- Pal Dardai ist nicht mehr Cheftrainer von Hertha BSC.
- Der Ungar hatte den derzeitigen Tabellen-14. der Bundesliga in der Schlussphase der vergangenen Saison zum Klassenerhalt geführt.
- Das Verhältnis zu Geschäftsführer Fredi Bobic aber galt als zerrüttet.
- Bobic erklärt die Gründe für den Schritt und präsentiert Dardais Nachfolger.
Die Nachricht seiner Entlassung erreichte Pal Dardai zur Frühstückszeit. Am Montagmorgen bat Geschäftsführer Fredi Bobic den Trainer von Hertha BSC zum dringenden Sechs-Augen-Gespräch und teilte dem Klub-Urgestein im Beisein von Sportdirektor Arne Friedrich seine Beurlaubung mit. Es sei ein "kollegiales, offenes und gutes Gespräch" gewesen, versicherte Bobic.
Zum zweiten Mal nach 2019 muss Dardai als Cheftrainer des Berliner Bundesligisten gehen. Als Nachfolger präsentierten die Blau-Weissen überraschend Tayfun Korkut. Der 47-Jährige, der einen Vertrag bis Saisonende erhält, soll den Klub in "ruhigere Gewässer" führen.
Das war Dardai nicht mehr zugetraut worden. "Es gibt Zeitpunkte, wo du Entscheidungen treffen musst. Dieser Zeitpunkt war gekommen", sagte Bobic mit ernster Stimme. Insgesamt habe man nicht das Gefühl gehabt, "dass sich viele Dinge verbessern", so Bobic, der die Kritik in einem Wort in einem Nebensatz zusammenfasste: "Durchwursteln."
Fredi Bobic: Auch bei einem Sieg wäre Pal Dardai entlassen worden
Dardais Entlassung verkündete Hertha zwei Tage nach dem bitteren Remis gegen den direkten Abstiegsrivalen FC Augsburg (1:1). Der Last-Minute-Ausgleich von Augsburgs Michael Gregoritsch im Olympiastadion besiegelte das Aus für den Ungarn aber nicht mehr. "Wenn wir 1:0 gewonnen hätten, wäre die Entscheidung genauso gefallen", sagte Bobic.
Ursächlich für die Trennung waren tiefer liegende Gründe. Dardai hatte seine zweite Hertha-Amtszeit im Januar als Retter angetreten. Er stabilisierte eine verunsicherte Mannschaft, die viel zu selten als solche aufgetreten war.
Der drohende Abstieg wurde vermieden. Herthas Fussball jedoch blieb bieder, das Team zu abhängig von Einzelaktionen, eine offensive Spielphilosophie war bis zuletzt nicht zu erkennen. "Neue Spieler besser machen, alte Spieler aktiveren" - all das vermisste Bobic bei Dardai.
Auch die Mentalität der Mannschaft ist nach wie vor ein viel diskutiertes Thema in der Hauptstadt. Das Image, nur eine Übergangslösung in den grossen Plänen des von Investor Lars Windhorst alimentierten Klubs zu sein, konnte Dardai so nicht loswerden.
Risse zwischen Trainer und der neuen sportlichen Leitung um Geschäftsführer Fredi Bobic waren zudem bereits im Sommer zu erkennen.
Pal Dardai bot bereits nach Pleite bei den Bayern seinen Rücktritt an
Den Fehlstart in die Saison begleiteten Unstimmigkeiten über die Transferaktivitäten - und ein emotionaler Ausbruch Dardais. Nach der dritten Saisonpleite bei Bayern München (0:5) bot der 45-Jährige indirekt seinen Rücktritt an ("Ich hänge nicht an meinem Sitz"), dafür wurde er von Bobic öffentlich kritisiert.
In Korkut versucht sich nun der nächste Trainer in einem Verein, der seit Dardais erstem Abschied im Sommer 2019 um Stabilität ringt. Dass sein Vertrag nur bis Saisonende gilt, deutet auf einen möglichen weiteren Umbruch mit einem anderen Coach - womöglich einer "grossen" Lösung - im Sommer hin. Bei entsprechenden Leistungen stellte Bobic dem neuen Coach allerdings eine Verlängerung in Aussicht.
Der 47-Jährige arbeitete unter anderem bereits in Stuttgart, Leverkusen, Kaiserslautern und Hannover. "Mit Tayfun Korkut möchten wir der Mannschaft neue Impulse geben, er hat in der Vergangenheit schon unter Beweis gestellt, dass er ein Team nicht nur stabilisieren, sondern auch mit seiner akribischen Arbeit & Idee vom Fussball weiterentwickeln kann", wurde Bobic in einer Klub-Mitteilung zitiert.
Zunächst sind in Berlin aber die Basics gefordert. Hertha muss dringend punkten. Nach dem 13. Spieltag belegen die Blau-Weissen mit 14 Punkten nur den 14. Tabellenplatz, der Vorsprung auf den Relegationsrang beträgt nur einen Zähler.
Der sechste Trainer seit 2019
Der Klub verschliss in den vergangenen knapp zweieinhalb Jahren in Ante Covic, Jürgen Klinsmann, Alexander Nouri, Bruno Labbadia und Dardai gleich fünf Trainer.
"Ich danke Fredi Bobic und allen anderen Verantwortlichen von Hertha BSC für das Vertrauen. Ich stecke voller Energie und freue mich sehr auf diese spannende Aufgabe", sagte Korkut.
Dardai hatte bei der Hertha am 25. Januar 2021, nach dem 18. Spieltag der Vorsaison, sein Comeback als Cheftrainer gegeben und den Klub in einem sportlichen Kraftakt zum Klassenerhalt geführt. (SID/dpa/hau)
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