In der Saison 2024/25 wartet Patrick Ittrich noch auf seinen ersten Einsatz in der Bundesliga. Ittrich setzt eine Muskelverletzung ausser Gefecht. Damit befindet er sich unter seinen Schiedsrichter-Kollegen in bester Gesellschaft. Im Interview erklärt Ittrich, warum er sich verletzt hat, was er vom DFB erwartet und wann er sein Comeback auf dem Platz feiern wird.
Für Patrick Ittrich geht die Bundesliga-Saison frühestens am siebten Spieltag los, also nach der Nations-League-Pause. Wenn die Nationalmannschaft in Bosnien und gegen die Niederlande um Punkte spielt, testet Ittrich im Anschluss an eine überstandene Verletzung seine Form. Am 12. Oktober möchte der 45 Jahre alte Top-Schiedsrichter das Abschiedsspiel von Fabian Klos leiten. Mit der Bielefelder Vereins-Ikone ist Ittrich seit längerem befreundet. Im exklusiven Interview mit unserer Redaktion geht Ittrich auf seine Verletzung ein und erklärt, warum die Häufung von Schiedsrichter-Verletzungen weder neu noch ein Zufall ist.
Herr Ittrich, welche Art von Verletzung kurieren Sie gerade aus?
Ich habe mir eine schwerwiegendere Muskelverletzung zugezogen. Dadurch falle ich etwas länger aus als bei einem einfachen Muskelfaserriss.
Haben Sie die Verletzung kommen sehen?
Ich habe schon diverse Verletzungen gehabt. In jungen Jahren waren es zwei Kreuzbandrisse. 2012 dann einen weiteren Kreuzbandriss rechts. 2018 waren es der Meniskus und ein Knochenödem im linken Knie. 2022 kam ein Ermüdungsbruch im rechten Fuss dazu. Das ist alles kausal. Das Alter kommt hinzu, und das stetige Weitertrainieren. Weil das Spiel schneller wird, müssen wir immer mehr leisten. Wahrscheinlich habe ich vor der Saison zu viel gemacht. Ich habe schon bei unserer Leistungsprüfung was gemerkt, ich habe dann aber weiter trainiert. Nach unserer Leistungsprüfung - anstatt mich zu regenerieren - habe ich gesagt: "Nein, die die Saison geht bald los, jetzt musst du nochmal eine Einheit machen." Da ist es dann passiert.
Mit Deniz Aytekin, Robert Schröder und Frank Willenborg fallen drei weitere prominente Schiedsrichter-Kollegen von Ihnen derzeit verletzt aus.
Es wird mehr Tamtam darum gemacht, als nötig ist. Es kann Zufall sein, dass sich das summiert. Auf der anderen Seite ist es so: Aytekin und Willenborg sind auch schon über 40 Jahre alt. Wir betreiben immer mehr Aufwand, um fit zu bleiben. Wir achten auf ganz viele Sachen, viel mehr als die letzten Jahre. Ernährungstechnisch, athletisch. Aber man kann sein Alter nicht wegdiskutieren. Gerade die Reiserei von Spiel zu Spiel ist eine Herausforderung für den Körper. Im Gegensatz zu den Profis haben wir nie ein Heimspiel.
Belastungssteuerung ist nicht nur ein Spieler-Thema
Was heisst das?
Du schläfst immer woanders, mehrmals, und das jedes Wochenende und unter der Woche. Wir sind immer unterwegs. Und was das mit dem Körper macht, je älter er wird, das ist selbsterklärend. Und trotzdem: Wann fällt mal ein Schiedsrichter aus? Ganz, ganz selten. Über die Problematik der vielen Spiele, über die Belastungssteuerung haben sich schon ganz viele Spieler beschwert. Das schlägt sich auch bei den Schiedsrichtern nieder.
Vereine reagieren auf die wachsende Wettbewerbs-Belastung und vergrössern ihre Kader. Müsste der DFB in Sachen Schiedsrichtern genauso handeln?
Der DFB muss sich in Sachen Belastungssteuerung für die Schiedsrichter über Massnahmen ausserhalb der Spiele Gedanken machen. Im Gegensatz zu den Profis trainieren wir nicht mit einer Mannschaft. Ich stehe alleine auf dem Platz. Für den Fall, dass mir etwas passiert, muss ich mir ein Netzwerk aufbauen, muss mir einen Arzt und einen Physio organisieren. Und der Physio wartet ja nicht auf meinen Anruf, dass ich mich verletzt habe.
Und was ist mit der Kaderstärke?
Schiedsrichter für die Bundesliga sind genug da. Wenn von 24 vier verletzt sind, pfeift immer noch nicht jeder jedes Wochenende ein Bundesligaspiel. Es gibt an jedem Wochenende neun Bundesligaspiele. Im Zweifel pfeift mal jemand drei Spiele im Monat, der sonst vielleicht nur zwei Spiele oder ein Spiel gehabt hätte. Es gab auch früher Phasen, in denen drei, vier Schiedsrichter gleichzeitig verletzt waren. Das ist nicht so aufgefallen, weil man es früher nicht kommuniziert hat. Und dann hat es auch keinen gejuckt.
Über den Gesprächspartner
- Patrick Ittrich ist im Hauptberuf Polizeibeamter, gehört aber seit Jahren zu den besten Fussball-Schiedsrichtern in Deutschland. Geboren am 3. Januar 1979 in Hamburg, zählt Ittrich seit 2003 zur Riege der DFB-Schiedsrichter. Er pfeift für den MSV Hamburg. Sein Bundesliga-Debüt gab er am 13. Februar 2016. Damals besiegte der VfL Wolfsburg daheim den FC Ingolstadt mit 2:0. Seitdem hat Ittrich weitere 82 Bundesliga-Partien gepfiffen. Viel Spass bereitet Ittrich auch die Aufklärungsarbeit als Experte im Fernsehen. Für MagentaTV war Ittrich bei den Europameisterschaften 2021 und 2024 und bei der WM 2022 im Einsatz.
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