Zum zweiten Mal stimmen die Chefs der Erst- und Zweitligisten über einen möglichen Investorendeal für die Bundesliga ab. Noch ist der Ausgang dieses zweiten Versuchs völlig offen, vor allem die Stimmen der Zweitligaklubs könnten entscheidend sein. Die Fans lehnen einen Einstieg von Geldgebern weiterhin vehement ab.
Was steht an?
Nachdem im Mai der Einstieg eines Investors in den deutschen Profifussball krachend gescheitert war und es in der Folge zu heftigen Verwerfungen kam, gibt es einen zweiten Anlauf. Am Montag versammeln sich die Chefs der 36 Erst- und Zweitligisten in Frankfurt/Main, um erneut über ein Geschäft mit einem Geldgeber abzustimmen.
Wie kam es dazu?
Das Präsidium und der Aufsichtsrat der DFL haben jeweils mehrheitlich (nicht einstimmig) beschlossen, dass bei der Suche nach einem Geldgeber ein neuer Anlauf gemacht werden soll. Bei einem positiven Votum würden die beiden DFL-Geschäftsführer Marc Lenz und Steffen Merkel das Mandat erhalten, den Deal abzuschliessen.
Wie sieht der neue Plan aus?
Sechs bis neun Prozent der Anteile einer DFL-Tochtergesellschaft, in welche die kompletten Medienrechte ausgelagert werden, sollen für 20 Jahre verkauft werden. Dafür soll es zwischen 800 Millionen und einer Milliarde Euro geben. Im Idealfall gehen 600 Millionen an die DFL-Zentralverwaltung zur Weiterentwicklung des Geschäftsmodells (Digitalisierung, Streamingplattform, usw.). 300 Millionen erhalten gemäss dem gültigen Verteilerschlüssel die Klubs, um die zunächst entstehenden Medien-Mindereinnahmen auszugleichen. Mit den restlichen 100 Millionen soll ein Vergütungssystem geschaffen werden, das die Klubs belohnt, die zu Werbezwecken ins Ausland reisen.
Wer sind die möglichen Geldgeber?
Es soll vier Interessenten aus dem sogenannten "Private-Equity-Bereich" geben. Es handelt sich dabei um Kapitalbeteiligungsgesellschaften, die auf Beteiligungsformen spezialisiert sind. Die weltweit durch Private Equity verwalteten Vermögen belaufen sich auf mehrere Billionen Euro.
Was ist die Vorgeschichte?
Der erste Versuch, einen Investor ins Boot zu holen, war gescheitert. Damals wurde die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit verfehlt. Der Plan sah vor, 12,5 Prozent der Anteile einer Tochtergesellschaft über 20 Jahre zu verkaufen. Zwei Milliarden Euro sollten erlöst werden. Das Modell war riskant, denn selbst bei einem moderaten Wachstum der Einnahmen (derzeit knapp 1,3 Milliarden pro Saison) wären 12,5 Prozent über zwei Jahrzehnte gesehen deutlich mehr als drei Milliarden gewesen - in Summe also erst einmal ein riesiges Verlustgeschäft.
Woran scheiterte der Deal damals?
Viele Klubs waren mit der Verteilung des Geldes nicht einverstanden. "Nur" 750 Millionen von den zwei Milliarden Euro sollten in die Zentralvermarktung und den Aufbau einer Streamingplattform gesteckt werden. Der Rest sollte über verschiedene Töpfe an die Klubs gehen. Die Gegner befürchteten die weitere Zementierung der sportlichen Kräfteverhältnisse und die Einflussnahme eines Geldgebers.
Wie sah nun der Vorlauf aus?
Lenz und Merkel haben die Klubs bei mehreren Gesprächsrunden über die Pläne informiert. Dabei wurden "rote Linien" gezogen. Hoheitsrechte sollen nicht abgegeben werden. Es soll keine "Mitbestimmungsrechte eines Partners in Bezug auf Pflichtspiele im Ausland, Anstosszeiten oder im Bereich der Spielplanung" geben. Und: "Nach Ablauf der zeitlich begrenzten Minderheitsbeteiligung würden die lizenzierten Rechte automatisch an den DFL e.V. zurückfallen."
