Der Coach des FC Bayern kritisiert den Unparteiischen – allerdings zu Unrecht. Auch sonst machen die Referees und ihre Assistenten an diesem Spieltag einen guten Job. Vor allem beim Duell der rheinischen Rivalen Leverkusen und Köln, zu dem der Unparteiische eine kurze Anreise hatte.

Alex Feuerherdt, Schiedsrichter
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Alex Feuerherdt dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Am 26. Spieltag der Fussball-Bundesliga standen die Schiedsrichter nicht im Mittelpunkt. Es kam jedenfalls nicht zur ganz grossen Aufregung über ihre Entscheidungen, dabei hatten sie einige wirklich knifflige Urteile zu fällen. Trotzdem blieb es weitgehend ruhig, und das spricht für sie.

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Auch Robert Schröder machte seine Sache im Spiel der TSG 1899 Hoffenheim gegen den FC Bayern München (1:1) gut. Dass der Münchner Trainer Julian Nagelsmann nicht ganz zufrieden mit dem 36-jährigen Unparteiischen war, dürfte eher an seiner generellen Enttäuschung über das bescheidene Spielresultat gelegen haben.
Nagelsmann sprach unter anderem eine Szene an, die sich nach einer halben Stunde abgespielt hatte: Im Mittelfeld versetzte Leroy Sané seinen Gegenspieler Diadie Samassekou, der den Münchner mit dem hohen Bein stoppen wollte und ihm dabei mit der Fussspitze kurz gegen die Brust trat.

Der Hoffenheimer habe "keine Chance auf den Ball" gehabt, sagte der Bayern-Coach. "Ich fordere jetzt keine rote Karte, aber es war auch nicht das typische taktische Foul." Schiedsrichter Schröder sprach jedoch nur eine Verwarnung aus – eine angemessene Entscheidung. Denn der Treffer auf Brusthöhe war von geringer Intensität, eine Verletzungsgefahr für Sané war erkennbar nicht gegeben.

Das Vergehen war mithin nicht brutal, wie es für ein grobes Foulspiel charakteristisch wäre. Und selbst wenn der Ball für Samassekou nicht erreichbar war, handelte es sich doch ebenfalls nicht um eine Tätlichkeit, sondern um den Versuch, den Münchner mit einem Foulspiel zu stoppen.

Weil das Spiel bis dahin ausserdem fair verlaufen war und es noch keine persönliche Strafe gegeben hatte, bestand für den Unparteiischen kein Anlass, im Rahmen seines Ermessensspielraums zur härteren Sanktion zu greifen und die Gastgeber frühzeitig zu dezimieren.

Hoffenheim - FC Bayern: Poschs Torverhinderung mit der Hand war nicht zu beanstanden

Ebenfalls korrekt war es, den Münchnern keinen Handelfmeter zu gewähren, als dem Hoffenheimer Stefan Posch nach Thomas Müllers Torschuss der Ball auf der eigenen Torlinie bei der Rettungsaktion von hinten an den Ellenbogen sprang. Hier lagen erkennbar keine Absicht und keine unnatürliche Vergrösserung der Körperfläche vor.
Zwar wäre der Ball ohne die Berührung mit dem Arm nicht ins Tor gegangen. Doch das ist nach den Regeln nicht per se ein Grund, ein Handspiel zu bestrafen. Denn dessen Ahndungswürdigkeit bemisst sich prinzipiell nicht an den Folgen, sondern an der Absicht.
Eine Ausnahme bildet nur ein Handspiel des Torschützen bei oder unmittelbar vor der Torerzielung. Es führt dazu, dass der Treffer nicht gegeben wird, selbst wenn das Handspiel unabsichtlich geschehen ist und unvermeidlich war.
Denn die Regelhüter sind der Ansicht, dass es in der Sportart Fussball nicht zu akzeptieren ist, wenn bei einem Tor der Schütze seine Hand im Spiel hatte, und sei es auch nur versehentlich. Im umgekehrten Fall, also bei einer Torverhinderung durch ein unabsichtliches Handspiel, gelten dagegen dieselben Massstäbe wie überall sonst auf dem Platz.

Was die Handspiele von Mavropanos und Hack unterscheidet

Und wer durch ein strafbares Handspiel verhindert, dass der Ball aufs gegnerische Tor kommt, wird ebenfalls verwarnt. Denn regeltechnisch liegt in diesem Fall die Unterbindung eines aussichtsreichen Angriffs vor, und dafür verlangt das Regelwerk die Gelbe Karte.
Im Spiel zwischen dem 1. FC Union Berlin und dem VfB Stuttgart (1:1) bekam sie Konstantinos Mavropanos nach 40 Minuten aus genau diesem Grund. Der Stuttgarter Verteidiger hatte bei einem Torschuss von Grischa Prömel den rechten Unterarm waagerecht vom Körper abgespreizt und in die Flugbahn des Balles gehalten.
Aufgrund dieser Vergrösserung der Trefferfläche war das Handspiel strafbar, und weil es im Strafraum geschah, entschied Schiedsrichter Robert Hartmann zusätzlich zur Verwarnung richtigerweise auf Elfmeter für die Hausherren.
In der Begegnung Borussia Dortmund – Arminia Bielefeld (1:0) lagen die Dinge nach 31 Minuten anders. Der Bielefelder Robin Hack beförderte die Kugel bei der Ballannahme im eigenen Strafraum mit seinem rechten Fuss an seine rechte Hand, Schiedsrichter Bastian Dankert entschied ohne jedes

Zögern auf Strafstoss für den BVB.

