Ein Grossteil der Mannschaften in der Frauen-Bundesliga wird mit Geldern aus dem Männerfussball subventioniert. Das Ziel einer neu gegründeten Gesellschaft und Taskforce ist es, den deutschen Frauenfussball wirtschaftlich erfolgreicher, unabhängiger von den Männern und im internationalen Markt wettbewerbsfähiger zu machen.
Der grosse Hype, den die deutsche Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft 2022 ausgelöst hatte, ist vorbei. Eine schnell wachsende Sportart bleibt der Frauenfussball aber weiterhin, in Deutschland, in Europa und der ganzen Welt.
Schon länger wird deshalb intensiv diskutiert, wie der Frauenfussball in Deutschland dieses Momentum nutzen kann, wie die Google Pixel Frauen-Bundesliga wachsen und im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig bleiben kann.
Die jüngste Entwicklung in diesem Prozess ist die Gründung einer Gesellschaft durch die Vereine der Bundesliga, die am Dienstag etwas überraschend verkündet wurde. Unter dem Projektnamen "Der Frauen-Fussball braucht weniger Worte, mehr Taten" wurde eine Taskforce ins Leben gerufen, die die Frauen-Bundesliga in die Zukunft führen soll.
Die Frauen-Bundesliga soll unabhängig werden
"Zweck der neuen Gesellschaft ist die konzeptionelle Entwicklung und Ausrichtung der Frauen-Bundesliga in ein sich selbst tragendes und eigenständiges Ökosystem", hiess es in einer Pressemitteilung, die mehrere Vereine am Dienstag gleichzeitig veröffentlichten.
Ein eigenständiges Ökosystem ist in der Biologie unabhängig von äusseren Einflüssen, von der Zufuhr von Energie und Stoffen. Und genau das ist die Frauen-Bundesliga noch nicht, sondern aktuell ein Zuschussgeschäft.
"Unsere Frauenfussballabteilung wurde vor fast 50 Jahren gegründet, seit 2011 spielt der SC Freiburg ununterbrochen in der Frauen-Bundesliga. Aus eigener Kraft, ohne die umfangreiche Unterstützung des Gesamtvereins, wäre Frauenfussball auf diesem Niveau in Freiburg nicht möglich", sagte Birgit Bauer-Schick, die den Bereich Frauenfussball beim SC Freiburg leitet.
"Wir arbeiten beim 1. FC Köln daran, dass der FC-Frauenfussball ein eigenes Ökosystem bildet, sich somit finanziell selbst tragen kann und wirtschaftlich nicht vom männlichen Lizenzfussball abhängig ist", erklärte FC-Geschäftsführer Christian Keller.
Frauen-Tabelle spiegelt Kräfteverhältnisse im Männerfussball
Nach dem vierten Spieltag der Frauen-Bundesliga am vergangenen Wochenende belegte der FC Bayern München den ersten Tabellenplatz vor Eintracht Frankfurt, dahinter folgten Bayer Leverkusen und RB Leipzig. Auf den ersten vier Plätzen lagen somit die gleichen vier Vereine, die auch die Männer-Bundesliga anführten.
Das mag Zufall sein, eine Momentaufnahme. Aber es ist auch ein Beleg dafür, dass sich die Kräfteverhältnisse im Männer-Fussball mehr und mehr in der Frauen-Bundesliga widerspiegeln. Die Top-Klubs der Männer investieren in den Frauenfussball, weil ihnen dies die Möglichkeit gibt, neue Fans zu gewinnen. Der Frauenfussball verspricht Wachstum in einer Branche, in der vieles ausgereizt ist. Und obendrein können sich die Vereine diverser aufstellen.
In England ist das nicht anders, trotzdem ist die Women's Super League Vorreiter in Sachen Vermarktung und Kapitalisierung. Mit kräftiger Unterstützung des englischen Fussballverbandes FA und der Premier League der Männer wurden sehr professionelle Strukturen geschaffen, regelmässig werden Topspiele in den grossen Stadien vor zehntausenden Fans ausgetragen.
