Nach dem Aus in der Champions League gegen Real Madrid muss der FC Bayern nach vorn schauen - und zwingend reagieren. Fünf Lehren für die Zukunft.

Steffen Meyer
Eine Kolumne
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Madrid, Barcelona, Madrid, Madrid, Madrid: Zum fünften Mal in Folge sind die Champions-League-Träume des FC Bayern an einem spanischen Team gescheitert.

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Das 2:2 im Bernabeu ist auch zwei Tage danach nur schwer zu fassen. Das enorme Chancenplus. Der absurde Patzer von Sven Ulreich. Es fehlte gewiss nicht viel zum Einzug ins Finale.

Und doch muss der FC Bayern aus diesen beiden Partien und den Erfahrungen der letzten Jahre dringend die nötigen Konsequenzen ziehen. Fünf Lehren aus dem fünften Champions-League-Aus in Folge:

1. Der Kader kann nicht breit genug sein

Noch vor zwei Wochen wurde immer wieder betont, wie viel fitter der Kader der Münchner sei als in den Vorjahren. Schliesslich fiel in der Vergangenheit immer wieder eine Vielzahl von Schlüsselspielern aus, als es in der Champions League um alles ging.

Vielleicht wurde dies einmal zu oft betont, denn beim Rückspiel fehlten mit Neuer, Vidal, Boateng, Coman, Robben und dem angeschlagenen Martínez dann doch wieder eine Reihe von wichtigen Spielern im wichtigsten Spiel des Jahres.

Gerade offensiv hatte Heynckes im Rückspiel kaum eine Chance nachzulegen, wie er auch selbst nach dem Spiel kritisch anmerkte. Während Madrid im Hinspiel Matchwinner Asensio und im Rückspiel ein Kaliber wie Gareth Bale bringen konnte, erschöpften sich die offensiven Optionen der Münchner in Person von Sandro Wagner.

Als Ribéry um die 70. Minute die Luft ausging, konnte Heynckes nicht mehr reagieren. Der Kader kann für die grossen Aufgaben, die der FC Bayern jedes Jahr vor sich hat, nicht breit genug sein.

Die im Saisonverlauf möglicherweise auftretenden Konflikte um Einsatzzeiten können besser bewerkstelligt werden als fehlende Optionen in einem Champions League-Halbfinale.

Neben Serge Gnabry sollte deshalb im Sommer noch ein Offensivmann hinzugeholt werden. Zumal die WM in Russland wieder einmal eine besondere Belastung für viele Spieler darstellt.

2. Gegenpressing ist der beste Spielmacher

Gerade im Rückspiel wurde deutlich, wie wichtig es auf diesem Niveau ist, Bälle am gegnerischen Strafraum zu gewinnen.

Immer wenn den Münchnern der frühe Ballgewinn (sechsmal tief in der gegnerischen Hälfte) gelang, brannte es lichterloh im Strafraum der Madrilenen. Ein effektives Gegenpressing kann auf diesem Niveau den Unterschied machen.

Dazu gehört auch das passende Personal - eine der wichtigsten Aufgaben für Niko Kovac in der neuen Saison.

3. Lewandowski muss glänzen können

Am polnischen Weltstar scheiden sich nach den Partien gegen Madrid die Geister. Kein Mann für die grossen Spiele? Oder einfach nicht gut genug eingebunden? Ich tendiere zu letzterem.

Lewandowski ist auf seiner Position Weltklasse. Aber er ist niemand, der ein Spiel an sich reisst oder mit einem Dribbling aus dem Nichts etwas kreiert.

Lewandowski kann glänzen, wenn seine Stärken unterstützt werden: seine Fähigkeit scharfe Vertikalpässe unter Druck zu verarbeiten. Seine Fähigkeiten auszuweichen und vom Flügel das Spiel mit klugen Pässen zu gestalten. Sein Abschluss. Sein Spiel mit dem Rücken zum Tor.

Im Hinspiel hatte sich Heynckes durchaus etwas Besonderes überlegt, um mit Robben, Müller und Lewandowski ein ständiges Wechselspiel aufzuziehen. Durch die frühe Verletzung war das passé.

Wer Lewandowski glänzen sehen will, muss ihn so einbinden, dass er glänzen kann.

4. Wer weniger Fehler macht, kommt weiter

Zur (berechtigten) Diskussion über Strafstoss-Situationen und vergebene Chancen: Der FC Bayern ist ausgeschieden, weil er defensiv zu viele Fehler gemacht hat. Rafinhas Fehlpass im Hinspiel. Ulreichs Bock im Rückspiel. Mindestens zwei Fehler zu viel.

Es gibt kein Patentrezept, individuelle Aussetzer abzustellen. Und doch müssen die Bayern einen Weg finden, über 180 Minuten so fokussiert und konzentriert zu agieren, wie es ihnen in der Triple-Saison konstant gelang.

5. Alaba kann es noch

In der Vorsaison waren erstmals in einer zuvor goldenen Karriere Zweifel an Bayerns Linksverteidiger David Alaba aufgekommen. Mit einer verpatzten EM 2016 im Rücken wurde aus dem spektakulären Antreiber im Jahr 2017 immer häufiger eher ein Mitläufer.

Im Rückspiel gegen Real zeigte Alaba, dass er - wenn er voll austrainiert ist - nach wie vor auf höchstem Niveau zu absoluten Weltklasse-Leistungen fähig ist.

Immer wieder überrannte er mit Ribéry die schwache rechte Seite Reals. Er trieb das Spiel an, gewann beinahe jedes Laufduell und zeigte sich auch zweikampfstark wie in seinen besten Phasen. Mit Alaba ist weiter auf höchstem Niveau zu rechnen.

Er stellte den hochgelobten Marcelo auf der Gegenseite deutlich in den Schatten. Der FC Bayern sollte alles dran setzen, den Österreicher in München zu halten.

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