Wo liegen die Schwachpunkte des Plans?
Der geplante Puffer von 300 Millionen Euro gleicht die Mindereinnahmen durch die prozentuale Abgabe an den Investor ungefähr drei Spielzeiten aus. Schon innerhalb dieses Zeitraums müssten die Einnahmen also gewaltig steigen - andernfalls droht zumindest vorübergehend erneut ein Verlustgeschäft. Zudem stellt sich die Frage, warum die Klubs die nötige Investitionssumme in Höhe von 600 Millionen Euro nicht aus eigenen Kräften bereitstellen können. Sollte die Summe über einen Zeitraum von drei Jahren investiert werden, wären das 200 Millionen Euro pro Jahr - also im Schnitt 5,55 Millionen Euro pro Klub und Jahr. Das erscheint machbar. Vor allem, da das Geld nicht pauschal, sondern anhand des Verteilerschlüssels eingezogen würde. Dann müssten die Grossen mehr, die Kleinen weniger bereitstellen.
Warum wollen die DFL-Bosse diese "Binnenfinanzierung" nicht?
Merkel hält diesen Weg nicht für mehrheitsfähig. "Eine Binnenfinanzierung würde deutlich höhere Abgaben der Klubs an die DFL bedeuten", sagte Merkel: "Das würde die finanziellen Mittel aller Vereine reduzieren, also die individuellen Gestaltungsmöglichkeiten beschränken und im Endeffekt womöglich auch die Wettbewerbsfähigkeit reduzieren." Im Klartext heisst das: Die Etats sind derart auf Kante genäht, dass sie sich selbst Abgaben im kleinen Millionenbereich nicht leisten können.
Was sagen die Fans?
Der Grossteil der organisiserten Fans ist klar gegen einen Investoreneinstieg. Die Fan-Interessenvertretung "Unsere Kurve" lehnt "auch diesen Anlauf eines Investoreneinstiegs bei der DFL vollumfänglich ab", sagte Jost Peter, 1. Vorsitzender von "Unsere Kurve", der Deutschen Presse-Agentur. "Nach jetziger Rechnung stärkt das Modell das obere Drittel der DFL-Ligen, während zwei Drittel der Vereine nur minimale Verbesserungen erwarten dürfen. In Verbindung mit der ohnehin schon ungerechten Verteilung der TV-Gelder entwickeln sich geringe Mehreinnahmen am Ende zu immer grösserer Wettbewerbsverzerrung."
Wie geht es aus?
Diesmal sieht es mit Blick auf die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit besser aus, da der neue Plan keine Verteilung von frischem Geld an die Klubs vorsieht. Kritik hinsichtlich der weiteren Zementierung der Kräfteverhältnisse kann nicht aufkommen. Laut einer "kicker"-Umfrage ist die Abstimmung dennoch offen. Lediglich zwölf Klubs bekennen sich zu ihrer Zustimmung. 16 Vereine machten keine Angaben, zwei Klubs (Köln, Freiburg) teilten ihre Ablehnung mit, ein Verein (Osnabrück) will sich enthalten.
Was passiert, wenn der Deal wieder platzt?
Sollte der Deal bei der Abstimmung am Montag aufgrund der Klubs der zweiten Liga platzen, müsse man sich "ernsthafte Gedanken über die künftige Governance der DFL machen", baut Bayer Leverkusens Geschäftsführer Fernando Carro in der "FAZ" bereits vor der Abstimmung ein Bedrohungsszenario auf. Er wolle "gerne" alle 36 Erst- und Zweitligisten dabei haben, "aber wenn die Interessen so auseinandergehen und wir unsere globale Position noch weiter aufs Spiel setzen – dann müssen wir uns in die Augen schauen und fragen: Kann das in dieser Form gemeinsam weitergehen?"
Bei einem Scheitern verliere man wieder wertvolle Zeit im Wettbewerb zu den anderen grossen Ligen. "Die schlafen nicht", erklärte Carro. "Ausserdem müssen wir aufpassen, dass wir nicht in eine Situation geraten, in der die zweite Liga vorgibt, was die DFL machen soll." (sid/dpa/ska)
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