Seinen 31. Geburtstag hätte Julian Nagelsmann in dieser Woche auch als neuer Trainer von Real Madrid feiern können. Doch statt den erfolgreichsten Fussballverein der Welt zu dirigieren, schuftet der gebürtige Bayer weiter im beschaulichen Zuzenhausen für 1899 Hoffenheim.
Zum Training kommt er gerne mit dem Fahrrad oder einem elektrischen Skateboard und bis zu seinem Wechsel zu RB Leipzig 2019 darf er noch ein Jahr das Trainerleben in der Fussball-Idylle geniessen.
Dass er ein Angebot des Weltclubs Real in diesem Sommer ausgeschlagen und stattdessen als eines der grössten Trainertalente auf dem internationalen Markt weiter nach einem langfristigen Plan handelt, gefällt vor allem einem: Nagelsmann selbst.
"Ich möchte logisch wachsen"
"Das grosse Problem unserer Gesellschaft ist der Hang nach Maximierung. Es geht nur noch darum, krasser zu sein als der Nachbar. Das grösste Auto, das grösste Bankkonto, das grösste Haus zu haben. Da will ich nicht dabei sein", sagte Nagelsmann jetzt in einem Interview des Fussball-Magazins "11Freunde".
Einfach mal Trainer von Real Madrid sein, damit man Trainer von Real Madrid ist? Damit man Toni Kroos, Gareth Bale und Luka Modric trainiert? Das ist nicht Nagelsmanns Art.
"Ich möchte logisch wachsen. Das geht aber nicht allein über Maximierung, sondern über die Aufgabe, die sich mir stellt", sagte der junge Coach.
Über das Angebot des Königsklassen-Gewinners nachgedacht habe er schon. "Wer würde wegdrücken, wenn Real Madrid anruft?"
Doch Nagelsmann strebt eine Planung an, bei der er nicht schon mit Anfang 30 den begehrtesten aller Posten bekleidet. "Wenn meine Trainerkarriere einigermassen weiterläuft, bietet sich vielleicht später noch einmal die Gelegenheit, einen Verein in dieser Kategorie zu übernehmen", sagte Nagelsmann.
Nagelsmann führt auch familiäre Gründe an
Erst Hoffenheim, dann Leipzig, dann der nächste Schritt. Auch aus familiären Gründen passe es "gerade nicht so gut, ins Ausland zu wechseln", erklärte der Coach, der sich gerne im Münchner Raum aufhält.
Nagelsmann geniesst in der Liga grosses Ansehen. RB Leipzig rühmt sich deshalb nicht zu Unrecht mit der Verpflichtung des Jung-Trainers, der in Sachsen einen Vertrag bis 2023 unterschrieben hat.
"Fakt ist, dass er viele Angebote hatte und er sich für uns entschieden hat. Und sicher nicht, weil wir ihm das höchste Gehalt geboten haben. Ihn hat unser Verein überzeugt", sagte RB-Vorstandschef Oliver Mintzlaff der "Sport Bild".
Auch hier hat Nagelsmann den sanften Weg nach oben gewählt: Statt Bayern oder Dortmund zu übernehmen, wird er den Etablierten mit den Leipziger Highspeed-Kickern gehörig Druck machen.
"Viel grösser als Real geht nicht"
BVB-Boss Hans-Joachim Watzke ging bei dem Jung-Coach von einem anderen Schritt aus. "Ich hätte [...] spannend gefunden, wenn Julian Nagelsmann, den ich als Trainer sehr schätze, nach Hoffenheim in einen richtig grossen Traditionsclub eingetaucht wäre", sagte Watzke. Bei Real Madrid war das nach dem plötzlichen Abgang von Erfolgscoach Zinédine Zidane möglich, das weiss auch Nagelsmann: "Den FC Universum gibt es nicht und viel grösser als Real geht nicht", betont er. Doch alles zu seiner Zeit. © dpa
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