Erst nicht gut genug, um Manuel Neuer während seiner Verletzungspause zu vertreten, dann vom "Kicker" zum Torhüter der Saison gewählt. Sven Ulreich kennt Höhen und Tiefen. Wie es jetzt mit dem Zugang von Alexander Nübel von Schalke 04 weitergeht? Unklar.
Mittlerweile wird kaum noch über
Das war damals anders, 2017, nach einem holprigen Start als Neuer-Ersatz im Bayern-Kasten. Nach folgenschweren Patzern stürzte sich die Presse auf Ulreich. Und der ohnehin auf ihm lastende Druck erhöhte sich. Laut wurde die Frage gestellt, ob der ehemalige Stuttgarter den Erwartungen nicht gewachsen sein könnte. Ulreich entschied, mentale Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Sven Ulreich hilft mentales Training bei der Trendwende
Er begann mit Thomas Baschab zu arbeiten. Der Mentalcoach betreut seit vielen Jahren verschiedene Bundesligisten.
Baschab erinnert sich an ihr erstes Treffen: "Nach dem ersten Spiel in der Bundesliga gegen Wolfsburg suchte er mich auf. In dem Spiel bekam er einen haltbaren Schuss aus 35 Metern, der letztendlich im Tor landete. Dann fängst du natürlich schon mal an nachzudenken und was dann kommt, ist ganz klar: Die Presse schreibt schlecht über ihn und schon beginnt der Druck zu wachsen."
Auch im nächsten Spiel gegen Paris in der Champions League läuft es nicht viel besser: "Sven kassierte drei Tore. Der eine war unhaltbar. Den anderen hätte er halten können und vom dritten hat man gesagt: 'Hätte er halten müssen'. Das reduziert den Druck natürlich auch nicht."
Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus attestierte Ulreich fehlende Klasse. Vier Monate später schlug er den Keeper für die deutsche Nationalmannschaft vor.
Völlig zurecht. Ulreich war im Tor der Münchner angekommen und bestach durch zahlreiche Paraden, in teils auch knappen Spielen. Die ehemalige Nummer 1 des VfB Stuttgarts bestritt in der Saison 2017/18 47 Spiele und gehörte plötzlich zu den Erfolgsgaranten und Führungsspielern beim FC Bayern. Eine gewonnene Meisterschaft und die Auszeichnung zum "Bundesliga-Torhüter der Saison" waren das Ergebnis.
Neuer Klub, neues Glück?
Drei Jahre nach seinem vorübergehenden Durchbruch im Tor der Münchner muss Ulreich sich neu orientieren. Mit der Verpflichtung
Aufgrund seiner nach wie vor vorhandenen Qualität wäre er wohl bei vielen Klubs Stammtorhüter. Anfang des Jahres äusserte sich der 31-Jährige zu seiner Zukunftsplanung: "Wenn sich für mich die Möglichkeit ergibt, woanders regelmässig zu spielen oder zumindest regelmässiger als hier, dann würde ich wechseln und diesen Schritt machen wollen. Da habe ich auch Lust drauf. Ich bin auch für alles offen und kann mir auch den Schritt ins Ausland vorstellen."
Jedoch fügte er in dem Interview mit Sport1 auch an: "Ich habe beim FC Bayern ab Sommer noch ein Jahr Vertrag und auch in diesem Verein gilt das Leistungsprinzip. Wenn ich bleibe, werde ich alles dafür tun, um hinter Manuel die Nummer zwei zu bleiben. Ich kann versprechen, dass ich mich voll reinhängen werde, sollte ich beim FC Bayern bleiben. Ich scheue keinen Konkurrenzkampf."
Nübel in ähnlicher Situation wie damals Ulreich
Für den potenziellen Konkurrenten, den 23-jährigen Nübel, war es keine einfache Saison. Erst stark in die Spielzeit gestartet, wurden seine Leistungen durch die Gerüchte rund um seine Person beeinflusst.
Nach Patzern an den vorangegangenen Spieltagen kam es für Nübel Ende Februar im Spiel gegen den 1. FC Köln knüppeldick. Bei der 0:3-Niederlage seiner Mannschaft war er zwar bei den ersten beiden Treffern chancenlos, in der 75. Minute aber gab der Kölner Florian Kainz einen harmlosen Schuss auf sein Gehäuse ab.
Den Ball schon in seinen Armen schaffte es der Torwart dennoch, den Ball durch seine eigenen Beine hindurch ins Tor rutschen zu lassen. Nach dem Schlusspfiff sah man einen angeschlagenen Nübel, mit Tränen in den Augen, den Platz verlassen.
U21-Keeper auf Schalke mit einer schwierigen Saison
Vom Hoffnungsträger zum Buhmann, den die eigenen Fans zum Weinen brachten. Die darauffolgende Degradierung hinter Schalkes neuer Nummer 1 Markus Schubert. Offenbar zu viel für den jungen Keeper. Doch auch und besonders beim FC Bayern wird Nübel mit diesem Druck zurechtkommen müssen.
Nübel steckt also schon vor dem Start bei den Bayern in einer ähnlichen Situation wie Ulreich im Jahr 2017. Aber Ulreich hat auch gezeigt, wie man sich aus so einer Situation befreien kann. Neben aller körperlichen Leistung ist Fussball eben auch oft: Kopfsache.
Verwendete Quellen:
- Interview mit Mentalcoach Thomas Baschab
- Sport1 Interview mit Sven Ulreich
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