Ein Foulspiel, ein Elfmeter, eine Rote Karte - und schon verkam des Achtelfinalrückspiel der Champions League zwischen dem FC Bayern München und Schachtjor Donezk zu einem Selbstläufer für den deutschen Rekordmeister. Die Debatte um die so genannte Dreifachbestrafung nimmt einmal mehr Fahrt auf. Klar ist nur: Entscheidend ändern wird sich nichts. Zumindest nicht in naher Zukunft.
153 Sekunden lang durften sich die Fans von Schachtjor Donezk und jeder neutrale Zuschauer am Mittwochabend auf jenes ausgeglichene, spannende Spiel freuen, das das 0:0 des FC Bayern im Hinspiel gegen den ukrainischen Meister versprochen hatte.
Dann nestelte Schiedsrichter William Collum aus Schottland an der Hosentasche und schickte Donezk-Verteidiger Alexander Kutscher vom Feld. Dessen Foul an
Karl-Heinz Rummenigge fordert erneut Ende der Dreifachbestrafung
Ganz nebenbei entschied diese eine Aktion die Partie und den gesamten Vergleich beider Mannschaften im Champions-League-Achtelfinale, dabei waren da noch mindestens 87 Minuten zu spielen. "Ab diesem Moment konnten wir nicht mehr umsetzen, was wir vorbereitet hatten", schimpfte Schachtjors Trainer Mircea Lucescu und man konnte fast Mitleid haben mit den Ukrainern, weil ihnen das etwas krude Regelwerk des Fussballs so schroff alle Pläne durchkreuzte.
Die Diskussionen um die so genannte Dreifachbestrafung, also dem Dreiklang aus Elfmeter, Platzverweis und nachfolgender Spielsperre für den Sünder, hat einmal mehr neue Nahrung erhalten. Bereits zur Halbzeit zürnte Franz Beckenbauer, ein entschiedener Gegner des Regelwerks, über "diese Drecks-Dreifachbestrafung".
Unterstützung bekam er nach dem 7:0 der Bayern, das fortan wie ein besseres Trainingsspielchen vor 70.000 Fans daherkam, von
Gibt es wirklich eine Dreifachbestrafung?
Nun muss man wissen, dass der Begriff der Dreifachbestrafung tatsächlich gar nicht zutrifft: Er ist eine Mär. Der Elfmeter als solcher ist handwerklich keine Strafe oder Sanktion. Er ist schlicht die allgemein vereinbarte Art der Spielfortsetzung, in diesem Fall ein direkter Freistoss innerhalb des Strafraums. Nichts anderes wird gemeinhin als "Strafstoss" bezeichnet.
Bleiben noch der ausgesprochene Platzverweis und eine mögliche Sperre. Diskutabel ist die Regelung, dass bei Vereitelung einer klaren Torchance unmissverständlich auf Platzverweis zu entscheiden ist. Hier liegt der Kern, das ist der Ansatzpunkt aller Kritiker. Warum aber mit einer Notbremse in Tornähe anders umgehen als mit einer kurz hinter der Mittellinie?
Über das Strafmass der fälligen Sperre entscheidet nicht der Schiedsrichter, sondern das DFB-Schiedsgericht, und zwar für jeden Einzelfall unterschiedlich. Erst dann wird die Qualität der verbotenen Handlung auch in eine entsprechende Sanktion umgewandelt - vom harmlosen Trikotzupfer bis hin zur brutalen Grätsche in die Beine, weshalb das Strafmass mitunter auch stark variiert.
Das Problem ist die Rote Karte
Vor ein paar Tagen hätten die älteren Herrschaften des International Football Association Boards (IFAB) für eine Wende bei der Anwendung von Regel 12 sorgen können. Die acht Herren weit jenseits der 70 hatten auf ihrer 129. Jahrestagung in Belfast über den Rote-Karten-Zwang abgestimmt - und eine Änderung abgelehnt. Über die automatische Spielsperre sei zu diskutieren. Zu mehr Zugeständnissen wollte sich der Achter-Rat nicht durchringen.
Insofern sind den mächtigen Verbänden Fifa und Uefa auch die Hände gebunden. "Wir sind extrem enttäuscht, dass unser Vorschlag abgelehnt wurde. Das Problem mit der gültigen Regel ist die verpflichtende Rote Karte, die oft zu hart ist und das Spiel völlig zerstört", sagt Uefa-Generalsekretär Gianni Infantino.
Immerhin will die Fifa bei der Sitzung ihres Exekutivkomitees am 20. März einen "Vorschlag für mögliche Änderungen" vorlegen und diesen im Erfolgsfall beim Fifa-Kongress Ende Mai für die Spielzeit 2015/16 verabschieden. Aber das ist derzeit nicht mehr als ein Plan. Zumal aus Fifa-Kreisen durchgesickert ist, dass sich der Weltverband in der Hauptsache um den Baustein "Spielsperre" kümmern wolle.
Den Platzverweis für den armen Alexander Kutscher könnte also auch diese "Reform light" nicht verhindern. Im Prinzip ist jeder dagegen, der sich im Tagesgeschäft der Profis und Amateure mit dem Spiel beschäftigt. So lange acht ältere Herren aus Grossbritannien aber ihre Regeln hüten wie den heiligen Gral, muss sich auch eine Multi-Milliarden-Euro-Maschine wie der Fussball danach richten.
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