Der Freiburger Torwart bekam nach einem Ausrutscher in Leverkusen unfreiwillig ein bisschen Nachhilfe in Regelkunde. Dabei hatte er Glück, dass die Situation für ihn glimpflich ausging. Sein Berliner Kollege hingegen erwischte einen gebrauchten Tag.
Die Partie zwischen Bayer 04 Leverkusen und dem SC Freiburg (1:1) hätte kaum kurioser losgehen können: Nach gerade mal zwei Minuten rutschte der Freiburger Torhüter Mark Flekken beim Abstoss auf dem nassen Rasen weg.
Den Ball traf er deshalb nicht wie vorgesehen. Das Spielgerät rollte nur ein kleines Stück vorwärts, weshalb der Leverkusener Karim Bellarabi die Gelegenheit witterte und lossprintete.
Flekken war in Not, daher beförderte er den Ball ins Toraus. Er mag sich gedacht haben: Lieber einen Eckstoss verursachen als ein Gegentor. Schiedsrichter Deniz Aytekin entschied jedoch anders, als der Schlussmann der Breisgauer es annahm.
Denn in der Regel 16, die sich dem Abstoss widmet, heisst es: "Wenn der ausführende Spieler den Ball, nachdem dieser wieder im Spiel ist, erneut berührt, bevor ein anderer Spieler ihn berührt hat, wird ein indirekter Freistoss verhängt." In diesem Fall gerade mal acht Meter vor dem Tor der Gäste, also dort, wo Flekken den Ball ein zweites Mal gespielt hatte.
Warum es in Leverkusen einen indirekten Freistoss gab
So ist das – mit Ausnahme des Schiedsrichterballs, den der Unparteiische ins Spiel bringt – bei jeder Spielfortsetzung im Fussball: Es muss ein anderer Spieler am Ball gewesen sein, bevor der ausführende Spieler die Kugel erneut berühren darf.
Eine Doppelberührung führt zu einem indirekten Freistoss, wobei im Strafraum eine Sonderregelung gilt: Wenn der Ort der Ausführung weniger als 9,15 Meter von jenem Tor entfernt ist, auf das der Freistoss ausgeführt wird, dann dürfen die Abwehrspieler sich auf die Torlinie stellen.
Kerem Demirbay konnte die grosse Torchance allerdings nicht nutzen: Nicolas Höfler lenkte den Ball mit dem Kopf an die Latte, den Nachschuss setzte Bellarabi am Tor vorbei.
Eigentlich hätte der Abstoss wiederholt werden müssen
Doch den indirekten Freistoss hätte es eigentlich nicht geben dürfen, wie die Zeitlupen zeigten. Denn in den Regeln steht auch, dass der Ball beim Abstoss im Spiel ist, "wenn er mit dem Fuss gespielt wurde und sich eindeutig bewegt" hat.
Flekken hatte den Ball jedoch nicht wie geplant mit seinem rechten Fuss getroffen, sondern im Wegrutschen mit seinem linken Knie oder Schienbein. Ausserdem hatte sich Bellarabi in diesem Moment auf der Strafraumlinie befunden, statt sich wie vorgeschrieben ausserhalb des gegnerischen Sechzehnmeterraums aufzuhalten.
Beides war aber erst in der verlangsamten Wiederholung ohne Zweifel zu erkennen. Wenn der Referee es bemerkt hätte, dann hätte er auf Wiederholung des Abstosses entschieden und nicht auf Freistoss.
Mark Flekken kannte die Regel nicht
Hätte der Video-Assistent hier eingreifen können? Nein – denn Freistösse gehören nicht zu den überprüfbaren Situationen, auch nicht indirekte im gegnerischen Strafraum. Wenn die Leverkusener ihre Chance genutzt hätten, dann wäre das Tor also anerkannt worden.
Mark Flekken war deshalb nach dem Spiel erleichtert: "Zum Glück ging es gut für uns aus", sagte er. "Ich wusste selbst nicht, dass es Freistoss gibt, weil es mir noch nie passiert ist", gab der Keeper zu.
Eine Gelbe oder gar eine Rote Karte sehen die Regeln für diesen Verstoss übrigens nicht vor. Selbst dann nicht, wenn dadurch ein aussichtsreicher Angriff, eine offensichtliche Torchance oder ein Tor vereitelt wird.
Was sonst noch wichtig war:
- Wie die gesamte Gastmannschaft erwischte auch der Berliner Keeper Rune Jarstein im Spiel zwischen dem FC Augsburg und Hertha BSC (4:0) einen Tag zum Vergessen: In der 26. Minute verlor er vor dem eigenen Tor ohne Not den Ball und brachte bei seinen folgenden Rettungsversuchen erst Florian Niederlechner und dann Sergio Cordova mit groben Fouls zu Fall. Es nützte jedoch nichts, Cordova traf trotzdem, und das Tor zählte, weil Schiedsrichter Sascha Stegemann den Vorteil abgewartet hatte. Die Rote Karte für Jarstein gab es dennoch, und das zu Recht: Der erfolglose Versuch, ein Tor auf unfaire Weise zu verhindern, wird zwar grundsätzlich nur mit der Gelben Karte geahndet. Ein brutales Foulspiel aber führt immer zu einem Feldverweis. Auch die Anwendung der Vorteilsregel war richtig: Bei Vergehen, die einen Platzverweis nach sich ziehen, soll sie nur dann zum Tragen kommen, wenn trotzdem eine offensichtliche Torchance gegeben ist. So wie hier.
- Ob es für ein überhartes Foulspiel die Gelbe oder die Rote Karte gibt, hängt nicht nur von der Intensität und der Dynamik ab, sondern auch davon, wo und wie der Gegner getroffen wird. Oberhalb des Knöchels und des Sprunggelenks beginnt sozusagen die "rote Zone", erst recht, wenn es dort zu einem Volltreffer mit der "offenen Sohle" kommt. Deshalb wurde der Mainzer Ridle Baku in der Begegnung der TSG 1899 Hoffenheim gegen den 1. FSV Mainz 05 (1:5) zu Recht des Feldes verwiesen: Er hatte Sebastian Rudy im Sprung von hinten mit den Stollen oberhalb des Knöchels erwischt. Schiedsrichter Bastian Dankert zeigte zunächst Gelb, korrigierte sich jedoch nach einer Intervention des Video-Assistenten und zeigte schliesslich Rot.
- Bei den Fouls von Simon Terodde gegen Dayot Upamecano in der Partie des 1. FC Köln bei RB Leipzig (1:4) und von Rouwen Hennings gegen David Alaba im Spiel Fortuna Düsseldorf – FC Bayern München (0:4) dagegen sah das "Trefferbild", wie man es in Schiedsrichterkreisen nennt, ein bisschen anders aus: Der Gegner wurde jeweils an der Fussseite getroffen, wo die Verletzungsgefahr geringer ist. Auch die Intensität war nicht so hoch, dass ein Feldverweis zwingend gewesen wäre. Deshalb schritten die Video-Assistenten zu Recht nicht ein, als sich die Unparteiischen jeweils für eine Verwarnung entschieden. Weil es sich, anders als beim Mainzer Baku, um Grenzfälle handelte, hätten sie es bei Feldverweisen allerdings vermutlich ebenfalls nicht getan.
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