Wenn Bayern München am kommenden Sonntag im Spitzenspiel der Fussball-Bundesliga auf RB Leipzig trifft, steht ein Mann wie zuletzt immer häufiger im Mittelpunkt des Münchner Spiels. Oder besser: im Zentrum. Joshua Kimmich - Bayerns Lautsprecher, Dauerläufer und Aggressive Leader.
Für Joshua
Transfer nach München kam sehr überraschend
Auf dem Zettel hatten ihn damals schon viele, die sich mit den Talenten der nächsten Generation beschäftigten. Trotzdem kam der Wechsel zum grossen FC Bayern zum damaligen Zeitpunkt völlig überraschend.
Vor allem Bayerns damaliger technischer Direktor Michael Reschke hatte Kimmich nach München gelockt. 8,5 Millionen Euro zahlten die Münchner damals. Viel Geld für ein damals noch sehr unbeschriebenes Blatt aus der zweiten Liga. Viele unkten damals, der Wechsel komme viel zu früh.
Auch bei Kimmich und dessen Berater Uli Ferber gab es zum damaligen Zeitpunkt durchaus Zweifel. Doch Reschke überzeugte erst den damaligen Bayern-Coach
Guardiola sah von Anfang an etwas in dem ehrgeizigen Nachwuchsspieler und warf ihn schnell ins kalte Wasser. Schon damals zeigte sich Kimmichs vielleicht grösste Stärke: seine enorme Spielintelligenz. Kimmich musste zunächst häufiger in der Innenverteidigung aushelfen, weil es dort personelle Engpässe gab. Er machte seine Sache hervorragend, obwohl er auf dieser Position nicht zu Hause ist.
Nach dem Weggang von Philipp Lahm spielte er sich dann auf der Rechtsverteidiger-Position fest, begeisterte dabei vor allem mit seiner Torgefahr. Nun - rund um seinen 25. Geburtstag - durchlebt Kimmich die nächste Wandlung. Sowohl Hansi Flick als auch DFB-Coach Jogi Löw wollen Kimmich dort haben, wo Fussballspiele auf allerhöchstem Niveau entschieden werden: im Zentrum.
Die Ansprüche an Kimmich sind dabei mit fortschreitendem Alter grösser geworden. Kimmich soll nicht nur Bayerns Spiel prägen, sondern am besten auch Ankerpunkt einer neuen Ära sein, die dem Rekordmeister in den kommenden Jahren mindestens einen weiteren Champions-League-Titel beschert. Ist Kimmich bereit dafür?
Einer wie Schweinsteiger?
Kimmich ist in manchen Dingen weiter, als es Schweinsteiger im selben Alter war. Und das liegt nicht nur an seiner Rolle als Lautsprecher auf und neben dem Platz. Kimmich kann ein Spiel ordnen. Er kann das Tempo variieren und hat meistens ein sehr gutes Gefühl für den Rhythmus, den seine Mannschaft gerade braucht.
Dazu bleibt er torgefährlich, entweder durch Standardsituationen oder durch Läufe in den Strafraum. Die Zusammenarbeit mit Nebenmann Thiago, die in der Hinrunde häufiger kritisiert wurde, klappte zuletzt exzellent. Darüber hinaus spielt Kimmich seine enorme Laufstärke aus, die es ihm ermöglicht, an vielen Orten des Spielfelds Einfluss zu nehmen.
Joshua Kimmich soll den neuen FC Bayern führen
Manchmal wird das jedoch auch zur Schwäche. Weil Kimmich so viel Power hat, verlässt er seine Position immer mal wieder zu früh und bringt damit die Balance der Bayern-Elf ins Wanken, wenn an seiner angestammtem Position Lücken entstehen.
Dass der FC Bayern in dieser Saison häufiger mit Führung im Rücken nicht souverän genug agiert - wie am Mittwoch beim unnötig spannenden 4:3-Erfolg gegen Hoffenheim -, muss sich gerade ein Führungsspieler wie Kimmich ankreiden lassen. Auch sein Temperament geht noch zu häufig mit ihm durch. Aber alles nichts, was man nicht noch weiter verbessern könnte.
Trotz vereinzelter Schwächen: Kimmich ist angekommen im Zentrum der Münchner. Auf mittlere Sicht ist er dort völlig konkurrenzlos. Er ist Fixpunkt einer neuen Bayern-Mannschaft, die gerade entsteht und den Club ins neue Jahrzehnt führen soll.
Dass er schon als möglicher Nachfolger von Manuel Neuer als Münchner Kapitän gehandelt wird, ist da nur folgerichtig. Doch Kimmich muss noch beweisen, dass er seine Mannschaft in den grossen Spielen aus der Mitte heraus führen kann. Erst dann kommt er auch für das Kapitänsamt infrage.
Gelegenheiten, den Nachweis zu erbringen, wird er schon bald bekommen. In der Champions League gegen den FC Chelsea. Oder an diesem Sonntagabend im Bundesliga-Topspiel gegen Leipzig.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.