Hasan Salihamidzic muss einen neuen Trainer für den FC Bayern finden. Das gehört zu seinen Aufgaben als Sportdirektor. Geht er sie jedoch ähnlich ungeschickt an wie so manchen Transfer, dann könnte der 42-Jährige schnell selbst ins Kreuzfeuer der Kritik geraten.

Eine Analyse

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Als Spieler war Hasan Salihamidzic ein auf dem Platz omnipräsenter Dauerläufer und für den FC Bayern München zeitweise unverzichtbar.

Seitdem der Bosnier von Uli Hoeness und Karl-Heinz Rummenigge jedoch vor zwei Jahren zum Sportdirektor befördert wurde, macht er oft allerdings eine derart unglückliche Figur, dass angesichts der Herbstkrise des Rekordmeisters im Jahre 2019 Zweifel angebracht sind, dass Salihamidzic sie meistert.

Unglücklicher Umgang mit Arsène Wenger

Auf der Suche nach einem geeigneten Nachfolger für den entlassenen Cheftrainer Niko Kovac wirkt der FC Bayern bislang planlos. Thomas Tuchel, Ralf Rangnick und Erik ten Hag winkten mit Hinweis auf ihre aktuellen Anstellungen dankend ab.

Im Fall von Arsène Wenger teilten die Bayern mit, dem Franzosen abgesagt zu haben. Dieser hatte zuvor - ganz Profi - anderslautende Gerüchte Gerüchte sein lassen und unter der Decke gehalten, mit dem Klub bereits in Kontakt zu stehen.

Von der Art und Weise dieser brüskierenden Kommunikation seitens des Deutschen Meisters mal abgesehen, steht er noch immer ohne neuen Trainer da.

Auf die Frage, wie lange der vom Kovac-Assistenten zum Chef aufgestiegene Hans-Dieter Flick das Vertrauen der Vereinsführung geniesse, sagte Salihamidzic nach dem 2:0 über Olympiakos Piräus in der Champions League: "Bis auf Weiteres." Er wiederholte diese Antwort auf Nachfrage dreimal.

Das Gerücht um eine Verpflichtung Wengers kommentierte Salihamidzic anschliessend auch nur mit: "Kein Kommentar." Der Eindruck einer fehlenden Souveränität Salihamidzics verfestigt sich in solchen Momenten.

Zwischen staunend und kopfschüttelnd stehen die - insbesondere in München kritischen - Journalisten überhaupt vor einer Reihe von Ereignissen, die seit dem Amtsantritt von Salihamidzic nicht dazu beigetragen haben, ihn innerhalb des Bayern-Kosmos als grosse Autorität wahrzunehmen.

Rauchverbot für Carlo Ancelotti

Schon seine erste Amtshandlung hatte etwas Skurriles. Salihamidzic rutschte im Sommer 2017 in das Amt des Sportdirektors beim FC Bayern. So ein Sportdirektor, der kümmert sich in der Regel um die Mannschaft, um aktuelle und neue Spieler, mögliche Zugänge, Vertragsangelegenheiten, den Scoutingbereich. Salihamidzic kümmerte sich zuerst um die Gesundheit seines Trainers.

Als sein erster Eingriff beim Rekordmeister ist das Rauchverbot für Carlo Ancelotti verbrieft: Auf dem Gelände an der Säbener Strasse durften der Italiener und Mitglieder seines Trainerteams nicht mehr rauchen. Salihamidzic hatte zuvor Fitnesscoach Giovanni Mauri beim Rauchen im Kabinentrakt erwischt und daraufhin das Verbot erlassen.

Was man Salihamidzic nicht absprechen kann: seine Energie. Als 24/7-Sportdirektor sehe er sich, erzählte er auf seiner ersten Pressekonferenz, immer am Anschlag, immer bei einhundert Prozent, jederzeit bereit. Wie er als Spieler war, so will Salihamidzic auch als Sportdirektor sein.

Rummenigge und Hoeness lobten damals sein "grosses Netzwerk", dabei war Salihamidzic in den Jahren davor weder in ähnlicher Funktion bei einem anderen Klub tätig noch als Berater. Was genau ihn für diesen wichtigen Posten beim grössten und populärsten Klub des Landes prädestinierte, wird wohl das Geheimnis von Rummenigge und Hoeness bleiben.

Volle Rückendeckung der Bosse

An der nötigen Rückendeckung mangelt es Salihamidzic - anders als Kovac - wahrlich nicht. Hier waren sich beide, Rummenigge und Hoeness, einig, dass ihr Mann unantastbar ist und bleibt.

"Hasan ist unheimlich fleissig, unglaublich agil, und - das gefällt mir - wenn sich ein Transfer auftut, ist er wie der junge Uli Hoeness auf der Pirsch und lässt nicht locker. Deshalb glaube ich, dass er hier seinen Weg machen wird", sagte Rummenigge im vergangenen Winter in einem Interview mit dem "kicker".

