In Brasilien werden nun auch Red-Bull-Talente gefördert, die einmal in Leipzig Fussball spielen sollen. So zumindest der Wunschgedanke der Verantwortlichen - beziehungsweise des Verantwortlichen. Red Bull bedeutet gleich Dietrich Mateschitz. Er hat die RB-Vereine dorthin gebracht, wo sie heute stehen. Und er ist noch nicht fertig. Doch der Erfolg hat einen faden Beigeschmack.

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Das Fussball-Imperium von Red Bull wächst. Und wächst. Und wächst. Nach RB Leipzig, RB Salzburg und den New York Red Bulls hat der Brausehersteller auch einen brasilianischen Zweitligaverein übernommen.

Aus CA Bragantino wird RB Bragantino. Der Verein aus Bragança Paulista im Bundesstaat São Paulo fusioniert mit RB Brasil - einem erfolglosen Klub, der zu seinen besten Zeiten in der vierten Liga spielte und nie den erhofften Aufstieg in die höchste Spielklasse geschafft hat. Der Fusion sei dank, hievt sich Red Bull direkt in die zweite Liga.

Dafür investiert der österreichische Getränke-Konzern auch mal eben zehn Millionen Euro: Neben der Verpflichtung von neuen Spielern soll das Stadion erneuert und ein Trainingszentrum gebaut werden. Und die dort ausgebildeten Nachwuchs-Stars früher oder später nach Deutschland in die Bundesliga zu RB Leipzig transferiert werden.

Leipzig: Talente aus den eigenen (brasilianischen) Reihen

Leipzigs Sportdirektor Ralf Rangnick bestätigte diese Planung bereits im Februar in einem "Kicker"-Interview: "Es ist wichtig für RB, in den nächsten Jahren dafür zu sorgen, dass sich an Standorten wie New York oder Brasilien mehr Spieler entwickeln, die für uns als Verstärkungen infrage kommen."

Bisher bediente sich der Bundesligist am liebsten beim Partner-Klub in Österreich. In den vergangenen neuneinhalb Jahren wechselten 15 Spieler von RB Salzburg zu RB Leipzig. Im Gegenzug flossen gerade einmal rund 78,5 Millionen Euro. Ein erstaunlich kleiner Betrag in Anbetracht der aktuellen Ablösesummen.

Doch noch viel mehr irritiert: Angeblich hätte der einseitige Spielerstrom in dieser Grössenordnung gar nicht stattfinden dürfen. Und: Sowohl Leipzig als auch Salzburg spielten diese Saison in der Europa League, sogar in einer Gruppe gegeneinander, was laut den UEFA-Statuten ebenfalls nicht erlaubt ist.

Laut der österreichischen "Kronen Zeitung" soll es zwischen der UEFA, Leipzig und Salzburg eine Vereinbarung geben, die besagt, dass nur ein Spieler pro Transferperiode von Salzburg nach Leipzig wechseln darf. Ein Gentlemen's Agreement, das die UEFA zur Bedingung machte, damit beide Vereine international starten dürfen. Doch ein Blick in die Vergangenheit zeigt: Am 1. Juli 2016 nahmen sowohl Naby Keita (kolportierte 30 Millionen Euro Ablöse) als auch Benno Schmitz (800.000 Euro) ihre Arbeit in der Sachsen-Metropole auf. Beide kamen aus der Mozartstadt.

Die UEFA und RB Salzburg verneinten eine solche Vereinbarung.

Aber auch ihr Antreten im gleichen Wettbewerb stellt den europäischen Fussballverband bloss.

Dietrich Mateschitz: Mr. Red Bull

Offiziell heisst es in den Statuten, dass "keine natürliche oder juristische Person Kontrolle über oder Einfluss auf mehr als einen an einem UEFA-Klubwettbewerb teilnehmenden Verein haben darf". Genau das war diese Saison bei Red Bull aber der Fall.

Red Bull im Profi-Fussball, im Profi-Sport überhaupt, steht und fällt mit dem österreichischen Unternehmer und Milliardär Dietrich Mateschitz. Er hält 49 Prozent der Anteile der Red Bull GmbH. Er ist der Kopf hinter dem Imperium.

