Die Tätlichkeit von Franck Ribéry beim Supercup gegen Borussia Dortmund bleibt in Erinnerung. Ein Sportpsychologe erklärt, warum einige Athleten immer wieder ausrasten und was sich dagegen tun lässt.
Es war die unschönste Szene eines ansonsten tollen Fussballabends: In einem Zweikampf mit Dortmunds Felix Passlack rastete
Für den Sportpsychologen Prof. Dr. Oliver Stoll von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg war das ein klassisches Beispiel für Sportler-Ausraster: "Wenn jemand das Gefühl hat, er wird mit unfairen Mitteln daran gehindert, sein Ziel zu erreichen, neigen einige zur Impulsivität." Zur Erklärung: Dem Schlag von Ribéry ging ein (leichtes) Foul von Passlack zuvor.
Ausraster im Sport gibt es leider häufig:
Der "König" der sportlichen Hitzköpfe war der ehemalige Boxer Peter Müller. Der brachte es während eines Kampfes fertig, den Ringrichter niederzuschlagen.
Franck Ribéry fiel schon häufiger auf
Was auffällt: Die meisten Sportler, die im Wettkampf ausrasten, sind Wiederholungstäter. Auch Ribéry fiel schon häufiger unangenehm auf. Es ist keine drei Monate her, als der Franzose beim DFB-Pokalfinale Dortmunds Gonzalo Castro einen Finger ins Auge bohrte. Im Jahre 2012 soll er in der Kabine sogar seinen Mitspieler
Offenbar gilt das Motto: Wer es einmal tut, tut es wieder. Andere Sportler hingegen, wie zum Beispiel Philipp Lahm oder Manuel Neuer, bleiben eine ganze Karriere ohne Tätlichkeiten.
Stoll führt das auf die Persönlichkeitsstruktur zurück: "Extrovertiertheit und Introvertiertheit sind Dimensionen unserer Persönlichkeit. Introvertierte Menschen machen ärgerliche Vorkommnisse innerlich mit sich selber aus. Extrovertierte lassen ihrem Ärger freien Lauf. Das ist bei Nicht-Sportlern übrigens genauso."
"Anger-out" ist der psychologische Fachbegriff für die Neigung, seinen erlebten Ärger an Personen oder Objekten auszulassen. "Wenn jemand generell dazu neigt, ärgerlich zu reagieren, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass er das sowohl in Alltagssituationen wie auch im Sport tut."
Allerdings hänge das auch davon ab, wie relevant die Situation für die jeweilige Person ist: "Ein grosses Fussballspiel hat natürlich eine grössere Bedeutung als ein daheim verschütteter Kaffee."
Sanktionen gegen die Spieler
Ausraster bleiben oft nicht ohne Folgen. Der Schiedsrichter mag manch eine Tätlichkeit übersehen, der Arbeitgeber tut das nicht. Guerrero zum Beispiel wurde nach dem Flaschenwurf von seinem damaligen Verein Hamburger SV eine Geldstrafe von 100.000 Euro aufgebrummt. Ribéry musste für seinen Schlag gegen Robben laut "Bild"-Zeitung rund 50.000 Euro zahlen.
Sanktionen können als Denkzettel durchaus sinnvoll sein – sieht man einmal davon ab, dass die genannten Summen den Fussball-Millionären nicht allzu weh tun. Wichtiger ist laut Stoll ohnehin, dass die Sportler trainieren, ihre Emotionen im Griff zu behalten. Dies falle in die Aufgabe eines Sportpsychologen.
Der erste Schritt zur Besserung sei die Selbsterkenntnis, erzählt Stoll: "Wir helfen den Athleten dabei, Situationen, in denen sie impulsiv reagieren, zu erkennen. Danach bringen wir ihnen Tools bei, mit denen sie Ärger-Ausbrüche verhindern können. Dazu bieten sich kurzfristige Entspannungsverfahren an."
Einfach mal tief durchatmen
Wenn der Sportler also merkt, dass sein Blut in Wallungen gerät, soll er sich selber helfen können. Stoll bringt ein Beispiel: "Wenn ich als Fussballer eine Blutgrätsche kriege und es in mir brodelt, kann ich mir ein symbolisches Stoppschild in Erinnerung rufen, das mich daran hindert, auszurasten." Klingt einfach, ist aber nur effektiv, wenn das mit einem Psychologen lange trainiert wurde.
Soll führt fort: "Es kann auch helfen, in solchen Momenten tief durchzuatmen, sodass sich der Brustkorb erweitert. Brustkorberweiterungen führen immer zu einer schnellwirkenden Entspannung."
Also Franck: Nächstes Mal einfach tief durchatmen oder auf das Stoppschild achten. Dann bleiben wir Zuschauer von solch unschönen Szenen verschont.
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