Vor dem ersten Tor für Union Berlin in Frankfurt hinterlässt ein Spieler der Gäste schmerzhafte Spuren auf dem Oberschenkel eines Gegners. Doch der Treffer zählt, weil der VAR sich nicht zu einem Eingriff durchringen kann. In anderen Spielen interveniert er dagegen, und das jedes Mal zu Recht.

Alex Feuerherdt, Schiedsrichter
Eine Kolumne
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Als das Spiel zwischen Eintracht Frankfurt und dem 1. FC Union Berlin (5:2) beendet war, sprach kaum noch jemand darüber, was sich in der Entstehung des Ausgleichstores der Gäste zum zwischenzeitlichen 1:1 in der 7. Minute zugetragen hatte. Das wäre allerdings gewiss anders gewesen, wenn die Hausherren die Partie nicht gewonnen hätten.

Denn dem Treffer von Max Kruse war ein Duell zwischen Julian Ryerson und dem Frankfurter Kapitän Makoto Hasebe im Strafraum der Gastgeber vorausgegangen, bei dem die Hessen ein Foulspiel des Berliners reklamierten. Schiedsrichter Markus Schmidt erkannte das Tor jedoch an, und auch der Video-Assistent in Köln äusserte keine Einwände.

Schmerzhafter Streiftreffer mit den Stollen bei Hasebe

Dabei wurde Hasebe nach dem Treffer vom medizinischen Personal der Eintracht auf dem Feld behandelt, und die Fernsehbilder zeigten den Grund dafür in Nahaufnahme: Auf seinem linken Oberschenkel waren Stollenabdrücke und blutige Striemen zu erkennen.

Diese Spuren hatte Ryerson hinterlassen, als er im Zweikampf mit dem langen Bein zum Ball ging, die Kugel jedoch verfehlte und stattdessen mit der Sohle das Bein von Hasebe streifte. Anschliessend blieb er mit der Ferse auch noch am Hosensaum seines Gegenspielers hängen, der den Ball abschirmte und nun zu Fall kam. Das Spiel lief jedoch weiter, und schliesslich traf Kruse.

Dass der Unparteiische, der von hinten auf den Zweikampf schaute, keine Regelwidrigkeit wahrnahm, ist aufgrund dieses ungünstigen Blickwinkels verständlich. Kaum nachvollziehbar ist es dagegen, dass der VAR nach der Überprüfung der Torerzielung keinen Handlungsbedarf sah.

Kruses Tor hätte nicht zählen dürfen

Denn hier lag kein normaler Kontakt im Rahmen eines Laufduells um den Ball vor – den Ryerson auch nicht spielte –, sondern ein schmerzhafter Streiftreffer mit den Stollen. Dieser sollte selbst bei einer kulanten Regelauslegung und einer hohen Eingriffsschwelle des VAR nicht mehr als regelkonform durchgehen.

Aus diesem Grund wären ein Eingriff des VAR und eine Review-Empfehlung an den Referee mehr als angebracht gewesen. Das hätte zur Folge gehabt, dass das Tor annulliert worden wäre und die Frankfurter wegen des Foulspiels einen Freistoss zugesprochen bekommen hätten.

Gerade wenn der Ball nicht gespielt worden ist und die Folgen eines Fusseinsatzes auch noch dermassen deutlich zu sehen sind, lässt sich nicht mehr das Urteil vermitteln , dass das Zweikampfverhalten zwar rustikal war, aber nicht regelwidrig.

Bayern - Stuttgart: Rot für Davies ist die richtige Entscheidung

Im Unterschied zur Begegnung in Frankfurt schaltete sich im Spiel des FC Bayern München gegen den VfB Stuttgart (4:0) der Video-Assistent nach elf Minuten ein. Zuvor hatte er die Verwarnung überprüft, die Schiedsrichter Daniel Schlager gegenüber dem Münchner Alphonso Davies für dessen Foul an Wataru Endo ausgesprochen hatte.

Der Linksverteidiger der Bayern hatte den Ball technisch unsauber angenommen und dadurch an den Stuttgarter verloren. Beim Versuch der Rückeroberung war er Endo mit den Stollen seines linken Schuhs auf den Knöchel gesprungen.

Es handelte sich um ein Foulspiel, das aufgrund der Intensität, der Art und Weise des Einsteigens und des Trefferortes als gesundheitsgefährdend zu bewerten ist – also nicht nur rücksichtslos, sondern übermässig hart war.

Aus der Perspektive von Schiedsrichter Daniel Schlager hatte sich das Vergehen weniger schwerwiegend dargestellt, doch die Bilder liessen letztlich nur eine Entscheidung zu – und das war die Rote Karte. Deshalb intervenierte der VAR zu Recht, und der Unparteiische korrigierte dann auch seine Entscheidung: Er verwies Davies des Feldes.

Bellingham: Es war der Oberarm und nicht die Brust

Richtig war auch der Eingriff des Video-Assistenten nach 33 Minuten in der Partie 1. FC Köln – Borussia Dortmund (2:2). Bei einem Torschuss des Kölners Noah Katterbach hatte Jude Bellingham den Ball im eigenen Strafraum abgelenkt - nach Ansicht von Schiedsrichter Daniel Siebert mit der Brust. Das jedenfalls zeigte der Referee an.

Die Fernsehbilder liessen jedoch deutlich werden, dass der Unparteiische aus Berlin sich in seiner Wahrnehmung getäuscht hatte: Bellingham war mit dem Oberarm am Ball gewesen. Der VAR riet Siebert daher, sich die Szene noch einmal selbst in der Review Area anzusehen.

Der Unparteiische brauchte am Monitor nicht lange, um zu der Erkenntnis zu gelangen, dass ein strafbares Handspiel vorlag. Denn Bellingham hätte ausreichend Zeit gehabt, um seinen Arm aus der Flugbahn des Balles zu nehmen - doch stattdessen hatte er ihn sogar ein Stück zur Kugel hinbewegt. Siebert entschied deshalb auf Elfmeter und zeigte dem Dortmunder ausserdem die Gelbe Karte.

Auch bei Cordobas Handspiel griff der VAR zu Recht ein

Zu einem strafbaren Handspiel kam es auch im Spiel von Hertha BSC gegen Bayer 04 Leverkusen (3:0), als der Berliner Jhon Cordoba bei einem Konter der Gastgeber den Ball mit dem Arm aus der Luft annahm und direkt weiterleitete.

Am Ende dieses schnörkellos vorgetragenen Angriffs erzielte Dodi Lukebakio das vermeintliche 4:0. Doch weil Schiedsrichter Felix Brych das Handspiel nicht wahrgenommen hatte, griff der Video-Assistent ein. Nach dem folgenden Review annullierte der Referee den Treffer.

Zwar stand das Handspiel nicht in einem direkten Zusammenhang mit der Torerzielung. Aber darum ging es hier auch nicht: Aufgrund der Armhaltung von Cordoba war es per se ahndungswürdig, und weil es in der Angriffsphase geschah, die im Tor der Hertha mündete, musste der Treffer genauso zurückgenommen werden, wie es bei einem Foulspiel der Fall gewesen wäre.

Auch in diesem Fall hatte die Intervention aus der Kölner Videozentrale also ihre Berechtigung.

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