Dieses eine Problem haben alle Mannschaften der Bundesliga gemeinsam: Die Protestwelle gegen einen geplanten Investoreneinstieg in den deutschen Bundesligen raubt dem einen oder anderen Spieler zusehends den Nerv. Und eine Lösung in dieser völlig verfahrenen Angelegenheit ist zumindest kurzfristig kaum in Sicht.
Insgesamt 17 Minuten lang war Borussia Dortmunds Spiel beim VfL Wolfsburg unterbrochen, aufgeteilt in drei Akte. In anderen Stadien mussten sich die Spieler sogar noch länger gedulden, beim Spiel im Nürnberger Frankenstadion drangen einige Fans sogar in den Innenraum ein.
Und so langsam reagieren immer mehr Spieler sichtlich gereizt auf die ständigen Spielunterbrechungen. „Es ist als Spieler total schwer, weil man immer wieder diese Unterbrechungen hat. Es muss so schnell wie möglich eine Lösung gefunden werden, denn so kann es nicht weitergehen“, sagte Niclas Füllkrug nach dem Spiel am Samstag in Wolfsburg.
„Welche Lösungen es gibt, dazu möchte ich mich nicht äussern. Aber es muss in der nächsten Woche eine Lösung gefunden werden und nicht erst später.“
Die Sache mit dem Rhythmus
Die DFL ist für die Fans ein grosses Ärgernis, die Aktionen der Fans wiederum werden immer mehr zum Ärgernis für die Spieler. Die stehen bei niedrigen Temperaturen auf dem Platz, können sich zum Teil nur bedingt warmhalten und verlieren den viel zitierten Rhythmus - so sie denn vor der Unterbrechung einen Rhythmus hatten.
Und genau hier setzen die ganz speziellen Dortmunder Probleme an. Für eine Mannschaft, die sich ohnehin und immer noch schwertut, eine Partie über 90 Minuten auf einem konstant hohen Niveau zu absolvieren, die immer noch zu wenige spielerische Lösungen findet und besonders im Übergangs- und Angriffsdrittel keine gefestigten Abläufe hat, ist jede Unterbrechung tatsächlich so etwas wie ein Neustart ins Ungewisse.
Etliche Mannschaften leiden aktuell unter diesem Umstand, selbst der hoch gehandelte VfB Stuttgart am Wochenende in Darmstadt. Oder die Bayern, die bis zur ersten Unterbrechung in Bochum die Partie komplett diktierten und mit zwei oder drei Toren statt „nur“ mit 1:0 hätten führen müssen - um danach völlig den Faden und letztlich auch das Spiel zu verlieren.
Nur Bayer Leverkusen ist offenbar gefeit vor den langen Pausen. Wohl nicht zufällig also jede Mannschaft der Liga, die den besten Spielplan in der Tasche hat und das grösste Selbstverständnis mitbringt.
Kehl: „Wir haben arrogant gespielt“
In Wolfsburg verschenkte die Borussia zwei wichtige Punkte im Kampf um einen (sicheren) Champions-League-Platz mit einer seltsamen Mischung aus Selbstüberschätzung und fehlendem Können.
„Wir haben kein gutes Spiel gemacht heute. Wir haben nicht so gut gespielt, dass wir es verdient gehabt hätten, zu gewinnen. Was man der Mannschaft vorwerfen muss, ist, dass wir in manchen Phasen das Spiel nicht weiter kontrolliert haben. Dass wir arrogant gespielt haben und teilweise nicht konsequent genug waren in Zweikämpfen und Passfolgen“, meckerte Sportchef Sebastian Kehl nach dem Spiel. Eine erstaunlich klar vorgetragene öffentliche Kritik, die Kehl noch präzisierte: „Mir war an der einen oder anderen Stelle zu viel Hacke dabei, Spitze dabei. Wir waren teilweise nicht konsequent im Zweikampf, haben fahrlässig Bälle verloren.“
Das wiederum verwundert bei einer Mannschaft, die doch ohnehin immer noch auf der Suche nach sich selbst ist und sich schon deshalb auf ihre Basics verlassen sollte. Auf Konzentration, Seriosität, klare Aktionen im tiefen Spielaufbau und das Vertrauen in die wenigen klaren Pass- und Angriffsmuster.
Wenig von dem war aber phasenweise zu sehen, weshalb das Spiel gegen einen schwer angeschlagenen Gegner trotz eigener Führung immer noch ein Stück offener wurde. Und in dem der BVB auch trotz fast zwei Dritteln Ballbesitz kaum noch gefährlich vor das gegnerische Tor kam.
Angriffspressing legt alte BVB-Probleme offen
Zwei simple taktische Anpassungen von Wolfsburgs Trainer Niko Kovac legten das Dortmunder Offensivspiel fast komplett lahm, mit der Umstellung der Grundordnung und dem etwas angepassten Anlaufverhalten kam der BVB nur schwer zurecht. Über den Dreier-Aufbau mit dem eingerückten Ian Maatsen und den hochstehenden Aussenspielern waren fortan nur noch vereinzelt so etwas wie konzipierte Spielzüge zu erkennen.
In den ersten Spielen des neuen Kalenderjahres gegen allerdings auch schwache oder formschwache Gegner funktionierte der etwas modifizierte Ablauf im tiefen Aufbau noch ganz gut und fand der BVB dann auch mit der nötigen Dynamik ins letzte Drittel.
Gelingt es einem Gegner wie nun Wolfsburg, mit viel Laufbereitschaft und Biss in ein aggressives Angriffspressing umzuschalten, hat der BVB auch weiterhin die hinlänglich bekannten Probleme. Und dann eben nur die angedeutete Scheinkontrolle über ein Spiel. Denn obwohl der BVB deutlich öfter den Ball hatte - den Spielrhythmus diktierte Wolfsburg. Und die besseren Torchancen hatte lange genug auch der Gastgeber.
„Wir haben es nicht geschafft, eine recht ordentliche Startphase so zu gestalten, dass wir noch mehr Torchancen herausspielen, dass wir noch klarer bleiben. Das sind die Dinge, die uns dann heute nicht gefallen haben: Dass wir es aus über 60 Prozent Ballbesitz nicht geschafft haben, im letzten Drittel noch mal gefährlich zu werden“, monierte Trainer Edin Terzic bei „Sky“. Und dürfte sich dabei auch selbst in die Verantwortung genommen haben.
Die nächsten Spiele - dann gegen sukzessive stärker einzuschätzende Gegner - werden zeigen, ob der BVB mehr entwickeln kann als „nur“ einen Plan A. Noch mehr Variabilität wird jedenfalls definitiv nötig sein, um das Minimalziel Platz vier auch zu erreichen.
Verwendete Quellen
- https://www.sueddeutsche.de/sport/bvb-wolfsburg-tennisbaelle-can-fuellkrug-kritik-1.6372637?reduced=true
- https://sport.sky.de/fussball/artikel/kritische-worte-von-dortmunds-sportdirektor-nach-wolfsburg-remis/13074360/34090
- https://sport.sky.de/fussball/artikel/bvb-trainer-terzic-ueber-verpassten-sieg-in-wolfsburg/13074278/34828
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