• Ersatztorwart Sven Ulreich muss auch im Champions-League-Spiel gegen Red Bull Salzburg den verletzten Manuel Neuer ersetzen.
  • Der letzte Einsatz von Ulreich in der Champions League liegt fast vier Jahre zurück und war ein Desaster.
  • In der Bundesliga verlor Ulreich die letzten beiden Spiele mit dem FC Bayern und kassierte sechs Gegentreffer.

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1.387 Tage werden seit seinem letzten Einsatz in der Champions League vergangen sein, wenn Sven Ulreich beim Spiel gegen den FC Red Bull Salzburg (21 Uhr /DAZN) das Tor hütet. Die grosse Frage lautet: War das genug Zeit, um sein Trauma zu bewältigen?

Es war der 1. Mai 2018, als Ulreich mit dem FC Bayern zum Champions-League-Halbfinal-Rückspiel bei Real Madrid antrat. Manuel Neuer fehlte, weil er seine Mittelfuss-Verletzung auskurieren musste.

In diesem Spiel unterlief Ulreich der grösstmögliche Patzer: Beim Stand von 1:1 bekam er einen harmlosen Rückpass von Corentin Tolisso nicht zu fassen, sodass Real-Stürmer Karim Benzema den Ball problemlos ins Tor schieben konnte. "Von 100 Situationen passiert so was vielleicht ein Mal", bedauerte Ulreich später in einem Interview mit der "Sport Bild". Das Spiel endete 2:2 - der Traum vom Finaleinzug platzte, denn Real hatte das Hinspiel in München mit 2:1 gewonnen.

Eigentlich befand sich Ulreich damals in einer glänzenden Form und galt sogar als ein möglicher Kandidat für die Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft 2018 in Russland. Möglicherweise hatte auch der Fehler gegen Madrid dafür gesorgt, dass der damalige Bundestrainer Joachim Löw stattdessen Kevin Trapp als dritten Torwart mit zur WM nahm.

Nagelsmann vermisst Manuel Neuer

Am Mittwoch steht Ulreich erneut im Tor, weil Neuer am Knie operiert wurde und noch einige Wochen ausfallen dürfte. Die Voraussetzungen könnten besser sein: Ulreich hütete in diesem Jahr in zwei Bundesligaspielen das Tor. Sowohl die Partie gegen Borussia Mönchengladbach als auch das Spiel gegen den VfL Bochum endete mit Niederlagen. Er kassierte insgesamt sechs Gegentreffer.

Das 2:4 am vergangenen Samstag gegen Bochum war allerdings nicht die Schuld des Torhüters, sondern eher die seiner Vorderleute. "Dem Ulle kann man keinen Vorwurf machen", stellt Thomas Müller klar. Auch Trainer Julian Nagelsmann sagt: "Sven hat es gegen Bochum gut gemacht. An Sven lag es sicherlich nicht, dass wir in Bochum so gespielt haben." Gleichwohl vermisst er seine eigentliche Nummer 1 zwischen den Pfosten: "Manu fehlt natürlich. Er ist nach wie vor der beste Torwart der Welt."

Mit dem HSV verpasste Ulreich den Aufstieg

Ulreich wechselte im Sommer 2015 vom VfB Stuttgart nach München und ist seitdem fast durchgängig der Back-up von Manuel Neuer. Lediglich die vergangene Saison verbrachte er beim Hamburger SV in der 2. Liga. Mit seiner Erfahrung sollte er seinen Teil zum Bundesliga-Aufstieg beitragen.

Ohne Erfolg: Der HSV beendete die Saison auf Platz 4. Ulreich war zwar von seiner Verpflichtung an der Stammtorwart, bot allerdings nur durchschnittliche Leistungen. Besonders auffällig waren seine fussballerischen Defizite.

Im November unterlief ihm im Spiel gegen den 1. FC Heidenheim bei der Ballannahme ein kurioser Patzer, der in der 90. Minute zum Gegentreffer führte. Durch die Niederlage verlor der HSV damals die Tabellenführung. "Fast wie damals in Madrid", titelte daraufhin die "Süddeutsche Zeitung".

Eigentlich galt der Vertrag von Ulreich beim HSV noch bis zum Jahr 2023. Verein und Spieler einigten sich allerdings auf eine Vertragsauflösung. Ein möglicher Grund dafür war, dass der neue HSV-Trainer Tim Walter grossen Wert auf einen mitspielenden Torwart legt. Ulreich passte nicht in sein Profil.

"Wenn man in der 2. Liga war, kommen die Angebote dann nicht im Übermass", sagte Ulreich später in einem Interview mit "transfermarkt.de". "Ich hatte zwei, drei Anfragen von Vereinen, bei denen ich hätte mehr spielen können. Aber als die Anfrage von Bayern kam, musste ich nicht lange überlegen, weil ich eine gute Zeit dort hatte. Die Aufgabe als Nr. 2 habe ich immer sehr gerne und mit Leidenschaft erfüllt."

Bei Ulreich lieber "einen Rückpass weniger"

Ulreich ist ein guter Torwart, der auf der Linie mit starken Reflexen glänzen kann. Gleichwohl werden ihn die fussballerischen Schwächen, die immer wieder zu Patzern geführt haben, vermutlich bis ans Karriereende begleiten.

Hier unterscheidet er sich stark von Neuer, der fussballerisch nahezu immer eine Lösung findet. "Manu kann man in jeder Drucksituation anspielen, er ist auf dem fussballerischen Niveau wie ein Feldspieler", erklärt Nagelsmann. Ulreich hingegen könnte in solchen Situationen Probleme bekommen – und schlimmstenfalls ein Gegentor einleiten.

"Es ändert sich vielleicht in gewissen Drucksituationen, dass man mal einen Rückpass weniger spielt", erklärt Nagelsmann. "Bei Bayern haben wir trotzdem den Anspruch, den hat auch Ulle, dass er sich beteiligt im Aufbauspiel und ein Exit-Spieler ist, der auch mal Bälle verlagern kann. Ich traue es Ulle und auch den Abwehrspielern zu, dass sie die Situationen richtig einschätzen."

Im Zweifelsfall legt er allerdings seiner Nummer 2 die sichere Lösung nahe: "Wenn er sich entscheidet, mal einen Ball lang zu spielen, ist das auch kein Problem."

Das Wichtigste dürfte sein, in den Champions-League-Spielen keinen Patzer zu fabrizieren. Das Trauma von Madrid soll sich aus Sicht der Bayern keinesfalls wiederholen.

Verwendete Quellen:

  • Pressekonferenz des FC Bayern München mit Thomas Müller und Julian Nagelsmann
  • Sportbildbild.de: Ulreich erklärt: So kam es zu meinem Patzer gegen Real
  • Transfermarkt.de: Ulreich: Bei Bayern „musste ich nicht lange überlegen“ – Beim HSV „vieles so nicht erwartet“
  • Sueddeutsche.de: Fast wie damals in Madrid
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