Die Red Bull GmbH ist 99-prozentiger Gesellschafter von RB Leipzig - und gleichzeitig agiert in Salzburg eine Klubführung, die sich Mateschitz mehr oder weniger selbst zurechtgelegt haben soll. Die "11 Freunde" bezeichnet sie als Mateschitz' "Marionetten".

Das Aufeinandertreffen der Dosen-Klubs in der Europa League erzürnte die Fussball-Welt aber weniger, als der Talente-Strom, der unaufhaltsam in eine Richtung fliesst.

"Was mich an RB stört, ist dieses Geschiebe von Spielern von Salzburg nach Leipzig und von Leipzig nach Salzburg. Das hat für mich einen faden Beigeschmack", sagte mal Max Eberl, Manager von Bundesligist Borussia Mönchengladbach.

Wo Red Bull im Sport sonst noch vertreten ist:

SportartTeam/VereinStartjahr
MotorsportRed Bull Racing (Formel 1)
Scuderia Toro Rosso (Formel 1)
Weitere Rennställe in niedrigeren Klassen
2005
2006
EishockeyEHC Red Bull München
EHC Red Bull Salzburg
2012
2007
Weitere SportartenRed-Bull-X-Fighters (Freestyle-Motocross)
Red-Bull-Air-Race-Weltmeisterschaft (Flugzeugrennen)
Red-Bull-Crashed-Ice (Ice Cross Downhill)
WM im Wingsuit-Fliegen
Breakdance-WM RB BC One
RB Flugtag
RB Seifenkistenrennen
Ultramarathon Great Himalaya trail
Red Bull Stratos (Fallschirmsprung, einmaliges Ereignis)
2001
2003
2001
unbekannt
2004
1991
2000
unbekannt
2012

Das "Geschiebe" fängt allerdings schon viel früher an. Salzburg, das seine U23 abgemeldet hat, parkt seine Nachwuchshoffnungen beim FC Liefering, einem guten österreichischen Zweitligaverein. Dort können die Talente bereits auf verhältnismässig hohem Niveau spielen, sich in Ruhe entwickeln und bei entsprechendem Fortschritt zurück nach Salzburg wechseln - auf kurzem Dienstweg sozusagen. Denn österreichische Erstligisten dürfen Talente mit einer Doppellizenz ausstatten und zusätzlich bei einem Zweitligisten Spielpraxis sammeln lassen.

Rechtlich spielt sich all das im zulässigen Rahmen ab. Es bleibt der negative Beigeschmack - wie eben bei Eberl.

Ein weiterer Punkt, der zeigt, wie sehr die Vereine miteinander verbunden sind, ist die Talentsichtung. "Das ganze Scouting ist zusammengefasst. Leipzig scoutet mehr für den nördlichen Bereich und Salzburg für den südlichen", sagte Ernst Tanner, Salzburgs Ex-Nachwuchschef, 2014 der "Welt".

Jesse Marsch: Erst New York, dann Leipzig, jetzt Salzburg

Die Transferpolitik beschränkt sich nicht nur auf die Spieler. Jesse Marsch wird im Sommer neuer Coach von Red Bull Salzburg. Seine vergangenen Trainerstationen? New York Red Bulls (von 2015 bis 2018) und RB Leipzig (Co-Trainer, 2018 bis 2019).

Bei Red Bull verfolgt man eine klare Philosophie. Mateschitz zeigt, dass Erfolg planbar ist - und käuflich. Er hat zweifelsohne das Fundament für ein fussballerisches Aushängeschild gelegt. Aus der Weltmarke Red Bull soll am besten in Leipzig ein Verein enstehen, der sich dauerhaft mit den grössten Mannschaften Europas um Titel streitet.

Zumindest auf nationaler Ebene ist es ihm bereits gelungen: RB Leipzig beendet eine starke Bundesliga-Saison auf Platz drei und steht erstmals im DFB-Pokal-Finale in Berlin. Dort wollen die Leipziger den FC Bayern am 25. Mai (Anstoss 20:00 Uhr, LIVE bei uns im Ticker) schlagen.

Verwendete Quellen:

  • transfermarkt.de: Red Bull kauft brasilianischen Zweitligisten CA Bragantino: „Auf höhere Stufe kommen“
  • uefa.com: Reglement der UEFA Europa League Zyklus 2018-21
  • 11freunde.de: Wann greift die UEFA ein?
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