"Arsenal schafft es, das Emirates Stadium bei Ligaspielen auszuverkaufen. Wir müssen es auch schaffen, mehr Fans zu bekommen. Wir müssen ein Produkt schaffen, das mehr Anhänger findet. Wir beim FC Bayern sind in der glücklichen Situation, viele Fans zu haben. Aber wir müssen wachsen, wir müssen Einnahmen schaffen, um auf Augenhöhe mit den grössten Teams in Europa zu kommen", sagte Bayern-Trainer Alexander Straus am Freitag in einer Presserunde.
Die Women's Super League ist eine starke Konkurrentin
Im Werben um Spielerinnen und die internationale Vermarktbarkeit ist die Women's Super League eine direkte Konkurrentin der Bundesliga. Nicht nur deshalb stehe die heimische Liga national wie international vor grossen Herausforderungen, wie Katharina Kiel erklärte.
"Ein wesentlicher Grund hierfür ist die Tatsache, dass die Klubs durch den stark wachsenden Markt des Frauenfussballs mit einem immer grösser werdenden Ausgabendruck umgehen müssen. Dies führt bei vielen Klubs zu einer immer grösseren Abhängigkeit vom Männerfussball und stellt die reinen Frauenvereine vor eine noch grössere Herausforderung", sagte die Technische Direktorin von Eintracht Frankfurt.
Tatsächlich sind in diesem Zuschuss-Szenario die Vereine die Verlierer, die keinen grossen Männerklub an ihrer Seite haben. In der Bundesliga sind das aktuell die SGS Essen und Aufsteiger Turbine Potsdam. Dass in der neuen Gesellschaft alle Vereine an einem Strang ziehen, kann als gutes Zeichen für mehr Chancengleichheit in der Liga gewertet werden.
Die Ideen des DFB kamen nicht bei allen Vereinen gut an
Die grosse Frage ist nun aber, wie die Professionalisierung und bessere Vermarktung gelingen soll. Der DFB hatte im Frühjahr einen Professionalisierungs- und Wachstumsplan vorgelegt, der unter anderem einen Mindestlohn für Spielerinnen, höhere Ansprüche an die Infrastruktur, wie zum Beispiel Rasenheizung und VIP-Logen, und einen verpflichtend grösseren Trainerstab vorsieht.
Zu dieser Saison wurde bereits die Austragung des Supercups eingeführt, in der kommenden Spielzeit wächst die Frauen-Bundesliga von zwölf auf 14 Mannschaften an. Die Ideen des DFB kamen allerdings nicht bei allen Vereinen gut an, da die Voraussetzungen bei den einzelnen Klubs sehr unterschiedlich sind. Das Leistungsgefälle ist wirtschaftlich wie sportlich selbst innerhalb der Bundesliga gross.
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Während die Top-Klubs längst ausschliesslich gutbezahlte Profispielerinnen unter Vertrag haben, sind bei den Vereinen in der unteren Tabellenhälfte einige Spielerinnen noch berufstätig. Während die Top-Klubs mit vielen Nationalspielerinnen und Spielen in der Champions League über eine zu hohe Belastung klagen, wünschen sich die übrigen Vereine mehr Spiele.
Der DFB sitzt mit in der Taskforce
Die Gründung der Gesellschaft und der Taskforce ist ein Zeichen, diese Probleme gemeinsam angehen und Kompromisse finden zu wollen. Es ist ein Schritt zu mehr Unabhängigkeit, auch wenn der Weg hin zu einem eigenen Verband nach Vorbild der DFL bei den Männern noch weit ist.
Eine schon häufiger diskutierte Ausgliederung der Frauen-Bundesliga aus dem DFB scheint jedenfalls erstmal kein Thema zu sein, schliesslich sitzt neben Vertreterinnen und Vertreterinnen aus München, Wolfsburg, Frankfurt, Leipzig, Köln, Hoffenheim, Essen, Freiburg und Bremen auch der Verband mit in der Taskforce.
Gemeinsam soll ein Plan für ein Ökosystem erarbeitet werden, das es dem Frauenfussball ermöglicht, sich ganz frei von äusseren Einflüssen prächtig zu entwickeln.
Verwendete Quellen
- Teilnahme am Pressetalk der Frauen des FC Bayern mit Alexander Straus
- scfreiburg.com: Frauen-Bundesligisten intensivieren Zusammenarbeit
- frauen.eintracht.de: Frauen-Bundesligisten intensivieren die Zusammenarbeit
- fc.de: Frauen-Bundesligisten intensivieren die Zusammenarbeit
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