In der Bundesliga werden achtstellige Ablösesummen langsam zur Regel - selbst für Spieler, die (noch) nicht zur Top-Riege gehören. Die TV-Einnahmen spülen immer mehr Geld in die Vereine. Droht die Blase bald zu platzen?
Der Transfermarkt ist erst seit kurzer Zeit geöffnet, und schon fliessen bei den Bundesliga-Klubs die grossen Gelder.
Der FC Bayern München hat für Mittelfeldspieler Corentin Tolisso 41,5 Millionen Euro Ablöse bezahlt. Er ist der teuerste Einkauf der Bundesliga-Geschichte.
Weitere 21 Millionen wurden für die Verpflichtung des zuvor ausgeliehenen
Doch nicht nur der Rekordmeister befindet sich auf "Shopping-Tour". Borussia Dortmund zahlte 20 Millionen für den U21-Nationalspieler
Die Bundesligisten haben in diesem Sommer bereits 14 Spieler für eine jeweils zweistellige Millionensumme verpflichtet. Viele weitere dürften hinzukommen. Schliesslich ist das Transferfenster noch knapp zwei Monate geöffnet.
Auch Köln und Gladbach greifen tief in die Tasche
Die Zeiten, in denen lediglich die absoluten Top-Vereine hohe Transfersummen zahlen konnten, sind vorbei.
Der 1. FC Köln hat für die beiden Neuzugänge Jhon Cordoba und Jannes Horn zusammen 24 Millionen Euro bezahlt.
Die Gladbacher Borussia hat bislang mehr als 35 Millionen ausgegeben, obwohl sie sich nicht für die Europa League qualifizieren konnten.
Ein Grund dafür sind die steigenden TV-Einnahmen. Der Fan muss immer tiefer in die Tasche greifen, um alle Bundesligaspiele live zu verfolgen.
Kommende Saison sind dafür erstmals zwei TV-Abos (Sky & Eurosport) notwendig. Das spült viel Geld in die Kassen der Profivereine.
Neuer Fernsehvertrag beschert weitere Einnahmen
Ab der kommenden Saison greift der für vier Jahre gültige Fernsehvertrag. Pro Saison sind durchschnittlich 1,16 Milliarden Euro zu verteilen. Zum Vergleich: Bisher waren es "nur" 680 Millionen.
Wohin die Entwicklung führen könnte, zeigt ein Blick insAusland. In Paul Pogba (Manchester United) und Gareth Bale (Real Madrid) gibt es bereits zwei Spieler, die mehr als 100 Millionen Euro Ablöse gekostet haben.
Mit dem erst 18 Jahre alten Mega-Talent Kylian Mbappé dürfte bald ein weiterer hinzukommen.
Manchester Uniteds Trainer José Mourinho erwartet weiter steigende Transfersummen. "Bald werden Spieler, die nur halb so gut sind wie Paul Pogba, das gleiche oder mehr kosten", sagte er im Interview mit der "Daily Mail". "Früher bekam man für weitaus weniger Geld phänomenale Spieler. Heute bekommt man für 30 Millionen nur noch Perspektivspieler."
Die Vereine in der englischen Premier League kassieren innerhalb von drei Jahren 9,5 Milliarden Euro an TV-Geldern. Das trieb die Preisschraube nach oben.
Vergangene Saison haben 14 der 20 Erstligisten mehr als 50 Millionen Euro für Neuzugänge bezahlt, fünf Vereine mehr als 100 Millionen.
Spitzenreiter war Manchester City mit Ausgaben von 213 Millionen.
Wann platzt die Blase?
Das hat sich auch auf den deutschen Markt ausgewirkt. Wenn ein Kevin De Bruyne für 74 Millionen und ein Leroy Sané für 50 Millionen nach England verkauft werden, können auch die deutschen Vereine auf dem Transfermarkt mehr zahlen.
Längst wird darüber diskutiert, wie lange das noch gut geht. "Irgendwann wird die Blase platzen", glaubt HSV-Sportchef Jens Todt.
Auch DFB-Teammanager Oliver Bierhoff äusserte gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" seine Bedenken: "Wie weit kann man noch wachsen? Ist es gut, dass so viel Kapital am Markt ist? Ich mache mir ein bisschen Sorgen um den Fussball."
Könnte es wirklich passieren, dass sich die Menschen vom Fussball abwenden, die Rechteinhaber insolvent gehen und die Vereine auf ihren hohen Personalkosten sitzen bleiben?
Ex-Nationalspieler Thomas Berthold bleibt positiv gestimmt. "Dass der Markt überhitzt, befürchte ich nicht. Live-Inhalte sind gefragt wie nie", schreibt er im "Kicker". "Und dann tauchen auch immer wieder neue Märkte auf, wie jetzt China. Sport gehört zur Unterhaltungsindustrie und wächst und wächst. Da ist das Ende der Fahnenstange noch längst nicht erreicht."
Bei Top-Teams werden die Kassen klingeln
Zumindest kurzfristig werden die Einnahmen weiter steigen. Ab 2018 greift der neue Fernsehvertrag für die Champions League.
Rechteinhaber Sky und DAZN machten über den Kaufpreis zwar keine Angaben. Doch sicher ist, dass bei Spitzenvereinen wie beispielsweise dem FC Bayern München ordentlich die Kassen klingeln.
Ist es also nur eine Frage der Zeit, bis auch der deutsche Rekordmeister dreistellige Millionenbeträge für neue Spieler zahlt? Präsident Uli Hoeness möchte den Wahnsinn (noch) nicht mitmachen. "Wir werden niemals 100 Millionen Euro für Marco Verratti zahlen, ebenso wenig 25 Millionen Euro für ein Jahresgehalt von Alexis Sanchez", sagte er bei "Fox Sports".
Die Frage bleibt, wie lange Hoeness noch so denkt. Denn daran, dass manchmal selbst für Durchschnittsspieler horrende Ablösesummen gezahlt werden, war vor ein paar Jahren ebenfalls nicht zu denken.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.