Der Berater von Bayern-Kapitän Manuel Neuer hat am Wochenende mit Aussagen zur Transferpolitik des Rekordmeisters für grosse Aufregung gesorgt und gleichzeitig Spekulationen um die Zukunft Neuers Tür und Tor geöffnet. Einen ähnlichen Brand löschten Bayerns Verantwortliche vor zehn Jahren.
Philipp Lahm traute sich 2009,
Wenn sich am aktuellen Kader nichts ändere, so Neuers Berater Thomas Kroth, sei der deutsche Rekordmeister im Kampf um die Champions League nicht konkurrenzfähig und sein Klient bald auf dem Weg zu einem anderen Klub.
Neuers Vertrag in München gilt noch bis zum Saisonende 2020/21. Die Deutsche Meisterschaft hat der Nationaltorhüter mittlerweile siebenmal nacheinander gewonnen, den DFB-Pokal viermal. Aber nur 2013 triumphierte Neuer mit den Roten auch in der Champions League.
Lothar Matthäus kritisiert Manuel Neuer
Bayern-Legende
Neuers Kritik ist für den 58-Jährigen "ein absolutes No-Go", teilte Matthäus via "Bild"-Zeitung mit. "Als Kapitän des FC Bayern habe ich das selbst im Klub anzusprechen, wenn ich mit der Transferpolitik ein Problem habe. Die Türen der Bosse stehen dafür immer offen", riet Matthäus Neuer.
Die Bosse,
Seitdem aber - mit den Ausnahmen 2001 und 2013 - stellt der FC Bayern fest, dass die Topklubs aus Spanien und - in der vergangenen Saison - jene aus England im Kampf um den silbernen Henkelpott die Nase vorn haben.
England und Spanien laufen dem FC Bayern davon
Dafür sind die Millionen Euro verantwortlich, die in der englischen Premier League und in der spanischen Primera Division durch Investoren und TV-Vermarktung den führenden Klubs nicht nur üppiger zur Verfügung stehen als dem FC Bayern. Vor allem werden diese Millionen ausserhalb Münchens und der Bundesliga mutiger und offensiver investiert.
"Mein Eindruck ist, dass der Abstand zu den vier englischen Top-Teams schon gravierend ist und der Münchner Kader aktuell noch nicht entsprechend - also konkurrenzfähig - aufgestellt ist, um auch die Ziele von Manuel ernsthaft anzugehen", kritisiert Neuers Berater, der frühere Nationalspieler Kroth.
Nochmal Matthäus: "Ich kenne seinen Berater Thomas Kroth, der von sich aus eher nicht die Öffentlichkeit sucht. Manuel wird das sicher mit ihm besprochen haben. Meine Berater hätten sich nie derart öffentlich äussern dürfen, ohne dass ich meine Zustimmung dazu im Vorfeld gegeben hätte."
Kroth schloss seine Ausführungen, indem er den für die Transfers Verantwortlichen des Rekordmeisters bezüglich Neuers Zukunft durch die Blume ein Ultimatum stellte: "Wenn er merkt, der FC Bayern klotzt ran, dann wird er noch mal richtig aufblühen."
Rangeklotzt aber hat der FC Bayern im Sommer 2019 - gemessen an den Klubs, an denen sich die Mannschaft von Trainer Niko Kovac misst - noch nicht.
Das Aushängeschild der Bundesliga hat bisher insgesamt 118 Millionen Euro für die französischen Verteidiger Lucas Hernandez und Benjamin Pavard und den Hamburger Nachwuchsstürmer Jann-Fiete Arp in die Hand genommen.
Was kommt noch nach Hoeness' Ankündigung?
Mit Hoeness' grossartiger Ankündigung aus dem Sport1-"Doppelpass" vom 24. Februar 2019 ("Wenn sie wüssten, was wir schon sicher haben für die neue Saison") ist das nur schwer zu vereinbaren.
Nur drei Tage vor Neuers über die Bande Berater gespielter Kritik an der Kaderzusammenstellung seines Arbeitgebers hatte dessen Boss, Vorstandsvorsitzender Rummenigge, im Klubmagazin "51" nochmals die Philosophie betont, die Bayern vor Experimenten auf dem Transfermarkt zurückschrecken lässt: "Der Markt hat eine ungesunde Grösse angenommen", sagte der 63-Jährige, und er fügte an, dies führe zu "riesigen Erwartungshaltungen. Es ist fast unmenschlich, das zu erfüllen."
Der FC Bayern handele vergleichsweise "menschlicher" und "ehrlicher". "Wir pflegen unsere Kultur", erklärte Rummenigge, und versprach: "Auch in Zukunft werden wir Top-Spieler finden, die im FC Bayern mehr sehen als nur einen Fussballverein."
Ob allerdings diese Spieler ausreichen, um die Champions League zu gewinnen und somit den selbst gestellten Anspruch an eine sehr gute Saison-Ausbeute zu erfüllen? Nicht nur Neuer bezweifelt das, auch zahlreiche Fans machten sich am Wochenende in den sozialen Netzwerken über den Kader des Rekordmeisters lustig.
Philipp Lahm und Robert Lewandowski meckerten auch schon
Dieses Luxus-Problem ist aber alles andere als neu. Eigengewächs
"International brauchst du eben mindestens acht Spieler, die auf ihrer Position ausgebildet sind, Sicherheit haben und damit konkurrenzfähig sind", hatte Lahm im Herbst 2009 seine Stimme erhoben. "Ich sehe diese acht Spieler nicht bei uns, und das liegt nicht an den Spielern, sondern an der fehlenden Philosophie über die letzten Jahre."
Damals vermutete der Verein hinter Lahms Kritik den früheren Bayern-Spieler, -Jugentrainer und -Pressesprecher Roman Grill, was die Sache aus Sicht der Spitzen-Funktionäre Hoeness und Rummenigge nur noch schlimmer machte.
Und es ist erst zwei Jahre her, dass der damals sehr wechselwillige Robert Lewandowski dem "Spiegel" in einem Interview erzählte: "Bayern muss sich etwas einfallen lassen und kreativ sein, wenn der Verein weiter Weltklassespieler nach München lotsen will. Und wenn man ganz vorn mitspielen will, braucht man die Qualität dieser Spieler." Geld sei "ein wichtiger Faktor, um einen Topspieler zu bekommen."
Lewandowski hat sich mittlerweile zum FC Bayern bekannt und seine Wechselabsichten ad acta gelegt. Wie auch Neuer ist der Pole vertraglich bis Saisonende 2020/21 an den Deutschen Meister gebunden.
Ob sie jedoch beide zusammen bis dahin dessen Trikot tragen, hängt von Neuers Vertrauen in die TV-Aussage von Hoeness ab und vom Glauben des gebürtigen Gelsenkircheners daran, tatsächlich nochmal mit den Bayern die Champions League gewinnen zu können.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.