Befindet sich der FC Bayern München derzeit in einem Leistungsloch oder zocken die Münchener nur vor den entscheidenden Wochen der Saison? Das Rückspiel bei Benfica Lissabon wird die wahre Spielstärke der Bayern offenbaren und einen Hinweis darauf geben, was in der Königsklasse in dieser Saison möglich ist.

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Wenn es sich die Verantwortlichen und Spieler beim FC Bayern München aussuchen könnten, würden sie wohl liebend gerne dieses Szenario erneut wählen: Ihren neuen Trainer im Sommer mit dem Triple zu begrüssen.

Heynckes-Fluch verfolgt Guardiola

So war es vor drei Jahren, als Pep Guardiola auf Jupp Heynckes folgte. Und so könnte es nun auch im Juli sein, wenn Carlo Ancelotti in München die Amtsgeschäfte von Guardiola übernimmt.

Für Pep Guardiola war das damals keine schöne Situation und streng genommen verfolgt ihn Heynckes' Rekorderfolg bis zum heutigen Tag.

Nur das erneute Triple sei gut genug, sagte Guardiola damals in seinen Anfangstagen in München - er meinte dies aber nicht als selbst formulierte Erkenntnis, sondern wollte damit die allgemein gültige Erwartungshaltung von Fans und Medien nochmals bündig zusammenfassen.

In diesen Tagen treten Guardiola und seine Mannschaft in die entscheidende Phase der Saison ein. Am vergangenen Wochenende wurde die deutsche Meisterschaft im Prinzip zu Gunsten der Bayern entschieden, nächste Woche geht es gegen Werder Bremen um den Einzug ins DFB-Pokalfinale.

Und dazwischen wartet nun die Partie bei Benfica, in der sich die Bayern zum fünften Mal in Folge für das Champions-League-Halbfinale qualifizieren wollen.

Leistungsabfall beim FC Bayern?

Die Leistungen der Bayern in den letzten Wochen und die zustande gekommenen Resultate haben die Beobachter längst in zwei Lager gespalten: Die einen sehen eine listig kalkulierende Ergebnismaschine, die derzeit auf Sparflamme eben jene Anstrengungen unternimmt, die gerade so die notwendigen Siege garantieren.

Die anderen wollen einen Leistungsabfall erkannt haben, es würden Leichtigkeit und Esprit fehlen, die Selbstverständlichkeit aus den Spielen der Hinrunde wird vermisst.

In der Beweisführung werden dann die üblichen Indizien aufgezählt: Die handfesten, wie die anhaltenden Probleme in der Defensivbewegung vor allen Dingen beim Umschalten nach Ballverlusten, oder das Fehlen der immer noch verletzten Arjen Robben, Jerome Boateng, Holger Badstuber und Medhi Benatia.

Oder eher fadenscheinige Gründe wie die monströs lange Serie von drei Spielen in Folge ohne Tor des kongenialen Duos Thomas Müller und Robert Lewandowski, die Auswärtsschwäche bei K.o.-Spielen in der Champions League unter Guardiola und natürlich der Trainer selbst, der sich seit der Verkündung seines Abschieds immer noch schneller der Kritik ausgesetzt sieht und den Makel der "lame duck" offenbar nicht abstreifen kann.

Bedenkliche Ausfallerscheinungen

Ein wenig Pessimismus darf man den Kritikern wohl auch zugestehen. Immerhin konnten die Bayern in der Rückrunde in den wenigen entscheidenden Spielen nicht immer dauerhaft überzeugen.

Das Remis beim Härtetest um den Meistertitel in Dortmund war überzeugend, die beiden Spiele gegen Juventus im Achtelfinale der Königsklasse aber zeigten bedenkliche Ausfallerscheinungen.

Betrachtet man beide Spiele inklusive der Nachspielzeit als eine Partie, gab es eingebettet in eine extrem dominante Anfangs- und Schlussphase eine sehr lange Etappe, in der die Bayern konfus wirkten und aus einem 2:0-Vorsprung plötzlich ein 2:4 wurde.