"Hasan ist voll engagiert, wissbegierig und unglaublich fleissig, ihm ist keine Arbeit zu viel", hörten sich Hoeness‘ Worte fast baugleich an. Der Präsident nannte Salihamidzic im ZDF-Interview einen "Volltreffer": "Wir haben eine gute Wahl getroffen und ich persönlich bin sehr zufrieden".

Salihamidzic hat in der Tat schon einiges umgesetzt: Er hat die medizinische Abteilung der Bayern neu strukturiert, sich von alten Weggefährten wie Ex-Mannschaftsarzt Dr. Volker Braun getrennt. Er hat zudem einen neuen Kaderplaner geholt und soll sich in der Kabine durchaus wortgewandt zeigen - er spricht immerhin fünf Sprachen.

Wenig subtiles Anbandeln mit Kovac verärgert Eintracht

Auf der Sollseite stehen hingegen Gerüchte über ein eher schlichtes Spielerscouting via YouTube oder das öffentliche und wenig subtile Anbandeln mit Kovac im Frühjahr 2018, das dessen damaligen Klub Eintracht Frankfurt verärgert.

Während Rummenigge Transfers jenseits der 100-Millionen-Euro-Grenze für seinen FC Bayern nicht mehr kategorisch ausschliessen mag, tut Salihamidzic genau das. Er sei gegen diese verrückten Sachen, der FC Bayern müsse eben schneller sein als die Konkurrenz. Das war ein wenig blauäugig gedacht, wie sich spätestens dann im Sommer 2019 herausstellen sollte.

Salihamidzic jonglierte mit dem Namen Callum Hudson-Odoi, wollte das Talent vom FC Chelsea unbedingt haben - und trieb mit seinem öffentlichen Werben den Kaufpreis in die Höhe. Aus dem Transfer wurde nichts, Salihamidzic entschuldigte sich später für sein Vorpreschen - und beging im Hintergrund die nächsten Fehler.

Weder Hakim Ziyech (Ajax Amsterdam) noch Marc Roca (Espanyol Barcelona) erschienen ihm als Verstärkungen für die Bayern gut genug, auch gegen Ivan Perisic legte er sein Veto ein. Stattdessen verärgerte er mit seinem Werben um Leroy Sané dessen Arbeitgeber Manchester City.

Als der Transfer letztlich platzte, sah sich der FC Bayern gezwungen, sich öffentlich bei den Citizens zu entschuldigen und holte statt Sané: den zuvor verschmähten Ivan Perisic von Inter Mailand sowie leihweise Philippe Coutinho vom FC Barcelona.

Dieser Deal wird auch Salihamidzic gutgeschrieben, das nimmt ihn für ein paar Momente aus der Schusslinie. Da war der Stab über ihn und sein tatsächliches Standing innerhalb der Bayern-Familie in der öffentlichen Wahrnehmung aber längst gebrochen.

Bayern-PK wird zur Farce

Daran war auch die legendäre Pressekonferenz im Oktober 2018 nicht unschuldig. Diese sollte den FC Bayern als Herrscher über die Kommunikationsgewalt neu definieren, Dinge ausräumen und vielleicht den einen oder anderen Medienvertreter ein bisschen einschüchtern.

Für die Bayern allgemein und für Salihamidzic im Speziellen aber wurden die 32 Minuten und vier Sekunden im Pressestüberl an der Säbener Strasse zu einer Farce. Der Sportdirektor ging daraus - unverschuldet - als grosser Verlierer hervor, das Image des schmückenden Beiwerks der Bosse haftet ihm bis heute an.

Die letzten Wochen verstärkten diesen Eindruck nur noch. Salihamidzics eigenwilliges Auftreten nach dem 1:5-Debakel in Frankfurt konnte man mit einigem guten Willen noch als Spässchen verbuchen - dass er als Sportdirektor seinem Trainer aber keinerlei öffentliche Rückendeckung gewährt hatte und stattdessen in der offiziellen Pressemitteilung der Bayern über Kovacs Aus exakt so zitiert worden war wie Rummenigge zwei Jahre zuvor bei Ancelottis Demission, war ein weiterer Tiefpunkt.

All dessen ungeachtet winkt die nächste Volte: Aus dem Sportdirektor Salihamidzic könnte schon bald der Sportvorstand Salihamidzic werden. Hoeness will seinen Schützling offenbar noch vor seinem Ausscheiden als Präsident in wenigen Tagen befördern. Auch das ist der FC Bayern: Derzeit erscheint in diesem Klub wirklich alles möglich.

Verwendete Quellen:

  • Mopo.de: Ancelotti freut sich über die neue Regel von Salihamidzic
  • tz.de: Rummenigge mit Extra-Lob für umstrittenen FCB-Sportdirektor
  • Focus.de: Uli Hoeness hält Lobrede auf Hasan Salihamidzic
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