Ein Spielabbruch in der Bundesliga ist nach den Vorfällen des vergangenen Wochenendes ein Szenario, das bald schon Realität werden könnte. Der DFB hat entsprechende Regeln aufgestellt, wie damit umzugehen wäre. Ein Spiel könnte dann sogar zwei Verlierer haben.

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Vorfälle wie beim Spiel der TSG Hoffenheim gegen Bayern München am vergangenen Samstag, als die Partie wegen Schmähungen gegen Dietmar Hopp unterbrochen werden musste, stellen den Deutschen Fussball-Bund (DFB) vor neue Herausforderungen.

Zwar traten bislang in mehreren Bundesliga-Spielen schon die ersten beiden Stufen des sogenannten Drei-Stufen-Plans der FIFA in Kraft; zum Spielabbruch, dem letzten Ausweg bei Ausschreitungen, kam es aber noch nicht. Ein Spielabbruch ist jedoch ein Szenario, das bald Realität werden könnte.

Doch dann würden sich einige Fragen stellen:

  • Wie würde eine Partie gewertet werden?
  • Würde die Begegnung nachgeholt werden?
  • Müssen sich die Schiedsrichter zwingend an den Drei-Stufen-Plan halten?

Der DFB beschreibt dazu in seinen Regeln sowie in der Rechts- und Verfahrensordnung mehrere Konstellationen.

Was passiert, wenn ein Fussball-Spiel abgebrochen wird?

Fall 1: "Wird ein Bundesspiel ohne Verschulden beider Mannschaften vorzeitig abgebrochen, so ist es an demselben Ort zu wiederholen."

Beispiel: Im April 2008 wurde die Bundesliga-Partie zwischen Nürnberg und Wolfsburg wegen zu starken Regens abgebrochen. Eine Wiederholung erfolgte wenige Tage später ebenfalls in Nürnberg.

Fall 2: "Trifft eine Mannschaft oder ihren Verein oder beide Vereine ein Verschulden an dem Spielabbruch, ist das Spiel dem oder den Schuldigen mit 0:2 Toren für verloren, dem Unschuldigen mit 2:0 Toren für gewonnen zu werten."

Beispiel: Dieser Fall ist jüngst im Nachwuchsfussball eingetreten, als eine B-Jugend von Hertha BSC Berlin geschlossen das Feld verliess, nachdem sie eine rassistische Beleidigung eines ihrer Spieler beklagten. Das Spiel wurde gegen die Hauptstädter gewertet, weil sie dafür sorgten, dass die Partie wegen ihrer Abwesenheit nicht weiter fortgesetzt werden konnte.

Ähnliches hätte wohl auch dem FC Bayern gedroht, wenn die Hassplakate gegen Mäzen Dietmar Hopp am vergangenen Samstag für einen Abbruch gesorgt hätten. Dass Bayern zu dem Zeitpunkt 6:0 in Führung lag, spielt deswegen keine Rolle, weil die Bayern-Fans sich des Fehlverhaltens schuldig machten.

Laut der Rechtsordnung kann es demnach auch zwei Verlierer geben, wenn beide Teams am Spielabbruch schuld sind. Das wäre in der Liga möglich, in einem K.-o.-Wettbewerb wie dem DFB-Pokal aber schwer umsetzbar.

Hier komme es "stets auf den Einzelfall" an, sagte Hans Lorenz, Vorsitzender des DFB-Sportgerichts, gegenüber Sport1. Möglich wäre auch, das Spiel bei einem beidseitigen Abbruch neu anzusetzen, so Lorenz.

Fall 3: "Hat der Unschuldige im Zeitpunkt des Abbruchs ein günstigeres Ergebnis erzielt, so wird dieses Ergebnis gewertet."

Beispiel: Dies wäre am Wochenende in Sinsheim eingetreten, wenn die Verfehlungen von Hoffenheim-Fans zu einem Spielabbruch geführt hätten. Die Partie wäre dann nicht mit 2:0, sondern mit 6:0 für den FC Bayern gewertet worden.

Deniz Aytekin: "Müssen Sport sauber bekommen"

In den Regeln des DFB heisst es zum Spielabbruch, dieser solle "nur erfolgen, nachdem alle zumutbaren Mittel, das Spiel fortzusetzen, erschöpft sind". Gemäss des Drei-Stufen-Plans, der in Sinsheim am Samstag und bei Union Berlin gegen Wolfsburg am Sonntag bis zu Stufe zwei angewandt wurde, löst ein solches Szenario die Stufe drei aus. Letztlich entscheidet ausschliesslich der Schiedsrichter, ob ein Spiel abgebrochen wird.

Neben dem Unparteiischen könne aber auch der Videoschiedsrichter eine entscheidende Rolle im Kampf gegen beispielsweise Rassismus einnehmen, wie Bundesliga-Schiedsrichter Deniz Aytekin kürzlich im Podcast "kicker meets DAZN" deutlich machte.

Er sagte, dass er seine Kompetenzen als Video-Schiedsrichter bei Vorfällen während eines Spiels überschreiten würde. Er erklärte: "Für uns Schiedsrichter ist das Hauptproblem, Schmähungen überhaupt mitzubekommen."

Und weiter: "Sollte ich so etwas (massive Beleidigungen, Anm. d. Red.) vom Kölner Keller aus eindeutig mitbekommen, da würde ich die Richtlinien des VAR in der Schublade verschwinden lassen. In diesem Fall wäre mir jede Anweisung egal, denn es geht auch darum, dass wir den Sport sauber bekommen."

Aytekin sagte weiter, dass er keine "Mannschaft zwinge, weiterzuspielen und einen Vorfall herunterzuspielen. Wir haben ja auch Menschenverstand, der hilft dann meistens. Wenn eine Mannschaft sagt, unter diesen Umständen ist das nicht unser Fussball und geht, dann habe ich dafür Verständnis." (msc/dpa)

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