Immer mehr modebewusste Menschen tragen Fussballtrikots, bevorzugt ältere aus den 90er und 2000er Jahren. Woher kommt der Hype und wie profitieren die Bundesligisten davon?
So sehen Meister aus: Sneaker, weite Hosen, das neue Trikot - und ein Fischer-Hut. Auf diese Art präsentierten Victor Boniface und Piero Hincapie das neue Leverkusener Heimshirt. Es fehlten nur Goldkette, Schnurrbart und die Lockenmähne von
Damit folgt Bayer einem Trend, der in Sozialen Medien unter dem Hashtag "Blokecore" läuft. "Blokecore steht für die Verwendung von eher älteren Klubtrikots als modische Accessoires", erklärte Prof. Dr. Christoph Breuer von der deutschen Sporthochschule Köln im SID-Gespräch. Dabei steht "Bloke" grob übersetzt für Kerl und "Core" dafür, dass etwas aus einer Nische populär wird.
Prominente Beispiele für den Trend gibt es reichlich im deutschen Profi-Fussball. Sei es der vor kurzem aus Mönchengladbach verabschiedete
Bundesligaklubs setzen auf "Retro"
"Wir erleben in den letzten Jahren ein Aufleben der Fussballkultur", fasst Breuer das Phänomen zusammen. Das hänge sehr stark mit einer "Versportlichung" der Gesellschaft zusammen, in der sich die Modebranche Trikots zu nutze mache, "um herauszustechen". Selbst Louis Vuitton präsentierte zusammen mit Musiker und Designer Pharrell Williams ein Exemplar auf den Laufstegen von Paris. 2025 wird es eine weitere Kollektion geben.
Bei den Bundesligisten geht man auch in dieser Saison mehr "Retro" ein, vor allem bei den dritten, den sogenannten Ausweichtrikots. Der FC Bayern zeigt sich zur neuen Champions-League-Saison mit Kragen und wie vergangene Saison mit einem älteren Logo auf der Brust. Einen Coup landete der international eher unbekannte FC Augsburg mit dem "Römertrikot". Es soll an die Gründung der Stadt Augsburg zu Zeiten des römischen Kaisers erinnern. Durch das Design wurde sogar das englische Fussballmagazin Copa90 auf das bordeauxrote Shirt aufmerksam und verloste es bei Instagram. Schon vor Saisonbeginn hat der FCA laut Geschäftsführer Michael Ströll so viele Trikots wie "in der sportlich erfolgreichsten Saison 2015/16 verkauft".
Trikotverkäufe bringen Klubs wichtige Einnahmen
"Wo es vor zehn Jahren die klassischen Heim-, Auswärts- und Ausweich-Varianten gab, da haben wir mittlerweile Karnevals-, Oktoberfest- und andere Jubiläumstrikots. Die Klubs sehen darin eine wichtige Erlösquelle", sagte Breuer: "Natürlich stehen TV-Vermarktung und Sponsoring-Verträge ganz oben, aber je nach Verein werden erstaunliche Summen umgesetzt, die, wenn sie wettbewerbsfähig bleiben wollen, unverzichtbar sind." Der Branchenprimus in Deutschland ist natürlich der FC Bayern. In der Saison 2022/23 erzielte der Rekordmeister mit Trikot- und Merchandiseverkäufen Einnahmen in Höhe von 147 Millionen Euro, wird international nur übertrumpft von Real Madrid und dem FC Barcelona.
Sogar US-Rapper Travis Scott ist auf den Geschmack der deutschen Trikots gekommen. Der 33-Jährige wurde mehrmals mit unterschiedlichen Exemplaren des Hamburger SV gesichtet. Laut Breuer kann es neben den Einnahmen durchaus "interessant sein, wenn einflussreiche Personen, die selbst eine hohe Medienaufmerksamkeit generieren, mit den Trikots erscheinen". Einen Wermutstropfen gibt es jedoch: Scott wurde im Dezember in New York auch schon mit einem Shirt einer Jugendmannschaft von Borussia Mönchengladbach gesehen. (sid/jum)
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