Borussia Dortmund steht im Achtelfinale der Champions League. Das ist die gute Nachricht. Sie wird aber fast ein wenig in den Hintergrund gedrängt von vielen kleinen Problemen, die jetzt schon seit Wochen ein unstimmiges Bild formen. Und die selbst Thomas Tuchel einigermassen ratlos zurücklassen.

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Die guten Nachrichten zuerst: Borussia Dortmund steht im Achtelfinale der Champions League. Der BVB hat diesen Schritt souverän und bereits zwei Spieltage vor Ende der Gruppenphase getan. Das ist keine Selbstverständlichkeit bei dieser jungen und neu zusammengestellten Truppe. Real Madrid hat im Parallelspiel bei Legia Warschau einen Zwei-Tore-Vorsprung aus der Hand gegeben und die Borussia deshalb die Tabellenführung in Gruppe F ausgebaut.


Der BVB hat jetzt zwei Punkte Vorsprung auf Real, einen Heimsieg gegen den krassen Aussenseiter Warschau vorausgesetzt, reicht den Dortmundern jetzt ein Remis im "Endspiel" um den Gruppensieg gegen den Titelverteidiger. "Das Ergebnis rahmen wir uns ein und nehmen das Positive aus diesem Spiel mit: Wir sind weiter nach vier Spieltagen. Und über die Taktik legen wir den Mantel des Schweigens." Das sagte Thomas Tuchel, der Trainer und ausgewiesene Taktikfetischist. Alleine daran konnte man schon ablesen, wie es derzeit spielerisch um die Borussia bestellt ist.

"Wahnsinnig schwer und zäh"

Das 1:0 (0:0) gegen Sporting war ein Pflichtsieg. Und so sperrig und verkopft der Begriff daherkommt, so war auch das Dortmunder Spiel über weite Strecken. Borussia Dortmund spielte wie in den letzten Wochen schon in Phasen unsauber, ohne Kreativität, ohne Tempo, mit vielen rätselhaften technischen Fehlern im Passspiel.

"Es hat sich alles wahnsinnig schwer und zäh angefüllt. Wir hatten in sehr wenigen Phasen diese Selbstverständlichkeit. Wir hatten defensiv gar keinen Zugriff, trotz sehr vieler Formationen, die wir gespielt haben. Und offensiv hatten wir keinen Spielfluss", so Tuchel weiter. Die 90 Minuten gegen Sporting waren ein Abriss der bisherigen Dortmunder Saison.

Nach einem starken Beginn verrannte sich die Mannschaft immer mehr, wurde schwerfällig und wankelmütig und driftete so immer weiter ab von dem Idealbild, das die Mannschaft in dieser Saison auch schon gezeichnet hat. "Unsre Passabstände waren zu lang. Und wenn die zu lang sind und das hintereinander, dann hat der Gegner zu viel Zeit zum Verschieben."

Tuchels Umstellungen bringen wenig

Die Gäste aus Lissabon hatten mehr gute Chancen und wurden besonders in der ersten Halbzeit immer wieder gefährlich. Dortmund war schwach in den Umschaltmomenten in der Defensive, weshalb Tuchel zur Pause auf Kosten der wenigstens noch passablen Offensive in der Defensive gehörig umstellte.

Mit vier Spielern im Zentrum wollte Tuchel die Partie wieder unter Kontrolle bekommen. Aber statt einer neuen Kontrolle wurde das Durcheinander nur immer noch grösser. Das stete Kopfschütteln, das Fuchteln und wilde Gestikulieren des Trainers in der zweiten Halbzeit war aber schon ein klares Signal, dessen Bedeutung Tuchel später so zusammenfasste: "Vielleicht war die Idee doch nicht so gut."

Rätsel um Aubameyang-Suspendierung

Tuchel hatte bereits vor der Partie für Aufsehen gesorgt, als er Pierre-Emerick Aubameyang aus dem Kader gestrichen hatte. Aus "internen Gründen", wie alle Beteiligten nicht müde wurden zu betonen. Immerhin gab Tuchel nach dem Spiel zu, dass es "eine schwere Entscheidung" gewesen sei, den bisher besten Torjäger seiner Mannschaft auf die Tribüne zu verbannen. Die Entscheidung sei bereits am Vortag gefallen, "mir blieb keine andere Wahl. Wenn konsequent, dann konsequent konsequent. Es ist kein Warnschuss und keine Massnahme, von der wir uns etwas erhoffen."

Auch sein Vorgesetzter Hans-Joachim Watzke äusserte sich schwammig in der Causa Aubameyang. "Das hat interne Gründe, der Trainer hat es so entschieden. Es ist absolut in Ordnung. Das Positive ist, dass er am Samstag in Hamburg frisch und ausgeruht ist. Er wird im Kader stehen. Es ist doch völlig klar, dass Michael Zorc und ich informiert worden sind. Der Trainer hat es entschieden, und aus meiner Sicht auch nachvollziehbar entschieden."

Diese etwas eigenartige Geschichte einer offensiv kommunizierten, aber defensiv erklärten Entscheidung passt so gut ins derzeitige Bild, das die Borussia abgibt. Es knarzt und ruckelt an allen Ecken und Enden, aber am Ende geht es doch noch irgendwie gut. Und Adrian Ramos, der Aubameyang-Ersatz, köpft den Ball zum einzigen Tor des Abends ins Netz.

Hoffen auf mehr Balance

Jetzt ist der ganz grosse Druck in der Champions League weg, in jenem Wettbewerb, an dem sich die Mannschaft bisher hochgehangelt hat und immer wieder neue Kraft schöpfen konnte. "Wir haben es in die K.o.-Runde geschafft. Und manchmal geben solche Siege wie der gegen Lissabon ja noch mehr Selbstvertrauen und Stabilität", hofft zumindest Youngster Julian Weigl.

Für die Vorrunde haben die Leistungen der Borussia gereicht, der Trend zeigte nach den starken Partien gegen Warschau und Real Madrid aber in den beiden Spielen gegen Sporting doch deutlich nach unten. Es trifft sich ganz gut, dass die richtig wichtigen Spiele in diesem Wettbewerb noch einige Monate auf sich warten lassen.

"Im Moment ist es eine Frage der Balance, um sowohl defensiv als auch offensiv gut spielen zu können", sagt Mathias Ginter. "Wir müssen uns langsam wieder aufbauen, von Sieg zu Sieg." Das Problem ist von allen Beteiligten erkannt, die Umsetzung der entsprechenden Massnahmen zur Verbesserung der misslichen Lage aber funktioniert immer noch nicht. In der derzeitigen Form wäre für Borussia Dortmund im Achtelfinale wohl Schluss.

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