Während die Corona-Krise den Fussball kurz vor Ostern weiter fest im Griff hat und den Spielbetrieb noch mindestens im April verhindert, arbeitet der FC Bayern weiter konsequent an der Zukunft. Nach der Entscheidung für Hansi Flick als Chefcoach bis 2023 haben die Bayern-Bosse in dieser Woche auch mit einem Münchner Urgestein verlängert. Thomas Müller, der in den vergangenen Monaten nicht zum ersten Mal öffentlich über einen Wechsel ins Ausland nachdachte, soll ebenfalls bis ins Jahr 2023 bleiben.

Steffen Meyer
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Steffen Meyer dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Müller wird im Jahr 2023 34 Jahre alt. Selbst wenn er zum Ende seiner Karriere ähnlich wie Bastian Schweinsteiger noch einmal einen Schritt ins Ausland wagen sollte, ist mit dieser Verlängerung klar, dass Müller den relevanten Teil seines Fussballer-Daseins in München verbracht haben wird. Spielt Müller (343 Bundesliga-Spiele) in den kommenden Jahren regelmässig, könnte er auf der Liste der Münchner Rekordspieler sogar bis auf Rang zwei vorrücken. Etwas mehr als 80 Spiele sind es bis zu Oliver Kahn. Sepp Maier ist noch etwas weiter weg. Allein dies unterstreicht die Bedeutung Müllers für den Verein, den er nun seit über zehn Jahren mitprägt.

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Der 30-Jährige hat nach einer schwierigen Phase unter Niko Kovac seine alte Bedeutung wiedererlangt. Sein Zusammenspiel mit Robert Lewandowski klappte seit dem Herbst immer besser. 22 Scorer-Punkte (16 Assists, 6 Treffer) sind ein eindrucksvoller Nachweis seiner starken Form. Müllers Spiel, das nie besonders auf Schnelligkeit angewiesen war, hat gute Chancen gut zu altern. Es ist absolut vorstellbar, dass er auch noch mit 33 oder 34 mit seinen unorthodoxen Bewegungen und überraschenden Ideen einen Unterschied machen kann. Die Verlängerung ist also folgerichtig.

Neuer-Berater verriet Unzufriedenheit mit Transfers

Müllers Bekenntnis zum Rekordmeister setzt gleichzeitig einige andere Führungsspieler unter Druck. Allen voran Kapitän Manuel Neuer. Der Vertrag des 34-Jährigen läuft ebenfalls noch bis 2021. Eine Einigung auf eine Verlängerung konnte bisher nicht erzielt werden. Öffentlich wird immer wieder über die Vertragslaufzeit gesprochen. Neuer wolle dem Vernehmen nach einen langfristigen Vertrag bis 2025. Bayern würde zunächst lieber nur bis 2023 verlängern. Es ist unwahrscheinlich, dass die Vertragslänge wirklich alles ist, was eine Einigung bisher verhinderte. Neuer will noch einmal die Champions League gewinnen. Das hat er deutlich gesagt. Zweifel kamen offenbar zuletzt, ob dies in München möglich ist. Sein Berater Thomas Kroth liess schon im Sommer über die "Süddeutsche Zeitung" durchblicken, wie Neuer über die Situation denkt: "Manuel ist erfolgsorientiert. Mein Eindruck ist, dass der Abstand zu den vier englischen Top-Teams schon gravierend ist und der Münchner Kader aktuell noch nicht entsprechend - also konkurrenzfähig - aufgestellt ist, um auch die Ziele von Manuel ernsthaft anzugehen". Undenkbar, dass Kroth diese Aussagen ohne Neuers Wohlwollen oder zumindest dessen Wissen platzierte.

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Erschwerend hinzu kam sicher auch die Situation rund um die Verpflichtung von Schalkes Alexander Nübel, die unrund und nicht abgesprochen wirkte. Neuer wartet also noch ab. Müllers Vertragsverlängerung ist sicher genau wie Flicks neuer Vertrag auch für Neuer ein Argument für eine Verlängerung. Die Münchner Bosse müssen jedoch auch glaubhaft vermitteln, dass im Sommer mit externen Verstärkungen nachgelegt wird. Die Namen (Sané, Havertz und Co.) werden schliesslich seit Monaten diskutiert. Wenn Neuer hier Ansprüche formuliert, ist das nachvollziehbar und sogar im Interesse des Vereins, der nach einem schwachen Transfersommer Boden gut machen muss. Doch es ist kein gutes Bild, wenn der Kapitän zu lange zögert, während andere Top-Stars wie Müller sich längst zum FC Bayern bekannt haben. Zu hören ist, dass sich inzwischen der neue Vorstand Oliver Kahn intensiv der Personalie Neuer angenommen hat.

Ballack zögerte zu lange

Noch haben in München viele Verständnis für Neuers Situation. Doch dass die Stimmung auch kippen kann, zeigt das Beispiel Michael Ballack. Der frühere Bayern-Star zierte sich vor der WM 2006 ebenfalls mit einer Vertragsverlängerung bim FC Bayern. Der Poker zog sich hin, bis Karl-Heinz Rummenigge öffentlichkeitswirksam und unter grossem Applaus auf der Jahreshauptversammlung der Münchner verkündete, das Angebot an den Weltstar zurückzuziehen. Nun hat Neuer durch seine Erfolge und seine langjährige Verbundenheit zum Verein natürlich ein ganz anderes Standing in München, doch allzu lange sollte der Nationalmannschaftskapitän nicht mehr taktieren. Der FC Bayern will internationale Top-Spieler nach München locken. Das ist schiessllich auch Neuers Anspruch. Da macht es keinen guten Eindruck, wenn ausgerechnet der Kapitän zu lange zögert.

Der FC Bayern steht jedenfalls trotz der fussballerischen Zwangspause vor wegweisenden Wochen. Mit Flick und Müller ist der Anfang gelungen. Neuer, Thiago und Alaba sollten nun zügig folgen.

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