Das Reservistendasein von Arjen Robben und Franck Ribéry gegen Besiktas war ein Fingerzeig für die nächsten Wochen: Jupp Heynckes wird auf grosse Namen keine Rücksicht nehmen können. Für den FC Bayern könnte das in der entscheidenden Saisonphase zum Problem werden - oder aber zu einem spektakulären Vorteil.

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Von einer gewissen Altersmilde ist Arjen Robben noch ein ganzes Stück entfernt. Der Niederländer ist seit kurzem 34 Jahre alt, ein stolzes Alter für einen Fussballer.

Robben hat fast sein halbes Leben als Profi gelebt, er hat bei den grössten Klubs der Welt gespielt und mit diesen Klubs alles erreicht.

Nach fast 700 Pflichtspielen und in der Endphase einer grandiosen Karriere könnte man vielleicht etwas vom Gas gehen - für Arjen Robben ist das aber keine Option.

Der FC Bayern München hat sich in einem K.o.-Spiel der Champions League den Luxus erlaubt und einen fitten Robben sowie einen fitten Franck Ribéry auf die Bank verfrachtet.

Vor wenigen Monaten wäre dies einer Gotteslästerung gleichgekommen, die Bayern im Winter 2018 dokumentieren ihren schleichenden Umbruch aber auch auf diese Art.

Natürlich war Robbens und Ribérys Reservistendasein ein beinahe so grosses Thema wie das fulminante 5:0 der Bayern gegen Besiktas. Da trifft es sich ganz gut, dass die Münchener derzeit noch den besten Moderator für heikle Manöver wie diese an der Seitenlinie stehen haben.

"Das haben die Spieler zu akzeptieren

Jupp Heynckes hat tatsächlich schon mehr gesehen und mehr erlebt und sogar noch mehr gewonnen als Robben und Ribéry zusammen.

Er ist der Triple-Jupp und damit bei den Bayern unantastbar. Bei so ziemlich jedem anderen Trainer der Welt hätte eine explosive Situation wie die am Dienstagabend kippen können.

Heynckes aber moderierte den Verzicht auf seine beiden Stars, als würde er über ein verlegtes Testspiel referieren.

"Jeder Topspieler will immer von Anfang an spielen. Arjen ist ein Top-Profi. Und dass er beginnen will, ist klar. Aber ich muss das managen und bin für alle Spieler zuständig. Das haben die Spieler dann auch zu akzeptieren und Punkt. Ich habe nun mal sehr viele gute Spieler", sagte Heynckes also.

Die Mischung aus väterlichem Verständnis und einer unmissverständlichen Ansage soll Wirkung zeigen, wenn die Bayern demnächst in die heisse Phase der Saison biegen.

Robben selbst war angefressen wie ein Jungspund, von einer reifen Gelassenheit oder Verständnis für Heynckes' Situation war jedenfalls nichts zu spüren.

"Dazu sage ich nichts mehr. Jedes Wort wäre eins zu viel. Wenn ich meine Emotionen ausspreche, wäre ich morgen bei 'Brazzo' oder Herrn Rummenigge. Ich weiss nicht, was es dann gibt, daher ist es besser, nichts zu sagen", sagte Robben dann doch.

"Ich bin Profi, bin jetzt 34 Jahre alt. Das sind die Spiele, für die man lebt. Das sind die Sahnehäubchen. Und wenn du dann nicht spielst, ist das eine schmerzhafte Geschichte."

Heynckes kündigt harte Entscheidungen an

Das ist auf der einen Seite für die Bayern eine schöne Erkenntnis zu wissen, dass selbst einer, der schon alles gewonnen hat und niemandem mehr etwas beweisen müsste, noch lichterloh für seinen eigenen und den Erfolg der Mannschaft brennt.

Das unterscheidet echte Champions von solchen, die es noch werden wollen. Andererseits wird Robben, wird Ribéry, werden vielleicht Thiago, Corentin Tolisso oder Arturo Vidal lernen müssen, mit der einen oder anderen Auszeit umzugehen.

"Es wird auch in den nächsten Wochen geschehen, dass der ein oder andere zuschauen muss. Natürlich ist der ein oder andere dann unzufrieden. Ich war selber Spieler und hätte auch so reagiert", kündigte Heynckes schon mal weitere harte Personalentscheidungen an.

Der Fluch der guten Tat sucht die Bayern dann heim. In den letzten Jahren war es ja stets so, dass die zweite Garde in den entscheidenden Wochen auch die zweite Garde blieb.

Wenn Robben und Ribéry fit waren, dann haben sie in den grossen Spielen auch gespielt.

Die nachfolgende Generation - Kingsley Coman, demnächst vielleicht Serge Gnabry - hatte auf der Bank Platz zu nehmen, weil die Reviere klar abgesteckt waren.

Und wenn dann von den Grosskopferten doch mal einer draussen bleiben musste, wie Thomas Müller einst im Halbfinal-Hinspiel bei Atlético, dann war das wochenlang ein Thema und beschädigte - im Nachhinein betrachtet - sogar den damaligen Trainer Pep Guardiola.

Jetzt offenbart sich eine etwas andere Gemengelage und die hat es durchaus in sich. Die grossen Egos müssen sich hinten anstellen und es bleibt abzuwarten, ob sie sich mit 90 Minuten Spielzeit in einem nahezu bedeutungslosen Bundesligaspiel abspeisen lassen.

Der monströse Vorsprung der Bayern in der Bundesliga und die Aussicht auf die Meisterschaft schon im März lassen die Gier auf Bundesligafussball beim einen oder anderen unter Umständen schnell erlöschen.

Fluch oder Segen?

Für die Bayern stehen noch maximal zwei DFB-Pokalspiele an und wohl ein paar Spiele in der Champions League.

Das sind die grossen Momente dieser Rückrunde, zumal es für Robben und Ribéry, die beide aus ihren Nationalmannschaften zurückgetreten sind und keine Weltmeisterschaft mehr spielen müssen, auch die letzten Highlights der Saison werden.

Es wird eine grosse Aufgabe für Heynckes und Sportdirektor Hasan Salihamidzic, die grossen Egos einigermassen im Zaum zu halten, sollte es gerade für Robben und Ribéry nicht die letzte Partie als Ergänzungsspieler gewesen sein.

Das Gefühl, draussen zu sitzen, während die Kollegen es auf dem Platz richten sollen, kennen die beiden in ihrer Zeit bei den Bayern kaum. Zumindest nicht bei wichtigen Spielen.

Das könnte bis zum Ende der Saison durchaus zu einem Problem werden - oder aber zu einer Waffe, die sonst kein anderer Kontrahent besitzt.

Schafft es Heynckes, seinen Kader bis zum Ende bei Laune zu halten und auch verdienten Ikonen des Klubs ihre Aufgabe innerhalb der Mannschaft geschickt zu vermitteln, dann verfügt der FC Bayern mit Einwechselspielern wie Robben, Ribéry oder Thiago über die vermutlich beste Bank der Königsklasse und ein paar sogenannte Unterschiedspieler, die sonst kein anderer hat.

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