Der FC Barcelona hat das Spitzenspiel in der Champions League bei Borussia Dortmund 3:2 gewonnen. Ein wichtiger Sieg für Barca, weil es zuletzt ein paar bedenkliche Schwankungen gab. Auf forsche Fragen reagierte Trainer Hansi Flick im Anschluss aber auf seine eigene Art.
Hansi Flick liess sich nicht aus der Reserve locken. Keine Chance. Die spanischen Journalisten bissen sich auf der Pressekonferenz nach dem 3:2 bei Borussia Dortmund an dem deutschen Trainer die Zähne aus. Wovon können die Barca-Fans träumen? Was kann dieses Barca-Team erreichen? Ist der Triumph in der Champions League möglich? Flick lächelte die Fragen weg und blieb seinem Stil treu. Er antwortete freundlich, aber eben auch oberflächlich. Unverbindlich. Und gab dann die Horror-Antwort schlechthin für einen Journalisten.
Man habe gesagt, man denke "von Spiel zu Spiel", sagte
Ein weiter Weg für den FC Barcelona
Selbst die Tatsache, dass Barca durch den fünften Sieg im sechsten Spiel der Ligaphase nun mit 15 Punkten auf Platz zwei liegt und die direkte Qualifikation für das Achtelfinale greifbar ist, ist für Flick kein Grund, in verfrühte Euphorie zu verfallen. Bis zu einem Titel in der Königsklasse sei es "ein weiter Weg", erklärte er. "Unser Ziel ist es, unter die ersten Acht zu kommen. Wenn wir das schaffen, haben wir viel geleistet. Aber dann ist der Weg noch lange nicht zu Ende", betonte Flick. Und schob zur Sicherheit nochmal sein "von Spiel zu Spiel"-Mantra hinterher.
So sehr diese defensive Grundhaltung Journalisten und vielleicht auch Fans nerven mag, so nachvollziehbar ist sie. Denn nach dem furiosen Herbst, als seine Mannschaft ihm einen Traumstart bei seinem neuen Arbeitgeber bescherte, mit tollem Fussball, vielen Toren und Siegen unter anderem gegen den FC Bayern (4:1) oder Real Madrid (4:0), ist es zuletzt etwas holpriger geworden. In der Liebe würde man wohl sagen, dass der Alltag eingekehrt ist.
In der Liga wackelte Barca zuletzt
In der Liga gelang in den vergangenen fünf Spielen nur noch ein Sieg. Von einem "Shit November" sprach Flick, wobei der Dezember nicht viel Besserung brachte. Was dazu führte, dass Rivale Real bei nur noch zwei Punkten Rückstand und einem Spiel weniger in der heimischen Liga vorbeiziehen könnte. Leise Zweifel schlichen sich ein, ob und wie die Mannschaft mit Rückschlägen umgehen kann.
Denn es fehlte einiges von der vorherigen Souveränität, von der Wucht auf dem Platz, von dem spielerischen und taktischen Glanz, auch weil sich die Gegner auf Elemente des Barca-Spiels eingestellt hatten. Der Gesamteindruck sorgte für Kopfzerbrechen. Doch für Flick ist es ein Vorteil, wenn man sich in Erfolgszeiten nicht aus der Reserve locken lässt: Ihm fällt in etwas schwierigen Phasen keine Aussage auf die Füsse.
Mannschaft setzt die Statements
Stattdessen setzte seine Mannschaft in Dortmund die Statements. Barca präsentierte sich spielstark, hatte in der ersten Halbzeit viele gute Gelegenheiten und Feldvorteile, erarbeitete sich eine deutliche Dominanz, mit der man den BVB förmlich in die eigene Hälfte presste.
"Die erste Halbzeit war eine der besten von uns", sagte Flick. Allerdings machten die Katalanen viel zu wenig aus ihrer Überlegenheit. In der zweiten Hälfte wurde das Spiel dann zu einem wilden Schlagabtausch, den Barcelona dank zweier Treffer des Flick-Jokers Ferran Torres für sich entschied. Die Gäste lauerten auf ihre Möglichkeiten und schlugen in den richtigen Momenten eiskalt zu. Und das im Stile einer Spitzenmannschaft.
Flick betont das enorme Potenzial
So verhinderte man bei den vor allem in der Champions League extrem heimstarken Dortmundern, dass aus den leisen Zweiflern lautstarke Kritiker werden, die eine Krise ausrufen. Auf die berechtigte Frage, warum seine Mannschaft in grossen Spielen abliefere, aber gegen vermeintlich kleinere Gegner mitunter patze, verwies Flick auf seine "sehr junge Mannschaft". Und auf die "sehr, sehr vielen Spiele. Jede Mannschaft hat irgendwann auch Rückschläge zu verkraften in der Saison. Und das haben wir auch".
Er glaube aber, dass sein Team auf dem richtigen Weg sei, denn es habe enormes Potenzial. "Die Mannschaft hat Vertrauen in ihre Qualität, Vertrauen in das, was wir spielen wollen, in unsere Idee. Wir arbeiten daran, dass wir immer besser werden." Der Sieg sollte dafür weiteren Auftrieb geben. "Wir haben uns jetzt mit Selbstvertrauen vollgesaugt", kündigte Lamine Yamal an, einer der vielen Jungstars im Kader.
Was in dem Zusammenhang in Dortmund auch zu sehen war: Dass Barca in dieser Saison vom Zusammenhalt lebt. Die Tore wurden kollektiv und ausgelassen bejubelt, im Spiel steckt eine Menge Emotionalität. Von "Familie" sprach Flick am Mittwochabend, da viele Spieler im Kader aus der Barca-Nachwuchsakademie "La Masia" stammen. "Die Mentalität, das Miteinander, das Spielen füreinander, das umeinander kümmern, das ist fantastisch", sagte Flick. Und wenn Barca sich auf dem Platz als Team präsentiere, dann könne die Mannschaft ihre Stärken offensiv und defensiv noch deutlicher ausspielen, betonte er.
Konstanz ist das Zauberwort
Allerdings gehört es zur DNA einer jungen Mannschaft, dass sie Schwankungen unterliegt. Das Zauberwort für die kommenden Wochen lautet daher Konstanz: Dass die Katalanen also am Sonntag gegen Leganes mit der gleichen Konzentration und Intensität, wie gegen den BVB spielen. Damit es etwas wird mit den Titeln in dieser Saison, denn davon träumen sie in Barcelona. Flick weiss das. Aus der Reserve locken lässt er sich deshalb aber nicht.
Verwendete Quellen
- Pressekonferenz im Signal-Iduna-Park
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