Der FC Bayern München trifft im Viertelfinale der Champions League auf den FC Porto. Ein gutes Los für die Münchner. Trotzdem hat aber auch der krasse Aussenseiter gefährliche Ecken und Kanten.

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Man darf wohl ohne überheblich zu sein behaupten, dass der FC Bayern München bei der Auslosung des Champions-League-Viertelfinals vom Losglück begünstigt wurde. Zwei Madrider Mannschaften waren im Topf, der grosse FC Barcelona, die Emporkömmlinge aus Paris oder das erstarkte Juventus Turin. Erwischt haben die Münchner den FC Porto.

Ein Leichtgewicht auf europäischer Bühne, nach dem lockeren Achtelfinale gegen das ebenfalls nicht hoch eingeschätzte Schachtjor Donezk bereits der zweite leichtere Gegner auf dem Weg ins CL-Finale in Berlin. "Es hätte schlimmer kommen können", gab Thomas Müller zu. "Wir sind mit der Auslosung zufrieden."

Ganz so einfach ist es dann doch nicht - und das liegt nicht nur an der ganz besonderen Münchner Historie mit dem FC Porto. Das verlorene Finale im Pokal der Landesmeister, die Hacke von Rabah Madjer, der Todesstoss von Juary Filho. Ein Trauma für den stolzen FCB, das jahrelang Bestand hatte und statistisch noch bis heute wirkt: Von 22 Europapokalspielen gegen portugiesische Klubs haben die Bayern ein einziges verloren, das Endspiel von Wien.

28 Jahre später ist der FC Porto wie damals krasser Aussenseiter. Aber was macht den FC Porto aktuell aus, wie haben es die Portugiesen erneut unter die besten acht Mannschaften Europas geschafft?

Portos Stärken

Was im Zirkel der "Grosskopferten" Europas wie ein Malus erscheint, ist das ganz grosse Plus. Die Mannschaft ist homogen besetzt, einen echten Star gibt es nicht. Porto funktioniert über ein eingespieltes Kollektiv, das Team ist nur schwer auszurechnen und nicht in eine der üblichen Schubladen zu stecken. Porto kann defensiv ebenso hartnäckig verteidigen, wie es in der Offensive ein Feuerwerk abbrennen kann. Die Offensiv-Standards sind eine echte Waffe. Das Team spielt in einem klassischen 4-2-3-1, in Einzelfällen auch nur mit einem Sechser vor der Abwehr. Das erleichtert die Umschaltbewegung in beide Richtungen, fünf Siege und drei Remis in dieser Champions-League-Saison sind das Ergebnis. Es ist unheimlich schwer, ein Tor gegen Porto zu erzielen. In der Champions League waren es erst fünf, in der Liga nach 25 Spielen erst zehn Gegentore. Keine andere Mannschaft in den europäischen Topligen kann eine bessere Quote vorweisen.

Portos Schwächen

Auf diesem Niveau und gegen eine Mannschaft wie die Bayern dürfte es alleine mit mannschaftlicher Geschlossenheit eng werden. Porto fehlen die echten Individualisten, die eine Partie aus diesem Level mit einer oder mehreren Einzelaktionen entscheiden können. Spieler wie der heftig umworbene Danilo, Yacine Brahimi oder Casemiro sind grosse Talente, auf diesem Niveau aber unerprobt, überhaupt ist das Team relativ unerfahren. Für fast alle Feldspieler ist es das erste Viertelfinale in der Königsklasse. Lediglich Cristian Tello hat schon ein wenig "Erfahrung" damit: Beim FC Barcelona war Tello als Bankdrücker einige Male schon dabei. Ein weiterer Knackpunkt ist das Torhüterspiel von Fabiano Freitas. Der hat zwar Urgestein Helton verdrängt, gehört aber auf internationaler Bühne nicht zu den besten seiner Zunft.

Portos Formkurve

In der Liga trottet Porto dem eigenen Anspruch hinterher. Vier Punkte beträgt der Rückstand auf Dauerrivale Benfica, die Meisterschaft scheint in weiter Ferne. Auf der anderen Seite kommt Porto in diesem Jahr immer besser in Fahrt. Seit Anfang Februar hat Porto acht Siege aus neun Spielen eingefahren, lediglich das 1:1 beim FC Basel tanzt aus der Reihe. Die Mannschaft hat eine Zeit lang benötigt, um sich auf den neuen Trainer Julen Lopetegui einzulassen. Mittlerweile sitzt Lopeteguis Philosophie aber, die Mannschaft scheint von Spiel zu Spiel sicherer zu werden.

Der Trainer

Julen Lopetegui ist im Kreis der ganz Grossen ein unbeschriebenes Blatt. Als Spieler stand der ehemalige Torhüter unter anderem bei Real und Barca unter Vertrag. Gespielt hat er bei beiden Klubs kaum. Bei CD Logrones war er Stammkeeper und schaffte es Mitte der 90er Jahre auch in Spaniens U21 und für eine Partie auch in die A-Nationalmannschaft. Als Trainer legte Lopetegui beim spanischen Verband eine Bilderbuchkarriere hin, kam von der U19 über die U20 bis hoch zur U21. Mit der Mannschaft holte er 2013 den EM-Titel. Gleiches war ihm ein Jahr zuvor schon mit der U19 gelungen. Der FC Porto ist seine erste grosse Station als Vereinstrainer.

Der "Player to watch"

Es gehört zum Schicksal des FC Porto, dass er seine besten Spieler in regelmässigen Abständen zu grösseren Klubs ziehen lassen muss. Ganze Heerscharen von späteren Superstars wurden in Porto aus- und weitergebildet: Deco, Joao Moutinho, Hulk, James Rodriguez oder Radamel Falcao. Der nächste in dieser Reihe wird Jackson Martinez sein. Der Kolumbianer steht bei etlichen Topklubs Europas auf der Liste, letzten Sommer soll auch Borussia Dortmund über den 28-Jährigen als Lewandowski-Nachfolger nachgedacht haben. Martinez ist ein bulliger Angreifer und trotzdem gewandt. 83 Tore in 108 Pflichtspielen für Porto sind eine beeindruckende Quote. Martinez ist noch ein kleines Sternchen - schon bald könnte er aber der nächste grosse Star werden.

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