Bei ihrem zwischenzeitlichen Führungstor gegen Borussia Dortmund profitierten die Mönchengladbacher von einer kurios anmutenden Situation für die Anwendung der Abseitsregel. Es blieb nicht die einzige knifflige Entscheidung für das Schiedsrichterteam.

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Wolfgang Stark ist seit kurzem der Rekordhalter unter den deutschen Unparteiischen: Niemand hat mehr Bundesligaspiele gepfiffen als der 47-jährige Bayer. Doch auch in seinem 342. Einsatz im deutschen Oberhaus erlebte er noch etwas, das nur höchst selten vorkommt.

Im Topspiel am Samstagabend zwischen den Borussen aus Mönchengladbach und Dortmund lief die 48. Minute, als Oscar Wendt einen Eckstoss in den Strafraum der Gäste schlug. Lars Stindl nahm die Hereingabe direkt, der Ball prallte an Raphael Guerreiro ab und gelangte von dort zurück zu Wendt.

Der schwedische Nationalspieler zog den Ball nun scharf aufs Tor der Schwarz-Gelben, Marcel Schmelzer misslang der Klärungsversuch derart, dass er die Kugel ins eigene Gehäuse bugsierte. Die Hausherren führten mit 2:1 – und einige Dortmunder, vor allem Torwart Roman Bürki, reklamierten ein Abseits.

Kann man hinter der Torlinie im Abseits stehen?

Denn im Moment von Stindls Schuss befand sich Eckstossschütze Wendt noch knapp hinter der Torlinie. Genau auf dieser Linie standen mit Gonzalo Castro und Christian Pulisic zwei Dortmunder. Sie deckten jeweils einen Pfosten ab, wie das viele Teams bei Eckstössen tun.

Nun heisst es in der Regel 11 bekanntlich, dass sich ein Spieler im Abseits befindet, wenn er im Moment der Ballabgabe durch einen Mannschaftskollegen "mit irgendeinem Teil des Kopfs, des Rumpfs oder der Füsse der gegnerischen Torlinie näher ist als der Ball und der vorletzte Gegenspieler“.

Vorausgesetzt wird dabei, dass sich dieser Spieler des angreifenden Teams innerhalb des Feldes befindet. Was aber, wenn er sich ausserhalb des Platzes aufhält, und sei es nur um wenige Zentimeter?

Komplizierte Situation für die Referees

Auch dieser Fall wird im Regelwerk erwähnt: "Ein Spieler des angreifenden Teams darf das Spielfeld verlassen oder ausserhalb des Spielfeldes bleiben, um nicht aktiv ins Spiel einzugreifen“, ist dort festgelegt. Wenn dieser Spieler dann den Platz von der Torlinie aus wieder betritt und sich am Spiel beteiligt, gilt er in Bezug auf das Abseits "als auf der Torlinie stehend“.

Das heisst also: Oscar Wendt befand sich regeltechnisch betrachtet auf der Dortmunder Torlinie. Dort standen auch Castro und Pulisic. Und wenn ein Angreifer auf derselben Höhe ist wie der vorletzte Gegner oder die letzten beiden Gegenspieler, liegt kein Abseits vor.

Somit war der Treffer korrekt. Da eine solche Situation nur sporadisch vorkommt, stellt sie hohe Ansprüche an den Schiedsrichter und den zuständigen Assistenten. Hinzu kam in diesem Fall, dass der letzte Gegenspieler nicht wie gewohnt der Torwart war. Das stellte für den Mann an der Linie eine zusätzliche Herausforderung dar.

Foul an Pulisic – Elfmeter oder Freistoss?

Der Unparteiische hatte in dieser intensiven Partie aber auch noch andere knifflige Szenen zu beurteilen. So etwa in der neunten Minute, als Pulisic unmittelbar an der Grenze des Dortmunder Strafraums von Mahmoud Dahoud gefoult wurde.

Dass hier eine Regelwidrigkeit vorlag - für die der Gladbacher zu Recht die Gelbe Karte sah - war unstrittig. Nur sehr schwer erkennen liess sich dagegen, ob sich das Foulspiel knapp ausserhalb des Sechzehnmeterraums ereignete oder auf der Strafraumlinie, die bekanntlich zum Strafraum gehört.

Selbst die Zeitlupen gaben keinen eindeutigen Aufschluss, auch wenn sie nahezulegen schienen, dass Pulisic um Haaresbreite vor dem Strafraum getroffen wurde. Der gut postierte Wolfgang Stark entschied jedenfalls auf Strafstoss. Marco Reus verwandelte den Elfmeter zum Führungstor für den BVB.

Glück für Strobl

Sieben Minuten später hätte der Referee eigentlich ein weiteres Mal auf den Punkt zeigen müssen. Denn Tobias Strobl traf bei seiner Grätsche nicht den Ball, sondern nur den Fuss von Nuri Sahin. Doch diesmal blieb Starks Pfeife stumm.

Die Fernsehbilder zeigten deutlich den Treffer, auf dem Platz jedoch stellte sich dieser Zweikampf augenscheinlich weniger klar dar. Nicht einmal die Dortmunder schienen das Foul bemerkt zu haben – sie verzichteten jedenfalls auf den in solchen Fällen häufig folgenden Protest.

Am Ende dürfte es sie auch nicht sonderlich geschmerzt haben, schliesslich gewannen sie das Spiel mit 3:2. Und der erfahrene Wolfgang Stark ist kurz vor seinem Karriereende – nach dieser Saison scheidet er altersbedingt aus – noch einmal um eine Erfahrung reicher geworden.

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