Auf Schalke lässt der Video-Assistent eine Elfmeterentscheidung für Union Berlin unbeanstandet, obwohl die Bilder zeigen, dass eine Schwalbe vorliegt. In den anderen Stadien dagegen machen die Unparteiischen und ihre Helfer in Köln eine gute Figur. Das Topspiel in München sieht gar einen Top-Schiedsrichter.
Wenn der FC Schalke 04 sein Spiel gegen den 1. FC Union Berlin nicht noch mit 2:1 gewonnen hätte, dann wäre die Szene, die zum Ausgleichstor für die Gäste mündete, wahrscheinlich das alles beherrschende Thema in Gelsenkirchen gewesen.
Denn die Elfmeterentscheidung für die Berliner, die Schiedsrichter Daniel Schlager in der 35. Minute traf, konnten die Hausherren so gar nicht begreifen. Noch weniger verstanden sie, dass sie auch die Überprüfung durch Video-Assistent (VAR) Deniz Aytekin überstand.
"Ich habe zum Schiedsrichter gesagt, dass ich meinen Gegenspieler gar nicht berührt habe", erklärte Matija Nastasic nach dem Spiel. "Es war für mich kein Foul und somit auch kein Elfmeter."
Der Unparteiische hingegen hatte auf dem Platz ein Beinstellen von Nastasic wahrgenommen. Für ihn war dies der Grund, warum der Unioner Robert Andrich im Strafraum der Schalker zu Fall kam.
Andrich fiel schon vor dem Kontakt
In der Echtzeit aus dem Blickwinkel des Referees sah das auch nach einer zumindest vertretbaren Entscheidung aus. Doch die Zeitlupen legten einen anderen Schluss nahe. Denn Andrich begann bereits zu Boden zu gehen, noch bevor es überhaupt zu einem Kontakt kommen konnte.
Der Schalker Torhüter
Doch Deniz Aytekin empfahl seinem Kollegen auf dem Feld kein On-Field-Review. Daraus schlussfolgerte Nübel, die Situation müsse für das Team der Unparteiischen "ganz klar gewesen sein, sonst hätte der Schiedsrichter sie sich noch einmal angesehen".
Statt Elfmeter hätte es Gelb für die "Schwalbe" geben sollen
Das ist so nicht ganz richtig. Wesentlich ist vielmehr, ob der Referee nach Auffassung des VAR einen klaren und offensichtlichen Fehler begangen oder etwas Schwerwiegendes übersehen hat. Das war für Aytekin offenbar nicht der Fall. Mit anderen Worten: Er hielt den Strafstosspfiff wenigstens für vertretbar.
Eine Einschätzung, für die jedoch nicht viel spricht, wenn man die Fernsehbilder zugrunde legt, die auch dem Video-Assistenten zur Verfügung stehen.
Zwar ist es möglich, dass Andrich über das Bein von Nastasic gefallen wäre, wenn er sich entschlossen hätte weiterzulaufen. Aber dann hätte es wenigstens einen Zusammenhang von Impuls und Wirkung gegeben, der hier nun einmal fehlte.
Das heisst: Es lag eine "Schwalbe" vor, die zu einem Review und als Konsequenz zu einer Rücknahme der Elfmeterentscheidung, einer Verwarnung für Andrich und einem indirekten Freistoss für die Schalker hätte führen sollen.
Was sonst noch wichtig war:
- Im Spiel VfL Wolfsburg – Werder Bremen (2:3) gab es dagegen schon nach zehn Minuten eine Intervention des VAR: Nach einem Schuss des Bremers Yuya Osako war der Ball im Wolfsburger Strafraum erst ans Knie von Josuha Guilavogui und von dort an dessen weit erhobenen Arm geprallt. Es war richtig, dass Video-Assistent Christian Dingert eingriff, als Schiedsrichter Robert Kampka nicht pfiff: Normalerweise soll zwar nicht auf strafbares Handspiel erkannt werden, wenn einem Spieler der Ball von einem anderen Körperteil unkontrolliert an die Hand oder den Arm springt. Dieses Prinzip gilt allerdings nicht, wenn dieser Spieler seinen Arm schon abgespreizt oder über Schulterhöhe gehalten hat, bevor der Ball an einen anderen Körperteil gelangte.
- Auch in den Spielen Borussia Mönchengladbach – SC Freiburg (4:2) und 1. FC Köln – FC Augsburg (1:1) gab es jeweils einen Elfmeter, beide wurden verschossen. Während der Gladbacher Breel Embolo den Ball gegen den Pfosten schob, parierte der Kölner Torwart Timo Horn den Schuss von André Hahn. Die Keeper waren im Moment der Ausführung allerdings mit beiden Füssen knapp vor der Torlinie und nicht wenigstens mit einem Teil eines Fusses auf ihr, wie es die Regeln seit dieser Saison verlangen. Hätte der VAR deshalb eingreifen müssen? Nein, denn in der Bundesliga sollen Schiedsrichter und Video-Assistenten nicht zu penibel sein, solange die Schlussleute die Torlinie nicht übermässig deutlich verlassen. In Mönchengladbach griff zudem eine Bestimmung, die vom zuständigen International Football Association Board (Ifab) kurz vor Saisonbeginn beschlossen worden war: "Wenn der Strafstoss das Tor verfehlt oder der Ball vom Torpfosten oder der Querlatte zurückspringt, lässt der Schiedsrichter den Strafstoss nicht wiederholen, es sei denn, der Schütze wurde von der Vorwärtsbewegung des Torhüters klar gestört."
- Nicht nur wegen des Strafstosses hatte Schiedsrichter Tobias Stieler in Köln harte Arbeit zu verrichten. Bis zur Pause zeigte er gleich sechsmal die Gelbe Karte und zweimal die Gelb-Rote, nämlich gegen den Kölner Rafael Czichos und gegen den Augsburger André Hahn. Diese ungewöhnliche Kartenflut war jedoch nicht einer besonders kleinlichen Spielleitung des Referees geschuldet, sondern vielmehr die Folge der rüden Spielweise beider Teams. Stieler tat das einzig Richtige und zog seine Linie durch. Nach dem Seitenwechsel beruhigte sich die Partie etwas, was zweifellos auch an der Konsequenz des Unparteiischen lag. Es kamen nur noch drei Gelbe Karten hinzu.
- Einen starken Schiedsrichter hatte auch das Spitzenspiel am Samstagabend zwischen dem FC Bayern München und Bayer 04 Leverkusen (1:2), nämlich Guido Winkmann. Durch eine wohltuend grosszügige Linie trug er wesentlich dazu bei, dass sich eine schnelle und spektakuläre Partie entwickelte. Zugleich scheute Winkmann die Konsequenz nicht: Der Feldverweis für Jonathan Tah wegen einer "Notbremse" gegen Philippe Coutinho ging in Ordnung, weil der Münchner ohne das Foul wohl eine sehr gute Tormöglichkeit gehabt hätte und es fraglich ist, ob der Leverkusener Sven Bender ihn daran noch hätte hindern können.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.