Wenn ein Spieler den Ball aber zuerst gezielt mit einem anderen Körperteil spielt und ihm die Kugel von dort versehentlich an den Arm oder die Hand springt, ist das Handspiel nach aktueller Regelauslegung nicht strafbar. Denn es geschieht unabsichtlich, und die Trefferfläche wird auch nicht auf unnatürliche Weise vergrössert.
Vielmehr resultiert die Armhaltung in einer solchen Situation aus einem normalen Bewegungsablauf, zudem wäre es reichlich widersinnig, wenn der Spieler sich den Ball bewusst selbst an den Arm schösse und so die Kontrolle über den Ball verlöre.
Video-Assistent Pascal Müller handelte jedenfalls richtig: Er riet Bastian Dankert zum On-Field-Review, und der Referee brauchte am Monitor auch nicht lange, um zu dem Schluss zu kommen, dass der Strafstosspfiff die falsche Entscheidung war. Deshalb korrigierte er sich und setzte die Partie mit einem Schiedsrichterball fort.

Stegemann im rheinischen Duell mit Ruhe und Umsichtigkeit

Das Spiel der beiden rheinischen Rivalen Bayer 04 Leverkusen und 1. FC Köln (0:1) wurde unterdessen erstmals von einem Unparteiischen geleitet, der genauso dem Fussballverband Mittelrhein angehört wie die beiden Klubs: Sascha Stegemann, der in Niederkassel bei Bonn lebt, hatte diesmal eine kurze Anreise.
Er hatte eine intensive, enge und phasenweise emotionale Partie zu pfeifen, fand aber schnell zu einer dem Spielcharakter angemessenen Linie bei der Zweikampfbewertung und schaffte es immer wieder, mit seiner sachlichen Art die Gemüter zu beruhigen.
Auch in den besonders kniffligen Situationen entschied er korrekt. So war es zum Beispiel richtig, das heftige Einsteigen von Exequiel Palacios gegen Jonas Hector kurz vor der Pause lediglich mit einer Verwarnung zu quittieren.
Denn der Leverkusener hatte zwar mit den Stollen die Achillessehne seines Gegenspielers getroffen, aber es war nur ein kurzer Streiftreffer und kein Vollkontakt mit der offenen Sohle. Deshalb genügte hier die Gelbe Karte.
Auch das Foulspiel von Ellyes Skhiri gegen den Leverkusener Amine Adli sieben Minuten nach der Pause kurz vor dem Kölner Strafraum ahndete Stegemann angemessen mit Gelb. Eine klare Torchance und damit eine „Notbremse“ war hier nicht gegeben, weil Timo Hübers mitgelaufen war und Adli noch am Torabschluss hätte hindern können.

Thuram stellt Kempf und den Referee vor Probleme

Die Schiedsrichter haben an diesem Spieltag viel Augenmass bewiesen, auch wenn sie hier und da die Unterstützung durch ihre Video-Assistenten benötigten, die jeweils zur Stelle waren, wenn sie gebraucht wurden.
So wie Tobias Welz in der Begegnung zwischen Borussia Mönchengladbach und Hertha BSC (2:0), als er Schiedsrichter Florian Badstübner nach 23 Minuten ein On-Field-Review empfahl, als Marc-Oliver Kempf den Gladbacher Marcus Thuram im Strafraum zu Fall gebracht und eben nicht, wie von Badstübner zunächst angezeigt, den Ball gespielt hatte. Mit Recht gab es schliesslich doch noch einen Strafstoss.
Auch dass kurz vor der Pause kein weiterer Eingriff des VAR erfolgte, als sich das gleiche Duell noch einmal im Strafraum der Hertha zutrug und der Unparteiische erneut weiterspielen liess, ging in Ordnung.
Denn diesmal hatte Kempf an Thuram vorbeigegrätscht, und der Gladbacher war anschliessend eher über den Körper seines Kontrahenten und den Ball gestolpert, als klar gefoult worden zu sein.

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Deshalb verzichtete Welz auf eine erneute Intervention und lag damit richtig. Genauso wie die Schiedsrichter und ihre Unterstützer an den Seitenlinien und im Kölner Video-Assist-Center an diesem Wochenende in den weitaus meisten Situationen.

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