- Der Unparteiische spricht Eintracht Frankfurt gegen Bayer 04 Leverkusen zwei berechtigte Strafstösse zu, in zwei weiteren Situationen verweigert er ihnen einen Elfmeter, ebenfalls zu Recht.
- Ein Strafstoss muss wiederholt werden, bei einem anderen lässt die VAR-Technik den Referee im Stich. Doch der ist nicht aus der Ruhe zu bringen.
Eine gute Spielleitung des Schiedsrichters zeichnet sich nicht zuletzt dadurch aus, dass er bei der Beurteilung von Zweikämpfen eine klare und für alle Beteiligten berechenbare Linie verfolgt. Bekanntlich ist in der Kontaktsportart Fussball nicht jede Berührung gleich ein Foulspiel, selbst dann nicht, wenn der Gegner nicht den Ball gespielt hat.
Deshalb kommt es für den Unparteiischen vor allem in Situationen, in denen ein Spieler zu Boden geht, entscheidend darauf an, ob der vorangegangene Kontakt ursächlich für den Sturz war oder nicht. Ähnlich gelagerte Situationen sollte der Referee dabei gleich bewerten und es sollte allen klar sein, wo er die Grenze zwischen erlaubter Zweikampfhärte und regelwidrigem Körpereinsatz zieht.
Das gilt in besonderem Masse für Zweikämpfe im Strafraum, wo die spieltechnische Ahndung von Regelübertretungen durch das verteidigende Team in Form eines Strafstosses schwerer wiegt als ausserhalb dieser Zone.
Warum Kamada und Kolo Muani keinen Elfmeter bekamen
Wie diesbezüglich eine gute und nachvollziehbare Linie aussieht, zeigte Schiedsrichter Frank Willenborg in der Partie zwischen Eintracht Frankfurt und Bayer 04 Leverkusen (5:1). Nach zehn Minuten legte der Frankfurter Daichi Kamada im Leverkusener Strafraum den Ball an Charles Aranguiz vorbei, der danach ein wenig "den Körper reinstellte", wie es in der Fussballersprache heisst.
Doch es gab kein Beinstellen, kein Halten und kein Rempeln und Kamada begab sich schon in die Schräglage, als noch gar kein Kontakt gegeben war. Zu diesem kam es erst danach, er war zu vernachlässigen und jedenfalls nicht ausschlaggebend dafür, dass der Frankfurter fiel.
Referee Willenborg war günstig positioniert und liess richtigerweise weiterspielen, wie auch in der 27. Minute nach einem Zweikampf zwischen dem Leverkusener Piero Hincapie und Randal Kolo Muani im Strafraum. Der ballführende Frankfurter Angreifer war ebenfalls schon im Fallen begriffen, bevor Hincapie seine Arme zum Oberkörper von Kolo Muani führte. Für dessen Sturz war der Verteidiger jedenfalls nicht verantwortlich zu machen.
Tapsobas Tritt war klar strafwürdig
Anders verhielt es sich in der Nachspielzeit der ersten Hälfte, als Edmond Tapsoba im eigenen Strafraum bei seinem Tackling gegen den Frankfurter Jesper Lindström zu spät kam und mit seinem rechten Fuss nicht den Ball traf, sondern den rechten Fuss seines Gegenspielers.
Dieser Tritt war ohne Zweifel ursächlich dafür, dass Lindström stürzte und so ein vielversprechender Angriff der Gastgeber jäh gestoppt wurde. Willenborgs Entscheidung, der Eintracht einen Elfmeter zuzusprechen und Tapsoba die Gelbe Karte zu zeigen, war deshalb völlig richtig. Er hatte den Treffer am Fuss gut erkannt und seine Entscheidung getroffen, ohne zu zögern.
Der Leverkusener Torwart Lukáš Hrádecký konnte den von Kolo Muani getretenen Strafstoss abwehren, doch er hatte die Torlinie bereits vor dem Schuss mit beiden Füssen nach vorne verlassen. Das ist nicht erlaubt: Nach dem Regelwerk müssen sich die Keeper zumindest mit einem Fuss auf oder hinter der Linie befinden, bis der Elfmeterschütze den Schuss ausgeführt hat.
Der erste Elfmeter wurde zu Recht wiederholt
Bis Ende September sahen die Unparteiischen und auch die Video-Assistenten in der Bundesliga allerdings meist grosszügig darüber hinweg, wenn die Torhüter bei einem gehaltenen Strafstoss ihre Torlinie beim Elfmeter mit beiden Füssen zu früh verlassen hatten, sofern es sich nur um wenige Zentimeter handelte.
In der jüngsten Länderspielpause verkündete die sportliche Leitung der Referees allerdings, dass dieser Spielraum ab sofort – wie es international bereits seit längerem üblich ist – nicht mehr gewährt werden wird und der Video-Assistent eingreifen muss, wenn der Schiedsrichter den betreffenden Verstoss auf dem Feld nicht erkennt.
