Frank Schmidt ist der wohl wichtigste Faktor für den Erfolg des 1. FC Heidenheim, der als Aufsteiger und krasser Aussenseiter in die neue Bundesliga-Saison geht. Der Trainer ist seit 2003 im Verein und seit 2007 Coach. Dabei war er eigentlich nur eine Übergangslösung – der Startschuss für eine ganz besondere und ebenso seltene Geschichte.

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Es gibt Dinge, die sind vorbestimmt. Und manchmal sind sie auch fast schon zu kitschig, um wahr zu sein. Denn waschechte Romantik hat im Profifussball ja schon etwas länger nicht mehr viel verloren. Doch rund um den 1. FC Heidenheim ist etwas entstanden, das wieder an das Gute in dem knallharten Business glauben lässt.

Denn dass Frank Schmidt in Heidenheim geboren ist, dort gespielt hat und seit 2007 als Trainer eine beeindruckende Erfolgsgeschichte schreibt, gehört zu den kleinen Märchen, die man heutzutage lange suchen muss. In Heidenheim, beim 57. Bundesligisten in der Geschichte der Liga, für den das grosse Abenteuer am kommenden Wochenende beim VfL Wolfsburg endlich beginnt, wird man fündig.

Dass der 49-Jährige nicht nur der Baumeister des Erfolgs der Heidenheimer ist, sondern von Wegbegleitern dann auch noch als bodenständig, ehrlich und menschlich überragend beschrieben wird, wäre für ein Drehbuch fast schon zu viel des Guten. Doch in Heidenheim, dem 50.000-Einwohner-Städtchen, ist es das Erfolgsgeheimnis. Sozialkompetenz nennt es Schmidt, der weiss, dass fachliches Können alleine bei einem so kleinen Verein nicht ausreicht.

Der Aufstieg ist ein Quantensprung

Ehrgeiz, Emotionen, Konstanz, Zusammenhalt und dazu ehrliche Arbeit sind weitere essenzielle Komponenten für den Erfolg. Wer es gut haben will, der muss etwas dafür tun, so das Motto. Schmidt hat nicht erst mit dem Aufstieg viel für den Klub getan. Doch der Sprung in die Bundesliga sei "ein Quantensprung, eine neue Dimension", sagte Schmidt dem "kicker".

Er sieht seine Mannschaft personell, strukturell und fussballerisch "auf die Aufgabe vorbereitet". Was die Gegner erwartet? "Emotionalität, schnelles Umschalten in beiden Richtungen und maximale Gegenwehr vor einem Gegentor", sagte Schmidt im Podcast "Einfach mal Luppen" der Kroos-Brüder Toni und Felix. "Wir wollen unseren Fussball weiterentwickeln und uns treu bleiben", sagte Schmidt.

Er selbst ist sich auch immer treu geblieben. Viele kennen ihn noch aus der Dokumentation "Trainer!", für die er 2013 mit seinem Klub die Hosen runtergelssen hat. Er ist der erfolgreichste der drei Protagonisten um Schmidt, Andre Schubert und Stephan Schmidt. Wo genau er seit 2007 Erfolg hat, das müssen viele googeln. Der Verein - gerne als Dorfklub belächelt - liegt im Dreieck zwischen Nürnberg, Stuttgart und München.

"Wir müssen in Vorleistung gehen"

Heidenheim ist Mittelstand, der Klub überlebt ohne Mäzen oder Investor, stattdessen setzt er auf Unternehmen und rund 500 Sponsoren aus der Region, die grossen Förderer sind Voith (Maschinenbaukonzern), Hartmann (Hersteller von Medizin- und Pflegeprodukten) und MHP (IT-Beratung). "Wir haben keinen, der sagt, hier habt ihr mal fünf Millionen. Jetzt schaut mal, dass ihr gute Spieler kauft und Erfolg habt. Das ist bei uns genau umgekehrt. Wir müssen in Vorleistung gehen und dann ziehen unsere Partner und Sponsoren mit", sagte Schmidt.

Und die Region hat ein Credo: Das Glas ist meist halbleer, was sogar durch die Vereinshymne transportiert wird, in der es heisst: "Wir bruddeln uns von Sieg zu Sieg". Wenn der Schwabe bruddelt, dann ist er schlechter gelaunt als sowieso schon.

