Der 1. FC Köln, der VfB Stuttgart und Bayer 04 Leverkusen treffen jeweils nach einem Handspiel. Das Stuttgarter Tor ist trotzdem gültig, anders als das Kölner und das Leverkusener. Die Schiedsrichter liegen mit ihrem Urteil in allen Fällen richtig.

Alex Feuerherdt, Schiedsrichter
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht des Autors dar. Hier finden Sie Informationen dazu, wie wir mit Meinungen in Texten umgehen.

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Nicht nur Karnevalsfreunde wissen: Wenn im Kölner Stadion das Trömmelchen geht, alle parat stehen und ein gemeinsames "Alaaf" anstimmen, dann hat der 1. FC Köln soeben ein Tor erzielt.

In der Partie gegen den VfL Bochum (2:1) tat er das schon nach einer Viertelstunde. Die gewohnte Tormusik sorgte bei den Fans der Rheinländer jedoch nur kurz für närrische Stimmung.

Denn der Video-Assistent gab die Partybremse: Er informierte Schiedsrichter Benjamin Cortus, dass der Torschütze Dejan Ljubicic den Ball kurz vor dem Treffer mit der Hand berührt hatte. Daraufhin verweigerte der Unparteiische dem Tor die Anerkennung.

Es war unstrittig, dass er damit richtig handelte. Denn in den Regeln heisst es unmissverständlich: Wenn ein Spieler mit der Hand respektive dem Arm ein Tor erzielt oder aber den Ball mit der Hand beziehungsweise dem Arm berührt und unmittelbar danach ins Tor trifft, dann darf dieser Treffer nicht zählen.

Ljubicic: Keine Absicht, trotzdem irregulär

Auch dann nicht, wenn das betreffende Handspiel unabsichtlich geschehen ist oder sogar unvermeidlich war. So wie bei Ljubicic, dem der Ball im Zweikampf mit Bella Kotchap an den normal gehaltenen Unterarm gesprungen war, kurz bevor er die Kugel im Bochumer Tor unterbrachte.

Das Handspiel hatte Referee Cortus nicht wahrgenommen, deshalb intervenierte der VAR. Da es sich um eine Entscheidung ohne Ermessensspielraum handelte, war kein On-Field-Review durch den Schiedsrichter erforderlich.

Denn eine Ballberührung mit dem Arm war zweifelsfrei nachzuweisen, und weil der betreffende Spieler sofort danach ein Tor erzielte, stand die Strafbarkeit des Handspiels automatisch fest. Ohne diesen Zusammenhang wäre das Handspiel nicht ahndungswürdig gewesen.

Was aber ist der Grund für diese Unterscheidung? Die Regelhüter vom International Football Association Board (Ifab) argumentieren, dass es in der Sportart Fussball inakzeptabel ist, wenn bei einer Torerzielung unmittelbar die Hand im Spiel war – und sei es noch so unabsichtlich.

Mavropanos: Finaler Doppelpass ändert alles

Ausschlaggebend ist dabei das Wort "unmittelbar". Und deshalb stellte sich der Sachverhalt in einer auf den ersten Blick ähnlichen Szene im Spiel des VfB Stuttgart gegen den SC Freiburg (2:3) letztlich anders dar.

Kurz vor der Pause erzielte Konstantinos Mavropanos für die Hausherren das Tor zum 1:3, auch ihm war zuvor im Zweikampf der Ball an den Arm gesprungen. Wie bei Ljubicic resultierte seine Armhaltung in diesem Moment aus einem normalen Bewegungsablauf, es lag deshalb keine unnatürliche Vergrösserung der Körperfläche vor.

Auch Mavropanos traf danach ins Tor – im Unterschied zu Ljubicic allerdings nicht sofort nach dem Handspiel, sondern erst nach einem Doppelpass mit seinem Mitspieler Hamadi Al Ghaddioui.

Damit ging der unabsichtliche Ballkontakt mit dem Arm der Torerzielung nicht unmittelbar voraus, und deshalb zählte der Treffer. Hätte Mavropanos dagegen den Ball gleich nach dem Handspiel auf den Freiburger Kasten geschossen und getroffen, dann wäre das Tor ungültig gewesen.

Hier hat das Ifab ganz bewusst eine Grenze gesetzt, damit nicht Treffer aberkannt werden müssen, obwohl ein versehentliches, also normalerweise nicht strafbares Handspiel gar nicht in einem direkten Zusammenhang mit der Torerzielung stand.

Aranguiz: Strafbares Handspiel in der Angriffsphase

Ein unter allen Umständen strafbares Handspiel dagegen, das in der Entstehung eines Tores geschieht, muss natürlich in jedem Fall geahndet werden, wenn nötig mit Unterstützung des Video-Assistenten.

So geschehen in der Begegnung zwischen dem FC Augsburg und Bayer 04 Leverkusen (1:4) kurz vor der Pause: Nachdem die Gäste zum dritten Mal in diesem Spiel getroffen hatten, schaltete sich der VAR ein und riet dem Unparteiischen Benjamin Brand zu einem On-Field-Review.

Denn bei der Balleroberung, mit der die Angriffsphase der Leverkusener vor diesem Tor begann, hatte Charles Aranguiz unbemerkt vom Referee seinen rechten Arm zum Ball geführt und so eindeutig ein ahndungswürdiges Handspiel begangen. Brand verweilte dann auch nur kurz am Monitor, bevor er den Treffer annullierte.

Hier ging es nicht darum, ob das Handspiel unmittelbar vor der Torerzielung passiert ist – das war nicht der Fall. Vielmehr war das Handspiel für sich genommen strafbar, weil es regeltechnisch betrachtet absichtlich geschehen war und am Anfang einer Angriffsphase stattfand, die mit einem Tor beschlossen wurde.

Schiedsrichter: Anspruchsvolle Aufgaben fehlerfrei gelöst

Damit war es genauso zu behandeln wie ein Foulspiel der angreifenden Mannschaft im Vorfeld eines Treffers. Und deshalb griff der Video-Assistent auch völlig zu Recht ein.

Es ist eine anspruchsvolle Aufgabe für die Unparteiischen, diese regeltechnischen Feinheiten und Differenzierungen beim Handspiel in der Praxis auf dem Feld zu erkennen und umzusetzen.

Und dies umso mehr, als es immer noch gewöhnungsbedürftig ist, dass ein völlig unabsichtliches Handspiel, das sonst nicht bestraft wird, unter einer bestimmten Voraussetzung eben doch geahndet werden muss.

Wie sehr es dabei um Details gehen kann, ist an diesem Spieltag besonders deutlich geworden. Dass die Referees in allen Fällen, teilweise im Verbund mit ihren Video-Assistenten, die richtige Entscheidung getroffen haben, verdient deshalb grossen Respekt.

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