- Die Gruppenphase der Champions League ist vorbei und die Frauen des FC Bayern München und des VfL Wolfsburg stehen im Viertelfinale.
- Dort könnten die Münchnerinnen zum Überraschungsteam avancieren und den einen oder anderen grossen Klub ärgern.
- Für den VfL Wolfsburg geht die Saison im kommenden Jahr hingegen erst richtig los. Das grosse Ziel der Wölfinnen ist der Titel in der Königinnenklasse.
Die Gruppenphase der Champions League ist vorbei und alle Favoritinnen sind in die nächste Runde eingezogen. Vor allem aus deutscher Perspektive tun sich aber dennoch einige Chancen auf. Der FC Bayern München und auch der VfL Wolfsburg wussten zu überzeugen und nehmen ihr Selbstvertrauen mit in die K.-o.-Phase. Ein Zwischenfazit.
Eintracht Frankfurt: Die Enttäuschung sitzt tief
Zwei Minuten Nachspielzeit, zwei Minuten, die für Eintracht Frankfurt bitterer kaum hätten laufen können. Nach einer Ecke versuchte die SGE den Ball zu klären und sich im entscheidenden Qualifikationsspiel gegen Ajax zumindest in die Verlängerung zu retten. Stattdessen setzte die eingewechselte Eshly Bakker zum Fallrückzieher an – und beförderte Ajax per Traumtor in die nächste Runde. Dort scheiterten die Niederländerinnen knapp am FC Arsenal.
Es hätte der grosse Auftritt der Eintracht sein können. Erstmals seit der Übernahme des FFC Frankfurt qualifizierten sie sich für diesen Wettbewerb, und dann war nach zwei Spielen schon wieder Schluss. Noch bevor es überhaupt so richtig losging.
Frankfurts Anspruch muss es sein, die Gruppenphase regelmässig zu erreichen. Die Qualität im Kader hätten sie bereits in dieser Saison gehabt. In der Liga lief es anschliessend besser. Dort überwintern sie komfortabel auf dem dritten Tabellenplatz. Doch leistungstechnisch schwankten sie auch im weiteren Saisonverlauf zwischen guten Auftritten und behäbigem Fussball.
Dieses bittere Ausscheiden hat einen kleinen Schatten auf diese Saison gelegt. Während die Bayern und Wolfsburg tolle Highlights erlebt haben, sassen die Frankfurterinnen daheim auf der Couch.
FC Bayern München: Zwischen Highlights und Zitterpartien
So richtig dabei war der FC Bayern München. Nachdem sich die Frauen in zwei schweren Duellen mit Real Sociedad für die nächste Runde qualifizierten, wartete dort eine schwere Gruppe. Die Münchnerinnen mussten sich gegen den FC Barcelona, Benfica und den FC Rosengard behaupten und schafften das mit Blick auf die Punkte sehr souverän. Fünf Siege und eine Niederlage bedeuten, dass die Bayern punktgleich mit Barça ins Viertelfinale einziehen. Darauf hätten vorher nur wenige Expertinnen und Experten gesetzt.
Doch ganz so locker verlief die Gruppenphase für das Team von Alexander Straus nicht. Schon im ersten Spiel wurden sie vom FC Rosengard an ihre Grenzen gebracht, lagen sogar 0:1 zurück. Am Ende gewannen sie knapp mit 2:1.
Auch eine Woche später mussten sie einem Rückstand hinterherlaufen. Im Auswärtsspiel bei Benfica agierten die Bayern über weite Strecken nervös. Leichte Ballverluste und ein wildes Spiel waren das Resultat. In einer achtminütigen Nachspielzeit erlöste Georgia Stanway die Bayern mit dem 3:2-Siegtreffer spät.
Es folgten die beiden Highlight-Spiele gegen den FC Barcelona. Die deutliche 0:3-Niederlage im Camp Nou offenbarte wenig überraschend, dass den Bayern zu einem Topteam noch viel fehlt. Gleichwohl zeigten sie im Rückspiel eine überragende Leistung und gewannen verdient mit 3:1 gegen das beste Team der Welt.
Mit dem 4:0 beim FC Rosengard in der vergangenen Woche und einem 2:0-Erfolg über Benfica zeigten die Münchnerinnen zum Abschluss, dass sie im Vergleich zu den ersten Spielen gereift sind.
Und das bleibt unter dem Strich vielleicht viel mehr stehen als die blosse Anzahl an Punkten: Der FC Bayern macht seit Saisonbeginn sukzessive Fortschritte in der spielerischen Entwicklung. Sie sind mittlerweile deutlich fähiger, wenn es darum geht, einen individuell unterlegenen Gegner zu kontrollieren. Gleichzeitig sind sie defensiv sehr stabil, was sie vor allem gegen den FC Barcelona unter Beweis gestellt haben.
VfL Wolfsburg: Erfolgreiches Aufwärmprogramm
Von erreichten Saisonzielen kann beim VfL Wolfsburg indes nicht die Rede sein. Für die Wölfinnen geht die Spielzeit erst im kommenden Jahr richtig los. Das ist einerseits eine riesige Respektsbekundung, weil dieses Schicksal vor allem jenen Klubs vorbehalten ist, die eine enorme Qualität haben. Andererseits ist es für den VfL auch eine Situation, mit der schwer umzugehen ist.