Das Aus vor Augen fanden die Bayern aber wieder zurück in die Spur und hatten am Ende auch das notwendige Glück.

Das Hinspiel gegen Benfica war aber ein kleiner Vorgeschmack darauf, was die Bayern auch heute im Stadion Da Luz erwarten wird: Kein blind angreifender Gegner, sondern eine geduldig abwartende Mannschaft, die in erster Linie das eigene Tor sichert, um im Umschaltspiel zu eigenen Chancen zu kommen.

Damit hatte der FCB vor einer Woche erstaunliche Probleme und es stellt sich unter anderem die Frage, wie Guardiola die Erkenntnisse des Hinspiels diesmal von seiner Mannschaft umsetzen lässt.

"Benfica spielt defensiv sehr gut, sie wollen uns vom Tor fernhalten. Wir müssen die Bälle besser zwischen die Verteidiger spielen, die freien Räume suchen. Dort brauchen wir mehr Ballbesitz, um Chancen zu haben und mehr Tore zu schiessen", sagt Lewandowski und dürfte damit voll auf Guardiolas Mantra vom "noch mehr statt weniger Tiki-Taka" liegen.

Das Rückspiel als Test

Der Gegner wird die Bayern auf ihre Wettbewerbshärte testen, so wie es Manchester City mit Paris Saint-Germain und der VfL Wolfsburg mit Real Madrid versucht haben.

ManCity blieb gegen den Geheimfavoriten standhaft, Wolfsburg knickte im Bernabéu ein. Jetzt sind die Bayern an der Reihe zu zeigen, wie gut sie derzeit wirklich drauf sind - ob die Vorstellungen der letzten Wochen kalkuliert waren, um im anstehenden Saisonendspurt mehr Kräfte zu haben als die Konkurrenz.

Oder ob die Münchener derzeit einfach nicht besseren, spritzigeren Fussball spielen können und auch in Lissabon ihr etwas verkrampftes Gesicht zeigen (müssen).

Und natürlich geht es auch mal wieder um Guardiola und dessen Werk in München. Ihn bei einem möglichen frühzeitigen Aus in der Königsklasse für gescheitert zu erklären, "wäre völlig übertrieben", sagt Franz Beckenbauer in der "Bild".

"Er gewinnt in drei Jahren dreimal die deutsche Meisterschaft, dieser Titel ist für mich immer noch das Mass aller Dinge. Wenn du über 34 Spieltage der Beste bist, sagt das mehr aus, als eine K.o.-Runde zu überstehen. Ein schlechter Tag kann alles kaputtmachen."

Damit hat der Kaiser sicherlich Recht. Nur müssen mit dem Faktor Tagesform auch alle anderen Mannschaften leben und klarkommen. Selbst Barcelona ist im Rückspiel bei Atlético nicht davor gefeit, als Titelverteidiger schon im Viertelfinale rauszugehen. Das sieht übrigens auch Carlo Ancelotti so.

"Jetzt ist nichts mehr sicher. Barcas Level ist ein wenig gesunken, und es ist sehr schwierig zu sagen, wer den Wettbewerb gewinnen wird", sagt der 56-Jährige in einem Interview mit "goal.com". Ancelotti könnte offenbar problemlos damit umgehen, wenn er die Bayern als Triple-Sieger übernehmen müsste, oder dürfte.

"Guardiola kennt das Bayern-Team und dessen Entwicklung genau und ist der ideale Coach, um Bayern in das Halbfinale und noch weiter zu führen." Der Nachfolger baut ein wenig Druck für seinen Vorgänger auf, um danach womöglich selbst mit dem grösstmöglichen Anspruchsdenken konfrontiert zu werden. Fussball kann so einfach sein - aber manchmal auch ganz schön kompliziert.

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