Die Identifikation der Menschen mit dem Fussball musste Schmidt erstmal aufbauen. Das ist ihm fraglos gelungen, indem seine Mannschaft so ehrlich arbeitet wie die Menschen dort. "Dass die Leute für den 1. FC Heidenheim aufstehen und klatschen, stolz sind, das ist vielleicht unser grösster Verdienst", erklärte er vor ein paar Jahren mal in der "Zeit" den Schlag Mensch aus der Schwäbischen Ostalb.

Wenn er spricht, legt Schmidt den Kopf leicht schief. Denn diese markante Körperhaltung kommt durch eine Verknöcherung an der Halswirbelsäule und ist ebenso eine Art Markenzeichen wie die Tatsache, dass er der dienstälteste Trainer im deutschen Profifussball ist. Das Erfolgsgeheimnis? "Weil er es versteht, sich immer wieder neu zu pushen", sagte Klubchef Holger Sanwald – selbst seit 1994 (!) im Verein – im Gespräch mit unserer Redaktion. "Er hat ein hohes Ehrgeizlevel, setzt sich realistische Ziele, will mit unserem Verein etwas erreichen. Das liegt auch an der besonderen Konstellation, dass er seit der Verbandsliga als Spieler (seit 2003, Anm.d.Red.) bei uns ist. Für ihn ist es eine Herzenssache, das wirft man nicht einfach so weg", sagte Sanwald.

Schmidt sieht sich als Dienstleister und Wettkämpfer

Doch dass auch ein so verdienter Trainer bei ausbleibendem Erfolg vom Klub infrage gestellt werden könnte, ist Schmidt bewusst: "Wenn es eng wird, werden viele Klubs schnell nervös. Am Ende ist das auch in Heidenheim so, auch ich muss Erfolg haben." Er sei aber "nicht so lange hier, weil wir uns täglich umarmen und uns sagen, wie toll wir alle sind. Ich sehe mich als Dienstleister und Wettkämpfer mit einer klaren Vorgabe vom Verein."

Die lautet: So viel wie möglich aus den Möglichkeiten machen. Die sind begrenzt. Im wilden Transfersommer 2023 hat Heidenheim bescheidene 2,3 Millionen Euro ausgegeben und sich mit Marvin Pieringer (Schalke 04), Nikola Dovedan (Austria Wien), Eren Dinkci (Werder Bremen), Tim Siersleben (VfL Wolfsburg), Omar Traoré (VfL Osnabrück) und Benedikt Gimber (Jahn Regensburg) punktuell verstärkt, dabei aber die Stammspieler gehalten, darunter auch Top-Torjäger Tim Kleindienst.

Der Kader hat laut transfermarkt.de einen Gesamt-Marktwert von 29,15 Millionen Euro, womit man vor Mit-Aufsteiger Darmstadt 98 liegt (27,2 Millionen), aber deutlich hinter dem VfL Bochum auf Platz 16 (52,25 Millionen Euro). "Auch wenn wir als Abstiegskandidat Nummer eins oder zwei gelten, wollen wir eines in der Bundesliga nicht machen: Nämlich sagen, jetzt müssen wir uns auf jeden Fall hinten reinstellen", sagte Schmidt. Das gibt wahrscheinlich die eine oder andere blutige Nase. "Aber was es nicht gibt, ist Pessimismus", sagte Schmidt.

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Irgendwann eine Tapas-Bar am Strand

Wenn es geht, möchte er seinen noch bis 2027 laufenden Vertrag erfüllen. Er sei aber fest entschlossen, nicht "bis ins Rentenalter Trainer zu sein". Vielmehr wolle er früher oder später "auch noch mal eine andere Facette im Leben erleben". Wie zum Beispiel eine Tapas-Bar am Strand, wie er verriet. Aber: "Der Zeitpunkt für diesen Schritt ist noch weit weg." In Heidenheim werden sie aufatmen, dass Schmidt das Märchen noch ein bisschen fortsetzen möchte.

Dabei sollte er 2007 nach dem Ende seiner aktiven Karriere eigentlich nur spontan einspringen. Klubchef Sanwald hatte ihn überredet, für ein, zwei Spiele zu übernehmen, als Übergangslösung. Das ist jetzt 16 Jahre her, aus zwei sind 587 Pflichtspiele und aus der Oberliga die Bundesliga geworden. Manche Dinge sind eben vorbestimmt.

Verwendete Quellen:

  • kicker.de: Schmidt: "Ich bin nicht so lange hier, weil wir uns täglich umarmen"
  • Podcast "Einfach mal Luppen"
  • transfermarkt.de: Bundesliga
  • zeit.de: "Wir müssen so spielen, wie die Menschen hier arbeiten"
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