Julian Nagelsmann startet selbstbewusst als neuer Bayern-Trainer. Die Aufgaben für den neuen Mann sind ähnlich gross wie die Erwartungen.

Steffen Meyer
Eine Kolumne
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Eine neue Ära will der FC Bayern mit seinem neuen Trainer Julian Nagelsmann einläuten. Nagelsmann (33) wirkte beim Aufgalopp am Mittwoch beeindruckt, aber auch bereit für diese Aufgabe. Eines ist schon jetzt klar: Der junge Coach will in München nicht nur trainieren, sondern den Verein über lange Zeit prägen.

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Etwas Anspannung war ihm schon anzumerken, als Julian Nagelsmann am Mittwoch im Anzug und Rollkragenpullover in der Allianz Arena als neuer Bayern-Coach präsentiert wurde. Und doch wurde in der Fragerunde mit Journalisten schon nach wenigen Minuten klar: Hier sitzt einer, der einen Plan hat. Einen Plan, wie er Fussball spielen will. Einen Plan, wie er seine Rolle im Verein sieht und ausfüllen will. Und einen Plan im Umgang mit den grossen Erwartungen, die mit seinem Wechsel nach München verbunden sind.

Kahn will Weltklassefussball

Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic, die neben Nagelsmann Platz nahmen, versuchten dann auch gar nicht erst Erwartungen klein zu halten oder herunterzuschrauben. „Absoluter Weltklassefussball“, ist was Kahn vorschwebt. Und natürlich: Titel. Nagelsmann weiss das.

Variabel, offensiv, mitreissend. So will er spielen. Und die Arbeit daran beginnt sofort. Auf dem Trainingsplatz fühlt sich Nagelsmann sichtlich wohl. Er hat das Kommando, fordert immer wieder mehr Intensität und erklärt seine Gedanken und Prinzipien schon mal an einer mobilen Taktiktafel. Natürlich ist das in dieser Woche eher ein willkommenes Aufwärmen für Nagelsmann. Der Grossteil der Bayern-Stars ist noch im wohlverdienten Urlaub. Neuzugang Upamecano ist dabei, der in Nagelsmanns Neuausrichtung des Rekordmeisters sicher ein fester Anker sein wird.

Im Fokus stehen ansonsten vor allem die, die um einen Platz im Bayern-Kader kämpfen. Marc Roca (24) zum Beispiel. Oder Rückkehrer Michael Cuisance (21), der nach seiner Zeit in Marseille eine faire Chance bekommen soll. Auch Abwehrtalent Tanguy Nianzou (19) ist einer, dem der frühe Start zugutekommen könnte. Von Nagelsmann bekam er zumindest direkt ein Extralob.

Nagelsmann wird seine Mannschaft fordern. Erst Recht, wenn die Stars zurückkommen. Zwar strahlt der junge Coach eine natürliche Autorität aus, doch im Kreis von Weltmeistern, Champions League-Siegern und zigfachen deutschen Meistern ist er auf dem Papier das unbeschriebene Blatt. Er muss die hochdekorierten Stars anders hinter sich bekommen. Durch seine Führungsqualitäten, aber vor allem durch seine Arbeit als Trainer auf dem Platz.

Nagelsmann trifft auf eine Spielergeneration, die sich zuallererst fragt, ob ein Trainer sie fussballerisch weiterbringt und das Rüstzeug hat, um auf höchstem Niveau erfolgreich zu sein. Das ist sein wichtigstes Pfund. Schon beim ersten Training setzte Nagelsmann auf recht anspruchsvolle Spielformen mit durchaus komplexen Regeln und ungewöhnlichen Raumaufteilungen. Das wird auch den erfahrenen, wissbegierigen Topstars gefallen, wenn sie demnächst zur Mannschaft stossen.

Grundsätzlich will der neue Mann an der Seitenlinie an die erfolgreiche Arbeit von Hansi Flick anknüpfen. Ein dauerhafter Wechsel auf eine echte Dreierkette ist deshalb nicht zu erwarten, doch als zusätzliche Variante dürfte Nagelsmann in den kommenden Wochen durchaus daran herumtüfteln.

Kann Nagelsmann mit den Stars?

Doch Nagelsmann soll nicht nur die Mannschaft insgesamt auf hohem Niveau weiterentwickeln, er hat auch individuell einige Projekte übernommen. Da ist Leroy Sané, der trotz einer ordentlichen Rückrunde unter Hansi Flick noch nicht das eingelöst hat, was sich die Münchner von ihm versprochen haben. Da ist Rekordtransfer Lucas Hernández, der – wie aktuell – immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen wird und noch keinen festen Platz in der Viererkette gefunden hat. Oder Alphonso Davies, der nach seinem Durchbruch in der Saison 2019/2020 zuletzt nicht mehr so wirkungsvoll agierte. Auch hier sind die Erwartungen an Nagelsmann hoch, zumal mit weiteren hochkarätigen Neuzugängen derzeit nicht zu rechnen ist. Die Mannschaft muss aus sich heraus besser werden.

Es war klug, dass die Münchner Bosse ihren neuen Chefcoach direkt mit einem Vertrag über fünf Jahre ausgestattet haben. Das signalisiert allen im Club und in der Mannschaft, dass die Rückendeckung für den neuen Mann gross ist, selbst wenn es mal holprig werden sollte. Doch in Nagelsmanns Plan für die Zukunft des Clubs sind solche Phasen ohnehin gar nicht erst vorgesehen.

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