Borussia Dortmund scheidet gegen Tottenham letztlich sang- und klanglos aus der Champions League aus und läuft Gefahr, am Ende einer verheissungsvoll gestarteten Saison mit leeren Händen da zu stehen.

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Borussia Dortmund könnte sich ja jetzt mit Real Madrid zusammentun, geteiltes Leid ist bekanntlich halbes Leid. Und immerhin hat es die Königlichen, den Titelverteidiger, vor eigenem Publikum ja noch ein bisschen schlimmer erwischt als den BVB.

Aber auch der Tabellenführer der Bundesliga hat eine ordentliche Abreibung bekommen und ist in der Addition beider Spiele mit 0 zu 4 Toren am Dritten der Premier League gescheitert. Das ist im Endresultat deutlich und umso erstaunlicher, wenn man sich die Entstehung des Ausscheidens vor Augen führt.

20 zu 5 Torschüsse für den BVB

Der BVB war keine vier Tore schlechter als der Gegner, und manch einer wäre sogar geneigt zu behaupten, Lucien Favres Mannschaft war über drei Viertel des Vergleichs sogar das bessere Team. 20 zu 5 Torschüsse wären ein Beleg für diese These. Nur vor dem Tor, wenn es darauf ankam, versagte Dortmund komplett.

Das ist der ganz grosse Unterschied zur Hinrunde: Das Aufeinandertreffen mit den Spurs hätte der BVB vor einigen Monaten wohl problemlos für sich entschieden. Weil Dortmund eine Eiseskälte im gegnerischen Strafraum bewies und viele enge Spiele doch noch irgendwie für sich entschied.

Momentan vergibt die Mannschaft eine Torchance nach der anderen und fällt gerade in den zweiten Halbzeiten der Spiele teilweise in sich zusammen.

Nun hat der BVB auch Tottenham im Rückspiel zwar eine Halbzeit lang dominiert, aber auch nicht gerade Chancen in Hülle und Fülle herausgespielt. Für zwei, vielleicht drei klare Einschussmöglichkeiten reichte die teilweise drückenden Dominanz der Mannschaft in der ersten Halbzeit, aber so ganz wollte der Funke nicht überspringen - geschweige denn das erlösende erste Tor fallen, welches einen ebenfalls angeschlagenen Gegner richtig in die Bredouille hätte bringen können.

Die Spuren des Pokalaus gegen Werder

"Wir hatten viele Chancen, ein Tor zu machen. Wenn wir ein Tor gemacht hätten, wäre es ein anderes Spiel geworden", sagte auch Axel Witsel nach der Partie in der Mixed Zone. Intensität und Leidenschaft hätten gestimmt, ergänzte Sportdirektor Michael Zorc.

In anderen Worten: Der BVB hat sich redlich bemüht. Aber gegen die "Grossen" kann diese Mannschaft offenbar noch nicht gewinnen. Eine Vermutung, die gestützt wird von der Serie von mittlerweile nur einem einzigen Sieg aus den letzten acht K.-o.-Spielen im Europapokal. Seit der Finalteilnahme vor sechs Jahren ereilte Dortmund immer spätestens im Viertelfinale das Aus.

Im Nachhinein kristallisiert sich das Ausscheiden im DFB-Pokal gegen Werder als Wendepunkt heraus. Seitdem hat Dortmund nur eins von sechs Pflichtspielen gewonnen, ist nach dem Pokal nun auch in der Königsklasse raus und hat seinen einstmals komfortablen Vorsprung in der Liga verspielt.

Alcácer als Sinnbild

Dortmund hat weiterhin Probleme mit Mannschaften, die sich nicht auf einen Schlagabtausch einlassen, sondern massiv und tief verteidigen. "Viel Ballbesitz, kaum noch Ertrag" lautet die Gleichung derzeit, und in ihrem Kern erinnert diese Erkenntnis an die der deutschen Nationalmannschaft nach dem Aus bei der Weltmeisterschaft im letzten Jahr.

Stellvertretend für die Misere steht Paco Alcácer. Der Spanier war im Herbst so etwas wie die personifizierte Torgarantie, traf aus allen möglichen und unmöglichen Lagen. Momentan trifft Alcácer kaum noch.

Auch in der Defensive benötigt der BVB wieder mehr Aufmerksamkeit und Stabilität. Nicht nur Achraf Hakimi, der gegen die Spurs erneut nicht eingesetzt wurde und stattdessen den gelernten Angreifer Marius Wolf auf seiner Rechtsverteidigerposition vor die Nase gesetzt bekam, wirkt ein wenig überspielt.

Derzeit ist es zudem so, dass mindestens ein Spieler gravierend patzt und der Gegner diese Unzulänglichkeiten stets bestraft. Gegen die Spurs waren es Manuel Akanji und Jadon Sancho im Verbund. Dem einen missglückte das Abspiel, der andere rückte nicht rechtzeitig auf den zweiten Ball raus.

BVB braucht die Kehrtwende

Nach der nächsten Enttäuschung geht es jetzt darum, diese einst verheissungsvolle Saison zu einem guten - oder sehr guten - Ende zu führen.

Die Meisterschaft wäre "eine Riesen-Sensation", hatte Zorc vor dem Spiel gegen die Spurs betont - was auf der einen Seite stimmen mag, angesichts der jahrelangen Dominanz der Bayern in der Liga. Andererseits hatte der BVB, der immer die Qualifikation für die Champions League als Saisonziel ausgegeben hatte, auch schon neun Punkte Vorsprung.

Die Partie am Wochenende gegen den VfB Stuttgart wird von zentraler Bedeutung werden: Noch blieben die Fans am Dienstagabend ruhig, so langsam muss die Mannschaft aber die Kehrtwende schaffen.

Der Abschied aus der Königsklasse hielt deshalb trotz aller Ernüchterung auch noch ein paar aufmunternde Momente parat. Mannschaft und Fans schworen sich gewissermassen auf den Endspurt in der Bundesliga ein, auf den sich Dortmund nun voll und ganz konzentrieren kann.

"Das gibt uns einen Push in der Meisterschaft", sagte Zorc am Sky-Mikrofon. Ein kleiner Vorteil vielleicht gegenüber den Bayern. Und immerhin ein Lichtblick.

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