Deshalb meldete sich beim Spiel in Frankfurt richtigerweise VAR Robert Schröder bei Willenborg und teilte ihm die Regelübertretung von Hrádecký mit. Der Unparteiische liess den Strafstoss daraufhin wiederholen, doch diesmal trat nicht erneut Kolo Muani an, sondern Kamada, der dann auch traf. Ein solcher Wechsel des Schützen ist möglich, wenn ein Elfmeter erneut ausgeführt werden muss.
Technische Panne beim On-Field-Review
Der Referee benötigte noch ein weiteres Mal die Unterstützung durch den VAR, nämlich nach 68 Minuten. Hincapies Tackling im Leverkusener Strafraum gegen Kolo Muani hatte er zunächst als regelkonform bewertet, doch der Abwehrspieler hatte den Ball verfehlt und dafür den Stürmer getroffen, der deshalb zu Fall kam.
Weil Hincapie dadurch eine offensichtliche Torchance zunichte machte, sein Einsatz im Strafraum aber dem Ball galt, bekam er nicht die Rote Karte, sondern nur die Gelbe. Da es jedoch seine zweite Verwarnung in diesem Spiel war, war sein Arbeitstag trotzdem vorzeitig beendet. Den fälligen Strafstoss verwandelte wiederum Kamada zum 4:1.
Zu einem On-Field-Review am Monitor war es nach der Intervention des VAR übrigens nicht gekommen. Das war überraschend, doch auf dem Twitter-Account der DFB-Schiedsrichter wurde der Grund dafür genannt: "Aufgrund eines technischen Problems konnten dem Schiedsrichter keine Bilder zur Verfügung gestellt werden", hiess es dort. Der VAR habe dem Unparteiischen aber Hinweise gegeben, "mit deren Hilfe dieser auf Foulspiel, Strafstoss und Gelb-Rot entschieden hat".
Willenborg hatte sich vor der endgültigen Entscheidung zudem mit seinem Assistenten Arne Aarnink besprochen. Ein On-Field-Review ist bei sogenannten subjektiven Entscheidungen zwar üblich, aber nicht zwingend vorgeschrieben. Nach dem Regelwerk kann der Schiedsrichter auch nach mündlicher Information durch den VAR eine Entscheidung ändern, wie hier geschehen.
Uneindeutige Fernsehbilder vor dem 2:1
Wäre noch zu klären, ob das Tackling des Frankfurters Christopher Lenz gegen Tapsoba bei der Balleroberung, die dem Treffer zum 2:1 für die Hessen nach 58 Minuten vorausging, regelkonform war oder nicht. Die Leverkusener Bank protestierte vehement, sie wollte ein Foulspiel von Lenz wahrgenommen haben.
Doch die Fernsehbilder gaben keinen zweifelsfreien Aufschluss darüber, ob es tatsächlich der Frankfurter war, der im Zweikampf den Ball gespielt hatte, oder nicht doch der Leverkusener, was Lenz' Einsatz zum Foulspiel hätte werden lassen.
Durch diese fehlende Eindeutigkeit konnte man aber nicht von einem offensichtlichen Fehler des Schiedsrichters sprechen. Dass der VAR nicht eingriff, war somit ein weiteres Mal richtig.
Was sonst noch wichtig war
In der 82. Minute der Begegnung zwischen dem VfL Wolfsburg und Borussia Mönchengladbach (2:2) forderten die Gäste nach einem Zweikampf zwischen Maximilian Arnold und Marcus Thuram im Strafraum der Niedersachsen vergeblich einen Elfmeter. Beide Spieler waren nach einer Parade des Wolfsburger Torwarts Koen Casteels zum Ball gelaufen, den Arnold mit einem "langen Bein" zu erreichen und gegen Thuram abzuschirmen versuchte.
Dabei stellte er, bevor er den Ball erreichte, allerdings sein Bein in den Laufweg seines Gegenspielers und traf ihn dadurch am Schienbein, woraufhin dieser zu Fall kam. Ein Strafstoss wäre deshalb angemessen gewesen. Allerdings hätte Schiedsrichter Benjamin Cortus den vorangegangenen Freistoss für die Gladbacher, den Casteels parierte, gar nicht geben dürfen. Denn es lag kein Beinstellen von Paulo Otavio gegen Thuram vor, sondern es war vielmehr der Gladbacher, der seinem Gegner auf den Fuss getreten und danach zu Boden gegangen war.
Die beiden Topspiele am Sonntagabend wurden von den Unparteiischen sicher über die Bühne gebracht: Tobias Stieler in der Partie 1. FC Union Berlin gegen Borussia Dortmund (2:0) sowie Sascha Stegemann im Aufeinandertreffen des FC Bayern München und des SC Freiburg (5:0) erledigten ihre Aufgaben gut und geräuschlos.
Zur schwierigsten Szene für Stieler kam es nach 83 Minuten, als der Berliner Robin Knoche vor dem eigenen Tor seine Hand auf den Oberarm von Mats Hummels legte und den Dortmunder leicht hielt. Dass der Referee nach dem anschliessenden spektakulären Sturz von Hummels, der schon im Moment des Kontakts ein wenig nach hinten geneigt war, nicht auf Elfmeter entschied, war aber vertretbar. Letztlich war es ein Grenzfall, in dem es für den Referee einen Ermessensspielraum gab.
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