskutieren lässt sich allerdings die Verletzungsanfälligkeit des Franzosen. Alleine seit Januar 2014 hatte er acht Verletzungen bzw. Blessuren. 493 Tage hat er dadurch gefehlt – wie gesagt: innerhalb von nur zweieinhalb Jahren. Es lässt sich also nicht ausschliessen, dass ihm sein Körper auch zukünftig einen Strich durch die Rechnung macht.

Ribéry macht sich offenbar keine Sorgen, versprach sogar in der "Bild": "Ich kann noch zwei Jahre auf diesem Niveau spielen." Sollte das stimmen, könnte schon bald eine Vertragsverlängerung zum Thema werden. Seine Arbeitspapiere laufen zum Saisonende aus.

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.