Sven Ulreich statt Angel di Maria, Antoine Griezmann, Kevin de Bruyne oder Roberto Firmino: Bei den Top-Stars handelt sich der FC Bayern München eine Absage nach der anderen ein. Zwei grundlegende Probleme erschweren dem Rekordmeister die Jagd auf grosse Namen - aber vielleicht wird der FCB auch ohne den ganz spektakulären Deal noch glücklich.
Michael Reschke kennt Südamerika sehr gut. In seinen mehr als 30 Dienstjahren für Bayer Leverkusen hat Reschke den Kontinent dutzende Male besucht, er hat mehrere hundert Spieler gescoutet und eine stattliche Zahl davon dann nach Deutschland geholt. Es wäre nicht übertrieben zu behaupten, dass Reschke in Deutschland ein echter Kenner der südamerikanischen Szene ist, vielleicht der beste überhaupt.
Jetzt, da Reschke nicht mehr für Bayer 04 Leverkusen, sondern den FC Bayern München arbeitet und in seiner Funktion als Technischer Direktor des Rekordmeisters zu einer weiteren Dienstreise nach Südamerika aufgebrochen ist, bekommt der Ausflug einen ganz neuen Anstrich.
Angeblich habe sich Reschke die Copa America auserkoren, um sich den Argentinier Angel di Maria genauer anzuschauen. Wobei die Frage erlaubt sein sollte, warum man einen Spieler, dessen Stärken und Schwächen seit Jahren bekannt sind und der bei Manchester United quasi vor der Haustür spielt, im fernen Chile im Umfeld seiner Nationalmannschaft noch beobachten sollte?
Warum sagen Di Maria und Co. den Bayern ab?
Die Bayern wissen alles über Di Maria, sie dürften seitenlange Dossiers über ihn auf ihrer Festplatte haben und Tausende von Statistiken. Aber vermutlich wird dieses Wissen ein unnützes Wissen bleiben. Weil Di Maria, der Umworbene, bei Manchester United bleiben will.
Womit den Bayern dann weiterhin das Problem bleibt, dass sie auf der Suche nach einer Ergänzung oder einem Nachfolger für ihre Flügelspieler Franck Ribery und Arjen Robben wieder von vorne anfangen müssen. Die bisher gehandelten Namen jedenfalls verspüren keine grosse Lust auf die Bayern zu haben. Oder sie sind bei ihren derzeitigen Arbeitgebern vollkommen zufrieden. Oder sie verdienen dort noch mehr Geld. Oder alles zusammen.
Zum einen sind die Engländer bereit, die aufgerufenen Wahnsinnssummen zu bezahlen. Zum anderen würde Hoffenheim den Spieler natürlich lieber in eine fremde Liga entlassen und nicht zu einem direkten Konkurrenten aus der Bundesliga.
Was bietet der FC Bayern München?
Ein paar Wochen nach dem Ende der letzten Saison haben die Bayern auf dem Transfermarkt noch keine Spuren hinterlassen. Die vielen Absagen sind aber auffällig. Dabei haben die Münchner ihre vorsichtige Zurückhaltung bereits vor ein paar Jahren aufgegeben und Deals eingetütet wie den von Javi Martinez (40 Millionen) oder Mario Götze (37 Millionen).
Die Bayern können und wollen sich zwar nicht in astronomische Sphären begeben wie Manchester United letzten Sommer bei Di Maria (75 Millionen) oder einen Superstar wie Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo verpflichten. Die Spieler aus der 1B-Kategorie sollten für den FCB aber durchaus realisierbar sein.
Die zwei grossen Probleme des FC Bayern
So attraktiv der FC Bayern als Arbeitgeber auch ist, bleiben in diesem Transfersommer zwei grosse Probleme: Der unglaubliche TV-Vertrag der Premier League hat den Abstand nochmals fulminant vergrössert. Selbst die Queens Park Rangers, im Einnahme-Ranking Letzter, kassierten in der abgelaufenen Saison noch knapp 87 Millionen Euro. Die Bayern, als Krösus der Bundesliga, kamen auf vergleichsweise schlappe 50 Millionen.
Das schlägt sich in erster Linie in den Gehältern der Spieler nieder, oder vereinfacht ausgedrückt: Jeder englische Mittelklasseklub könnte einem Top-Spieler so viel Gehalt bezahlen wie die Bayern. Und jeder Spitzenklub gleich das Doppelte.
Zum Zweiten ist da die immer noch ungeklärte Zukunft von Trainer Pep Guardiola. Die Gespräche über eine mögliche Verlängerung der Vertragslaufzeit über den Sommer 2016 hinaus werden erst im Herbst aufgenommen, mit diesem "Makel" müssen die Bayern in der momentanen Transferperiode hausieren gehen. Das könnte den einen oder anderen Spieler zumindest skeptisch machen, wenn Guardiola als Zugpferd unter Umständen nur noch ein Jahr in München bleibt.
Warten auf den Domino-Effekt
Immerhin können die Bayern noch auf den Faktor Zeit bauen. Das Transferfenster schliesst erst am 31. August, es bleiben also noch einige Wochen. Und wie immer kann es auch sehr schnell gehen, wenn im Wechsel-Domino erst einmal ein grosser Stein gefallen ist und Bewegung in den Markt kommt.
Darauf müssen die Bayern vorbereitet sein, deshalb ist Reschke in Südamerika. Es gilt Kontakte zu pflegen, mit Beratern und Trainern zu sprechen. Und nebenbei schadet es natürlich auch nicht, sich interessante Spieler wie den Kolumbianer Juan Cuadrado (FC Chelsea) oder Brasiliens Douglas Costa (Schachtjor Donezk) anzuschauen.
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt auch, dass es nicht immer die ganz grossen Namen sein müssen, die der Mannschaft weiterhelfen. Juan Bernat und Sebastian Rode wurden für den Spitzenkader der Bayern von vielen für nicht gut genug befunden. Die abgelaufene Saison hat die Kritiker eines Besseren belehrt.
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