Der VfB Stuttgart hat den direkten Aufstieg in die Bundesliga geschafft, dank des charismatischen Trainers Hannes Wolf und ein paar richtiger Entscheidungen. Jedoch: Einfach wird die kommende Saison nicht. Denn der Ausflug in die 2. Liga hat Spuren hinterlassen, emotional und finanziell.
Jetzt ist er also wieder da, der Verein für Bewegungsspiele. "Nur zu Gast" war ein geflügeltes Wort im vergangenen Frühherbst, als der VfB Stuttgart in seine erste Saison seit 40 Jahren in der zweiten Liga startete.
Der Abstieg im Mai, das Chaos, der Sinkflug ins Nirgendwo, waren da gerade einmal ein paar Wochen her.
Nach Jahren der Miss- und Vetterleswirtschaft hatten es die Schwaben in der vorletzten Saison eben nicht wie in den Jahren zuvor gerade noch so gepackt, mit Herzschlagfinale und späten Toren.
Es flossen Tränen und auf die Tränen folgte der grosse Exodus. Neben einer kompletten Mannschaft mussten auch der Trainer, das Trainerteam, der Sportdirektor und der Präsident gehen.
Für ein paar Wochen schipperte der grosse VfB führungslos durch die Gegend.
Robin Dutt und Bernd Wahler galten als die Totengräber des Klubs und hatten im nicht bundesligatauglichen Jürgen Kramny als Trainer einen soliden Erfüllungsgehilfen gefunden.
Das Trio, gemeinsam mit der Mannschaft, setzte den Niedergang der letzten Jahre in den logischen Abstieg um. Früher oder später wird zu viel Inkompetenz eben bestraft. Es sei denn, es handelt sich um den Hamburger SV.
Wolf als Gegenentwurf zu Luhukay
In Stuttgart gab es nicht mehr viel. Dann wurde ein neuer Trainer gefunden, einer mit eingebauter Aufstiegsgarantie und wenig später ein Sportdirektor. Ein paar neue Spieler kamen dazu und alles sollte auf einmal besser werden.
Doch dann erkannte der Aufsichtsrat, der alle Entscheidungen durchgewunken hatte, dass das nicht funktionieren kann mit Jos Luhukay und Jan Schindelmeiser.
Immerhin, und das war eine der wenigen vernünftigen Entscheidungen des Gremiums, wurde in Luhukay der richtige Protagonist gleich wieder entlassen.
Schindelmeiser holte davor noch auf den letzten Drücker drei wichtige Spieler und zeigte mit seiner härtesten Entscheidung, dass er ein Gespür für die Lage beim VfB, Mut und Entschlossenheit hat.
Mit Hannes Wolf legte der VfB den dringend notwendigen sofortigen Wiederaufstieg in die Hände eines Novizen.
Wolfs Referenzen beschränkten sich auf eine hervorragende Arbeit bei der Jugend von Borussia Dortmund und dass Jürgen Klopp und Thomas Tuchel eine ganze Menge vom damals 35-Jährigen hielten.
Als Trainer aber war Wolf der exakte Gegenentwurf zu Luhukay - jung, modern, eloquent, unerfahren.
Es brauchte ein paar Wochen, ehe die Mannschaft die Luhukay-Lethargie ablegen konnte und sich so etwas wie eine Kernmannschaft herauskristallisierte.
Der VfB leistete sich auch weiterhin üble Aussetzer, ein 0:5 bei Aufsteiger Dresden, ein 0:3 bei Aufsteiger Würzburg.
Aber Wolf fand immer besser die Balance zwischen Offensive und Defensive, und er nutzte die Winterpause, um mit seiner Idee des Spiels bis zur Mannschaft vorzudringen.
Fortan spielte die Mannschaft wie ein Topfavorit, nicht immer berauschend, aber erfolgreich.
Wolf brachte die Qualität des Kaders endlich besser zur Geltung, hatte aber immer wieder mit dieser sehr eigenen Grundzufriedenheit zu schaffen, die sich im Stuttgarter Umfeld bei einem Anflug von Erfolg sofort ausbreitet.
Die Trennung von Kevin Grosskreutz war ein Einschnitt, den die Mannschaft aber recht gut verkraftete. Ebenso wie eine Serie von fünf Spielen am Stück ohne Sieg.
Wolf mahnt die Mentalität seiner Spieler an, er hat ein gutes Gespür für die Bedürfnisse seiner Angestellten, ohne aber zu kumpelhaft zu werden.
Der VfB ist knapp bei Kasse
Vor zehn Jahren wurde der VfB letztmals deutscher Meister. Damals trainierte Wolf noch in der Bezirksliga als Spielertrainer des ASC Dortmund. Am Sonntag hat er den VfB Stuttgart zurück in die Bundesliga geführt, gefeiert von rund 200.000 Fans in der Stadt.
Nicht ganz so viele wie bei der Meisterschaft damals, aber als Zweitligist doch eine stattliche Gemeinde.
Der VfB Stuttgart war tatsächlich #nurzugast, wie es der Hashtag auf Twitter ankündigte. Er kehrt zurück nach einem Betriebsunfall, aber trotzdem ist noch lange nicht alles gut.
Der Abstieg hat nicht nur emotional, sondern auch monetär Spuren hinterlassen.
Klubs, mit denen sich der VfB vor gar nicht all zu langer Zeit noch auf Augenhöhe befand, sind ausser Reichweite.
Andere drängeln von hinten nach, oder sind bereits vorbeigezogen. Oder haben dank finanzkräftiger Sponsoren und Mäzene einen Vorsprung.
In wenigen Tagen soll auf einer ausserordentlichen Mitgliederversammlung die Ausgliederung durchgedrückt werden. Die Klubspitze um den neuen Präsidenten Wolfgang Dietrich rührt dafür die Werbetrommel.
Auf der einen Seite benötigt der VfB frisches Geld, sonst wird selbst der Klassenerhalt in der kommenden Saison gleich wieder ein Problem.
Auf der anderen Seite sind nicht nur die Traditionalisten gelinde gesagt irritiert, dass sich der VfB zum Beispiel nur mit der Daimler AG als Investor beschäftigt hat - und andere potenzielle Geldgeber erst gar nicht gehört wurden, um etwa den Preis für die Anteile in die Höhe zu treiben.
Der VfB Stuttgart hat ein wichtiges Etappenziel geschafft und sich sportlich wieder für einen Platz unter den besten 18 Mannschaften des Landes qualifiziert.
Drumherum gibt es aber noch eine ganze Menge zu tun.
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