Die Meisterschaft wird erwartet, auch im DFB-Pokal sind sie unangefochtene Seriensiegerinnen. Insofern entscheiden wenige Spiele in der Königinnenklasse darüber, wie die Saison letztendlich bewertet wird.
Wie absurd das ist, zeigt das Kalenderjahr 2022. Wolfsburg hat im gesamten Jahr nur ein einziges Spiel verloren. Beim FC Barcelona ging man mit 1:5 unter. Schon im Rückspiel siegte der VfL dann wieder mit 2:0. Darüber hinaus gab es keine weitere Niederlage. Und doch gab es im Sommer eine leichte Unzufriedenheit darüber, wie dieses Duell mit Barça lief. Der Anspruch ist eben riesig.
In der Gruppenphase konnte Wolfsburg sich weitestgehend souverän durchsetzen. Zwei deutliche Siege gegen St. Pölten sowie zwei weitere Siege gegen die Roma und Prag sicherten die Basis fürs Weiterkommen. Gleichzeitig liess man etwas unerwartet Punkte liegen. Während das 1:1 in Rom gegen eine sehr starke italienische Defensive noch vertretbar ist, war das 0:0 daheim gegen Prag zuletzt schon eher ein kleiner Partycrasher.
Wobei Wolfsburg da vor allem über sich selbst stolperte. Für das Team von Tommy Stroot war diese Gruppe ein erfolgreiches Aufwärmprogramm. Mit einer Ewa Pajor in Topform in der Offensive und einer zweikampfstarken Schaltzentrale rund um Lena Oberdorf wollen die Wölfinnen in dieser Saison den grossen Coup schaffen.
Ausblick auf das Viertelfinale: VfL Wolfsburg mit Power, FC Bayern als grosse Überraschung?
Bis zum Viertelfinale wird noch einiges an Zeit vergehen. Der FC Bayern München könnte dann auf den FC Chelsea, den FC Arsenal oder in einem deutsch-deutschen Duell auf den VfL Wolfsburg treffen. Die Wölfinnen könnten wiederum Paris Saint-Germain, Olympique Lyon oder eben die Bayern zugelost bekommen.
In jedem Fall wird es für beide Teams also ein Duell auf höchstem Niveau geben. Die Auslosung findet erst am 20. Januar 2023 in Nyon statt. Dann ist auch klar, wie es für beide in einem potenziellen Halbfinale weitergehen könnte.
Für die Bayern ist das Mindestziel erreicht. Um dauerhaft auf Augenhöhe mit den Topklubs zu sein, müssen sie noch effizienter, zielstrebiger und konstanter sein. Aber in der K.-o.-Phase ist den Bayern alles zuzutrauen und ein erreichtes Mindestziel bedeutet nicht, dass die Münchnerinnen jetzt satt sind.
Wie weit geht es für Wolfsburg und die Bayern?
Gegen Paris Saint-Germain scheiterten die Bayern in der vergangenen Saison denkbar unglücklich und knapp. In dieser Saison haben sie sich fussballerisch deutlich weiterentwickelt und stehen zudem defensiv noch sicherer. Schaffen sie es, in den kommenden Monaten auch offensiv noch konstanter ihre Tore zu erzielen, haben sie das Zeug zum Überraschungsteam dieser Champions-League-Saison.
Die Wolfsburgerinnen haben in der letzten Saison vom FC Barcelona schmerzhaft aufgezeigt bekommen, dass sie nicht mehr zur Weltspitze zählen. Das wollen sie nun ändern. Stroots Fussball zeichnet sich durch eine hohe Intensität auf allen Ebenen aus. Hohes Pressing, schnelles Spiel in die Spitze, ständige Bewegung in der Offensive, um die gegnerische Defensivkette aus ihrer Struktur zu bringen – Wolfsburg arbeitet mit Tempo, Aggressivität und gnadenloser Effizienz auf allen Ebenen.
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In dieser Saison haben sie die grosse Chance, den Titel wieder nach Deutschland zu holen. Der FC Barcelona wirkt trotz einer starken Gruppenphase verwundbar gegen Teams, die defensiv gut stehen und in der Lage sind, mit wenigen Kontakten gefährlich in die Spitze zu spielen. Das liegt Wolfsburg. Wenngleich sie gerade in der Abwehr die teils einfachen Fehler abstellen müssen.
Darüber hinaus scheint Olympique Lyon sportlich nicht mehr das Nonplusultra in Europa zu sein. Sie qualifizierten sich in einer Gruppe mit dem FC Arsenal, Juventus Turin und dem FC Zürich nur knapp für die nächste Runde. Seit 2014 haben sie die Champions League nicht mehr gewonnen. 2023 soll nun Wolfsburgs Jahr werden. Das Jahr, in dem die Trophäe an den Mittellandkanal zurückkehrt.
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