Der FC Bayern darf sich offenbar ab Sommer auf Leon Goretzka freuen. Der Noch-Schalker wäre für die Münchner ein kostengünstiger Top-Transfer, Goretzka würde die Bayern sportlich enorm weiterbringen und einer alten Vision von Uli Hoeness Nachdruck verleihen.

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Die Bayern haben den kleinen Wahnsinn schon längst hinter sich.

Als Mario Götze vor viereinhalb Jahren von Borussia Dortmund nach München gewechselt war, galt der Spieler als grösstes Talent des Landes, war entsprechend begehrt und musste entsprechend entlohnt werden.

Für Götze waren damals 38 Millionen Euro Ablösesumme fällig, plus ein Jahresgehalt von rund zehn Millionen Euro. Die Bayern gingen in beiden Bereichen bis an ihr selbst gestecktes Limit.

Nun steht der Wechsel von Leon Goretzka ins Haus, der Noch-Schalker gilt als ähnlich hoch veranlagt wie Götze und unter den vielen sehr guten Spielern aus deutschen Nachwuchsleistungszentren als der begabteste und damit auch begehrteste.

Real Madrid und der FC Barcelona waren unter anderem hinter Goretzka her, den Zuschlag für den 22-Jährigen bekommen aber ziemlich sicher die Bayern.

Es sagt einiges aus über die Qualität eines Spielers, wenn drei der grössten und wichtigsten Klubs der Welt hartnäckiges Interesse zeigen. Und es erklärt im Umkehrschluss relativ schnell, wie wichtig Goretzka in den kommenden Jahren für den deutschen Rekordmeister werden könnte.

Die Bayern haben natürlich Glück, dass sie den Spieler nicht aus einem bestehenden Vertragsverhältnis herauskaufen müssen, sondern Goretzkas Kontrakt auf Schalke im Sommer ausläuft.

Das erspart nicht nur die hohe Ablösesumme, sondern macht gleichzeitig den Wettbewerbsvorteil von Klubs aus Spanien oder England zunichte, die theoretisch mehr bieten könnten als die Münchner mit ihrer eher rationalen Transferpolitik.

Der nächste deutsche Nationalspieler

Im ohnehin schon luxuriös bestückten Kader der Bayern dürfte Goretzka bald als neuer Fixpunkt glänzen. Das Mittelfeld der Münchner ist das Prunkstück, auf Goretzkas Positionen in der Zentrale ist die mögliche Konkurrenz aber nicht übermächtig.

Thiago ist der Zauberfuss im Team, aber verletzungsanfällig und bis auf vergangene Saison immer auch zu inkonstant in seinen Leistungen.

Corentin Tolisso hat sich erstaunlich schnell eingelebt, hat wichtige Tore erzielt und seinen zukünftigen Wert angedeutet - vom Prädikat Weltklasse ist der Franzose aber auch noch ein gutes Stück entfernt.

Die hatte Arturo Vidal einmal, der Chilene hat mit Jupp Heynckes zwar seinen Förderer wieder als Trainer, gilt als mit Abstand ältester zentraler Mittelfeldspieler und wegen seiner schwankenden Leistungen aber als Verkaufskandidat. Der FC Chelsea soll interessiert sein.

James kommt immer besser in Fahrt, ist aber auf der Zehn am besten aufgehoben und bisher weniger als Stratege gefragt.

Und dann ist da noch Sebastian Rudy, dessen Name zwar nicht so schillernd sein mag, der sich bisher aber als absolut verlässliche Grösse gezeigt hat und der als einziger zentraler Mittelfeldspieler der Bayern einen deutschen Pass besitzt.

Es war einst eine Vision von Uli Hoeness, den FC Bayern Deutschland zu formen, mit den Effenbergs, Ballacks, Jeremies, Kahns, Janckers und Scholls.

Nun haben die Bayern längst schon wieder das Gros und Rückgrat der deutschen Nationalmannschaft zusammengekauft, Goretzka wäre der neunte aktuelle Nationalspieler und damit nur der nächste logische Schritt in dieser Entwicklung.

Der potenzielle Zugang ist zwar schon ein bekanntes, aber trotzdem frisches Gesicht, eloquent in seinem Auftreten und aus Sicht seines neuen (deutschen) Arbeitgebers hervorragend zu vermarkten.

Überragende Fähigkeiten

Dass Goretzka den Bayern aus rein sportlicher Sicht helfen würde, steht wohl ausser Frage.

Selbst im internationalen Vergleich gibt es kaum einen Mittelfeldspieler, der so schnell in den defensiven wie offensiven Umschaltaktionen agiert wie Goretzka.

Diese kurzen Momente, das Gespür für die sich anbahnende Spielsituation, die Intuition und die entsprechende energische Umsetzung mit einem sehr gradlinigen Zug zum Tor sind längst Schlüsselqualitäten im modernen Fussball.

Neben einer gewissen Grundschnelligkeit in den Beinen bringt der Spieler auch die dafür nötige Handlungsschnelligkeit im Kopf mit - dazu ein grosses Antizipationsverständnis, das ihn auch zu einem guten Balleroberer macht.

Goretzka ist ein Prototyp dieses Fussballs, physisch stark, ein Box-to-Box-Spieler mit grossem Aktionsradius auf dem Feld samt Abschlussqualitäten und in der Kabine ein heller Kopf, der eine Mannschaft auch anleiten und führen kann.

Der Rekordmeister definiert sich gerade in den Ligaspielen naturgemäss immer noch stark über den Ballbesitzfussball und sein Positionsspiel.

In den engen Spielen der Champions League brauchen die Bayern aber auch eine gewisse Konterstärke, die sie im Vergleich mit anderen europäischen Top-Klubs derzeit kaum aufbieten können.

Die Bayern würden sich mit Goretzka also ein Gesamtpaket auf den Platz stellen, das mit diesen Parametern derzeit kein zweites Mal zu finden sein dürfte. Die Umwälzungen im Kader sind da schon längst eingepreist, der Klub vollzieht den schleichenden Umbruch einfach weiter und könnte mit einem möglichen Tausch Goretzka für Vidal sogar noch einen Transferüberschuss erzielen.

Der Kontrakt des Chilenen in München läuft noch bis Sommer 2019. Die Bayern hätten also letztmals die Gelegenheit, mit einem Verkauf noch gutes Geld zu verdienen.

Die ersten Monatsgehälter von Leon Goretzka wären so gleich gegenfinanziert.

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