Also doch: Niko Kovac soll neuer Bayern-Trainer werden. Für die Münchner wäre das eine recht bequeme Sicherheitslösung. Aber reicht die aus für die grossen Ziele der Münchener? Es bleiben Zweifel.
Am Ende war es einmal mehr ein unwürdiges Versteckspiel, aber das gehört wohl mittlerweile zur standardmässigen Folklore.
"Es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln, dass ich nächstes Jahr Trainer von Eintracht Frankfurt bin." Das sagte Niko Kovac vor etwas mehr als einer Woche auf die permanenten Nachfragen nach seiner beruflichen Zukunft.
Sein Sportchef Fredi Bobic äusserte sich ähnlich, allerdings immer auch mit dem Verweis darauf, dass er von niemandem eine entsprechende Anfrage vorgelegt bekommen habe - weder von Kovac noch vom FC Bayern München.
Bobic hat also nach bestem Wissen und Gewissen geantwortet und als derjenige, der Informationen eben auch erst aus zweiter Hand bekommt.
Für
Kovacs Spitzfindigkeiten
Der FC Bayern München und Niko Kovac werden ab dem Sommer gemeinsame Wege beschreiten. Kovacs Geschichte, es habe keinerlei Kontaktaufnahme zwischen den Bayern und ihm gegeben, wird nun widersprochen. Angeblich sei seit zwei Wochen schon alles unter den neuen Vertragspartnern geregelt, Fredi Bobic wurde demnach am Donnerstag davon in Kenntnis gesetzt.
Kovac zieht offenbar eine Klausel in seinem Vertrag, wonach er vorzeitig entweder zu den Bayern oder zwei ausländischen Klubs wechseln kann.
Kovac hat sich immer auch ein kleines Hintertürchen offen gelassen, mit rhetorisch geschickt formulierten Spitzfindigkeiten wie diesen: "Im Fussball passiert so viel. Ich weiss nicht, was morgen passiert. Stand jetzt bin ich bis 2019 Trainer." Das kann man nun professionell finden oder durchdrungen von kaltem Kalkül.
Für die Eintracht, die eine hervorragende Saison spielt und mittendrin ist im Kampf um die Champions League sowie die Chance hat, erneut ins Pokalfinale einzuziehen, kommt das Tohuwabohu um ihren Trainer in der Endphase der Saison jedenfalls zur Unzeit.
Warum die Bayern nun doch auf Kovac als Nachfolger von
Dieses Kriterium hat den Kreis der Kandidaten automatisch eingedampft auf einige wenige Trainer. Aber selbst wenn die Bayern grösser und doch wieder kosmopolitisch gedacht hätten: Was gibt der internationale Trainermarkt an Topleuten momentan her? Nicht besonders viel.
Was wird vom neuen Trainer gefordert?
Da bietet es sich fast schon an, auf dem heimischen Markt aktiv zu werden und dann für ein vergleichsweises Taschengeld einen Trainer zu holen, der den Stallgeruch mitbringt, von dem dauernd die Rede ist.
Kovac soll für schlappe 2,2 Millionen Euro ausgelöst werden aus seinem bis 2019 datierten Vertrag in Frankfurt. Er wird damit der vierte Bayern-Trainer, der zuvor auch schon Spieler war beim Rekordmeister. Nach Sören Lerby, Franz Beckenbauer, die beide eher Übergangslösungen waren, und Jürgen Klinsmann.
Kovac hat Eintracht Frankfurt und letztlich auch sich selbst in den letzten beiden Jahren enorm entwickelt. Vom anfänglichen Destruktivismus mit klarem Fokus auf der Defensivarbeit hin zum sauberen Ballbesitz- und Positionsspiel. Darauf wird er sich in München einstellen müssen bei Ballbesitzzeiten von 60 Prozent und teilweise deutlich mehr pro Spiel.
Die Anknüpfungspunkte an die Arbeit von Heynckes sind auf alle Fälle vorhanden und Kovac dürfte schlau genug sein, diese auch sofort aufzugreifen und weiterzuentwickeln.
Die Bayern sind auf Grund ihrer besonderen Stellung aber kein Verein wie jeder andere. Hier gelten andere Massstäbe und Regeln. Und es bleibt die Frage, was der neue Bayern-Trainer denn eigentlich können muss? Soll er als Entwickler auftreten oder als Verwalter? Als Projektleiter mit frischen Ideen oder als Moderator des unglaublichen Potenzials der Mannschaft?
Angeblich arbeiteten die Bayern im Hintergrund an der ganz grossen Lösung, in dem Zusammenhang fällt immer wieder der Name Jürgen Klopp. Aber beim FC Liverpool war selbst für den grossen FC Bayern in dieser Mission nichts zu holen.
Es bleiben Zweifel
Kovac soll in München einen Zweijahresvertrag bekommen haben. Das wäre ein Jahr weniger als zuletzt
Kovac darf seinen Bruder Robert mit nach München bringen, bekommt aber wohl noch einen vom Verein bestimmten zweiten Co-Trainer zur Seite gestellt.
Dabei soll es sich um Peter Hermann handeln. Das macht Sinn, wenn man die Arbeit des Duos Heynckes/Hermann nahtlos fortführen will. Aber es sieht ein bisschen komisch aus, so als hätten die Bayern eine Art Mitspracherecht eingepreist. Bei Ancelotti wurde damals nachträglich Willy Sagnol installiert.
Nicht nur deshalb bleibt bei Niko Kovac ein gewisses Risiko für die Bayern. Kovac ist erst seit zwei Jahren Cheftrainer einer Vereinsmannschaft, in Frankfurt ging es sukzessive bergauf. Von kleineren oder grösseren Krisen ist er bisher verschont geblieben, Krisenmanagement war bis auf die ersten Wochen in Frankfurt, das damals im Abstiegskampf steckte, nie gefragt.
Und Erfahrungswerte auf internationalem Parkett kann Kovac gar keine vorweisen. Dabei benötigen die Bayern einen Trainer, der in der Königsklasse liefern kann. Die Meisterschaft in der Bundesliga wird ebenso wie der Sieg DFB-Pokal stillschweigend vorausgesetzt.
Von aussen betrachtet und ohne echten Einblick ins Innere der Bayern hat
Von aussen betrachtet haben sich die Bayern in der Trainerfrage aber nach und nach zurückentwickelt. Bei allem Respekt vor den Leistungen des neuen Trainers - aber von Pep Guardiola über Carlo Ancelotti und den Ruheständler Jupp Heynckes jetzt auf Niko Kovac zu kommen, liest sich auf dem Papier wie ein Eingeständnis: Die Bayern backen in der Beziehung nun wieder deutlich kleinere Brötchen.
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